Gesellschaft & Identität

Body Positivity
Body Positivity ist nicht die Lösung

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Vielfalt in der Modeindustrie soll dafür sorgen, dass sich die Menschen besser mit den Models identifizieren können. | Bild: Bildrechte: Michelle Hoffmann

Body Positivity Body Positivity ist nicht die Lösung

Vielfalt in der Modeindustrie soll dafür sorgen, dass sich die Menschen besser mit den Models identifizieren können. | Bild: Bildrechte: Michelle Hoffmann
 

18 Jan 2022

„Lieb dich so, wie du bist!“ Das wichtigste Ziel des Body-Positivity-Trends. Menschen sollen ihre Körper lieben, auch wenn diese dem Schönheitsideal widersprechen. Aber was genau steckt hinter dieser Botschaft? Ist sie realistisch oder überhaupt sinnvoll?

Priscila Egas Montalvo

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Plötzlich ist Selbstliebe im Trend. Unter dem Hashtag #bodypositivity findet man über 9 Millionen Beiträge von Leuten, die stolz ihre Körper in die Kamera halten. Egal ob mit Dehnungsstreifen, extra Kilos, Pickel oder Cellulite. Die Body-Positivity-Bewegung versucht gegen unrealistische Schönheitsideale zu kämpfen, die ein ungesundes Körperbild fördern. Auch außerhalb von Social Media sind immer mehr unterschiedliche Figuren in TV-Spots, auf Plakaten und in Anzeigen zu sehen. Das ist schon einmal ein Anfang, weil der Trend die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf sich zieht und scheinbar ein gesünderes Körperbild vermittelt.
Doch solche Trends sind meist nicht von langer Dauer. Was als schön gilt, ändert sich pro Dekade. Bringt Body Positivity wirklich den ersehnten Umbruch mit sich?

Ein Überblick der weiblichen Schönheitsideale im historischen Verlauf zeigt: Die Ideale sind ganz schön unterschiedlich!

Probleme der Bewegung

Der Trend sagt uns: Keine Sorge, wenn du Cellulite oder Pickel hast. Diese „Makel“ sind vollkommen in Ordnung. Schön bist du aber trotzdem nicht, weil du nicht den Körper hast, den die Gesellschaft zum Idealbild gemacht hat. Und deshalb ist der Trend ein Widerspruch. Denn er orientiert sich immer noch an gesellschaftlichen Schönheitsidealen und setzt den Fokus auf „Makel“. Die Menschen sollen lernen, sich selbst zu lieben. Den Körper so akzeptieren wie er ist. Aber sie sollen sich ihrer „Makel“ bewusst sein. Diese ständige Betonung macht es viel schwieriger, den eigenen Körper schön zu finden.

Auf dem Bild ist ein Curvy Model zu sehen in Unterwäsche. An ihrem Bauch ist eine große Narbe und ein Tattoo zu sehen. Die eigenen Makel lieben - ist das die optimale Lösung? | Bild: Bildrechte: Michelle Hoffmann

Was der Körper kann

Die Body-Positivity-Bewegung bringt auch großen Druck mit sich. Seine „Makel“ und sich selbst zu lieben, spielt offensichtlich eine wichtige Rolle. Ist es dann nicht mehr in Ordnung, sich nicht schön zu fühlen? Muss man an jedem Tag im Reinen mit seinem Körper sein, um Body Positivity zu verkörpern? Ein schöner Gedanke, aber unmöglich! Selbstliebe fällt nicht jedem leicht. Umfragen der internationalen Data and Analytics Group YouGov zeigen: Jeder dritte Deutsche fühlt sich durch aktuell vorherrschende Vorstellungen darüber, „was schön ist“, unter Druck gesetzt. Eine Lösung wäre es, nicht ständig an das Aussehen erinnert zu werden. Den eigenen Körper seinen Job machen zu lassen, ohne dabei Speckfalten schön oder hässlich finden zu müssen. Dankbar dafür sein, was der Körper jeden Tag aufs Neue leistet, egal wie er aussieht.

Wir sind mehr als unsere Körper

Die Bewegung fokussiert sich jedoch weiterhin auf das eigene Aussehen, das als Maßstab für den eigenen Selbstwert dient. Bei Body Positivity spielt das Äußere immer noch eine zentrale Rolle. Alles andere, was uns als Menschen ausmacht, wird übersehen. Einen besseren Vorschlag liefert der Body-Neutrality-Trend. Die Kernbotschaft lautet: Wir sind mehr als unsere Körper. Andere Faktoren, die nichts mit dem Äußeren zu tun haben, sollen gestärkt werden. Das Aussehen soll nicht mehr im Mittelpunkt stehen. In einer Gesellschaft, in der sich alles um die Attraktivität dreht, ist Body Neutrality für viele eine befreiende Alternative.

Der Body-Positivity-Trend ist ein erster Schritt, aber er geht nicht weit genug. Denn der Trend reduziert vor allem Frauen weiterhin nur auf ihr Aussehen. Um eine nachhaltige Veränderung erreichen zu können, muss man den eigenen Selbstwert vom Körper trennen.