Fußball

Weltfußballer = Welttrainer?

Viele Schritte sind nötig, um später Trainer eines Vereins zu werden.
22. Nov. 2021
Für die meisten Menschen fängt das Berufsleben in den eigenen 30ern erst so richtig an. Als Profifußballer denkt man in diesem Alter bereits über das Karriereende nach. Oft liegt dann eine Trainerlaufbahn nahe – aber ist das wirklich der klassische Weg?

15. Mai 2002, Hampden Park in Glasgow. Fußball Champions-League Finale, Real Madrid gegen Bayer 04 Leverkusen. Beim Stand von 1:1 fliegt der Ball in der 45. Minute an der Strafraumkante zu Zinédine Zidane, der zum Volley ansetzt und traumhaft in den linken, oberen Winkel einnetzt. Es ist das entscheidende 2:1 Siegtor für Real Madrid und der erste Champions-League Titel in Zidanes Spielerkarriere. 16 Jahre später: Real Madrid entscheidet das Finale der Champions-League Saison 17/18 im Olympiastadion in Kiew gegen den FC Liverpool mit 3:1 für sich. Auf der Trainerbank: Zinédine Zidane. Es ist der dritte Champions-League Titel im dritten Jahr in Folge für Zidane als Trainer von Real Madrid. Das hat vor ihm noch keiner geschafft.

Ganze 15 Titel als Spieler, bisher elf als Trainer. Aus einem ganz Großen auf dem Feld wurde ein ebenso Großer am Seitenrand, dem zahlreiche Fußballbegeisterte – ob angehende Spieler oder Trainer – nacheifern. Aber ist sein Karriereverlauf das klassische Beispiel für die Laufbahn vom Profi-Fußballer zum Trainer?

Unterschiedliche Wege zum Ziel

Zinédine Zidanes Weg auf die Trainerbühne war kein besonders überraschender. Dass eine erfolgreiche Karriere als Spieler aber keine Voraussetzung für eine große Trainerkarriere ist, zeigen zahlreiche Beispiele. Das in Deutschland wohl prominenteste: Jürgen Klopp. Während er es als Spieler nie über die 2. Bundesliga hinaus schaffte, trainiert er mittlerweile seit über sechs Jahren den englischen Spitzenklub FC Liverpool und hat dabei große Erfolge gefeiert. Unter anderem den Champions-League Titel 2019 und den Premier-League Titel in der Saison 19/20.

Zidane und Klopp zählen heute beide zu den angesehensten Trainern im europäischen Vereinsfußball. Ihre Karrierewege hätten unterschiedlicher wohl kaum verlaufen können:

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Die Karrierewege von Zinédine Zidane und Jürgen Klopp. Quellen: transfermarkt.de; kicker. | Visualisierung: Jakob Hertl

Für Ex-Profispieler ist der Weg auf die Trainerbank einfacher, es entscheiden sich aber längst nicht alle für diesen Karriereweg – von den 50 besten Fußballern des 20. Jahrhunderts (nach: World Soccer) wurden 29 Spieler später tatsächlich Trainer.

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Die Top 50 Weltfußballer des 20. Jahrhunderts nach dem englischen Sportmagazin „World Soccer“. | Visualisierung: Veronika Veile

Der etwas andere Weg

Nach der eigenen Spielerkarriere den Trainerschein machen und als Coach weiter durchstarten wie Zidane und Klopp: das gilt in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer als der „klassische“ Weg und ist für viele aufstrebende und aktive Fußballer das Karriereziel Nummer eins. Allerdings sind alleine in den drei deutschen Profiligen circa 1600 Spieler aktiv, bei insgesamt nur 56 Trainerposten. Dass nur ein Bruchteil aller Profifußballer sich später auch als Trainer durchsetzen kann, liegt auf der Hand. Zumal es auch für den Trainerjob formelle Anforderungen gibt:

Wie wird man überhaupt Trainer?

Um Profi-Fußballtrainer werden zu können sind verschiedene Trainer-Lizenzen nötig. Das Ausbilddungsystem des DFB ist vierstufig in die „C-, B-, A-Lizenzen“ und den „Fußball-Lehrer“ aufgebaut. Ein C-Lizenz-Trainer darf so beispielsweise alle Amateurteams bis zur Oberliga trainieren, ein B-Lizenz-Trainer alle Junioren-Regionalligen. Während ein C-Lizenz-Trainer für die B-Lizenz ein Jahr als Trainer tätig gewesen sein muss, können Ex-Profispieler unter bestimmten Voraussetzungen direkt mit der Ausbildung zur B-Lizenz beginnen. Wer die Stars von Bayern München, Borussia Dortmund oder der Nationalmannschaft trainieren will, braucht die Lizenz zum Fußball-Lehrer.

Funktionär, Berater, TV-Experte: Alternativen zum Trainerjob gibt es in der Fußballwelt genug. Von den Top 50 Fußballern des 20. Jahrhunderts waren 21 nie Cheftrainer eines Profiklubs – und doch teilweise auch nach der aktiven Spielerkarriere sehr erfolgreich. Karl-Heinz Rummenigge prägte als Vorstandsvorsitzender fast 20 Jahre die sportliche Entwicklung bei Bayern München. Der englische Ex-Stürmer Gary Lineker arbeitet heute als Kommentator unter anderem für BBC und gehört zu den bestbezahlten britischen Fußball-TV-Experten.

Und so mancher Fußball-Profi hat nach dem Karriereende auch außerhalb des Fußballs sein Glück gefunden. Manchester United-Legende Éric Cantona ist seit 1995 als Schauspieler tätig. George Weah (Ex-Stürmer unter anderem für den AC Mailand, Ballon d’Or-Sieger 1995) hat es in die Politik verschlagen, mittlerweile ist er Präsident seines Heimatlandes Liberia.

Viele Profifußballer werden später zu Profitrainern, es ist die naheliegendste Option. Zudem ist der Trainereinstieg für Ex-Spieler deutlich leichter. Eine große Spielerkarriere ist jedoch weder Voraussetzung, noch Garantie für eine erfolgreiche Zeit als Trainer. Und genügend andere Karrieremöglichkeiten – innerhalb und außerhalb der Welt des Fußballs – gibt es allemal. Ist die Trainerlaufbahn also der klassische Weg nach der aktiven Spielerkarriere oder nicht? Um es in den Worten von Rudi Völler zu sagen: „Wie so oft liegt auch hier die Mitte in der Wahrheit“.

Für die Netzwerkanalyse wurden die ersten 50 Spieler erfasst, die im Dezember 1999 zu den Weltfußballern des 20. Jahrhunderts gewählt wurden. Dazu wurden alle Vereine gesammelt, in denen die Spieler gespielt haben oder die sie trainiert haben. Stand der Erhebung der Vereine: Oktober 2021.

Alle erhobenen Daten sind gesammelt auf Github hinterlegt.