Young Carer

Kleine Schultern, große Last

Krankenhausbesuche gehören für Lana und ihren Vater zum Alltag.
10. Dez. 2019

Stell dir vor, dein Vater ist schwer krank und auf Hilfe angewiesen. Deine Mutter arbeitet ganztags. Seit du acht bist, übernimmst du Verantwortung im Haushalt und in der Pflege – freiwillig, aber nicht sorgenfrei. So geht es der 15-jährigen Lana Rebhan. Als eine von 480.000 Young Carern in Deutschland kümmert sie sich um einen kranken Angehörigen: Ihr Vater Jürgen leidet an Zystennieren.

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Warum sind junge Menschen wie Lana Rebhan für die Pflege eines Familienmitglieds verantwortlich? Die meisten Kinder leisten diese Hilfe einer Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) nach freiwillig und von alleine. Auch Lana geht es so, gleichzeitig fühlt sie sich aber von der Politik und der Gesellschaft im Stich gelassen. Zwar gibt es Familienpfleger, die sich um alles Nötige kümmern, wenn ein Elternteil für längere Zeit durch Krankheit ausfällt. Diese Hilfe finanzieren Krankenkassen jedoch nur bis zum zwölften Lebensjahr. Die Haushaltshilfe, die zwei Mal im Monat zu den Rebhans kommt, ist lediglich für Jürgen, aber nicht für seine Tochter verantwortlich. Wegen geringer finanzieller Unterstützung arbeitet Lanas Mutter Vollzeit – zu teuer sind die vielen Fahrten in Krankenhäuser und andere Lebenshaltungskosten.

Bisher fehle die Aufmerksamkeit für die geschätzt 480.000 Young Carer in Deutschland, bemängelt Lana. Hilfe und Verständnis suchte sie vergebens und auch ihre schulischen Leistungen verschlechterten sich wegen der Sorge um ihren Vater. Deshalb musste sie das Gymnasium verlassen und besucht heute ein Mal in der Woche eine Berufsschule. Sie erfüllt damit zwar ihre Schulpflicht, erhält am Ende aber keinen Abschluss. Zeit, die andere Jugendliche im Unterricht verbringen, steckt sie vor allem in den Ausbau ihrer Webseite. Die Aufgaben, die Young Carer übernehmen, sind von Fall zu Fall verschieden und reichen von medizinischen Tätigkeiten über die Hilfe im Alltag bis zur emotionalen Unterstützung. Was sie eint, ist die psychische und körperliche Belastung sowie die ständige Sorge. Jedoch bleibt der Großteil mit seinen Problemen für sich.

Das will die 15-Jährige ändern und wandelt ihre Enttäuschung in Engagement: Dutzende Städte, Politiker und Krankenkassen hat sie bisher mit ihrem Anliegen kontaktiert. Auch im bayerischen Landtag sprach Lana über die Belastung und Nöte von pflegenden Jugendlichen. Fünf Anträge werden dort gerade auf ihre Initiative hin geprüft. Heute ist Lana, auch wenn sie das selbst nicht so sieht, zum Sprachrohr der Young Carer in Deutschland geworden. Einige Erfolge kann sie inzwischen schon verzeichnen. Das Bundesfamilienministerium rief zum Beispiel die Webseite „Pausentaste“ ins Leben, auf der sich pflegende Jugendliche mit ihren Sorgen an Beratungsstellen wenden können. Etliche Medien berichteten über Lana und das Schicksal von Young Carern. Am Ziel ist Lana aber noch lange nicht:

„Idealfall wäre, wenn jeder Deutsche weiß, wie es Young Carern geht. Ich würde mir wünschen, dass es in 20 Jahren so ist, dass man einfach sagt: ‚Ich bin Young Carer‘. Und dass der andere sagt: ‚Okay, du kannst das und das und das machen.‘ Wenn die Kinder Hilfe brauchen, dann muss die Hilfe da sein.“


 

Lana Rebhan


Informationen und Hilfsangebote findest du auf Lanas Webseite:
www.young-carers.de