Freundschaft

It's a match?

Ist es okay, Freund*innen ungefragt zu verkuppeln? (Symbolbild)
09. Aug. 2020

Wer hat sie nicht bereits in irgendeiner Form erlebt, diese gewissen Erzählungen und Situationen „Unter Freund*innen“? Die Kolumne beschäftigt sich mit den alltäglichen Gesprächen zwischen eben jenen sowie ihren kleinen und großen Folgen.

Bis vor ein paar Jahren war mir das System des Verkuppelt-Werdens äußerst suspekt. Immer wurden mir die Falschen präsentiert. Meine Erlebnisse erreichten schließlich ihren negativen Höhepunkt, als ich während eines Dates fast eine halbe Stunde wortlos neben meiner Begleitung warten musste. Diese zog es vor, das im Geschäft kostenlos angebotene Kunden-WLAN zu nutzen, statt sich mit mir zu unterhalten. Meine Freundin, die diese Aktion eingefädelt hatte, verließ uns etwa eine Stunde zuvor, um uns „bei unserem Kennenlernen nicht zu stören.“ Während ich das Geschäft dann schlussendlich alleine und entnervt verließ, nahm ich mir vor, nie wieder Opfer eines solchen Projekts zu sein. Des Weiteren hatte das Verkuppeln-Werden für mich eh immer einen gewissen Beigeschmack von Zwangsehe. Meinen Partner hatte ich vor zwei Jahren auch ohne Mithilfe kennengelernt und machte mir daher nie wieder große Gedanken hierüber. Bis meine beste Freundin Anfang des Jahres Single wurde.

Ihr Vater bot uns kurz darauf vier Zugtickets an, die aufgrund eines durch Corona abgesagten Konzertes unnütz geworden waren. Wir stimmten zunächst voller Freude zu, denn einen gemeinsamen Ausflug übers Wochenende hatten wir uns schon lange gewünscht. Auch von der Idee meiner Freundin, meinen Partner als erste Begleitung mitzunehmen, war ich zunächst begeistert. Doch dann kam die Frage auf, wer die verbleibende Karte erhalten sollte und somit auch relativ schnell der Unmut.

Als potentieller Kandidat kam zunächst ihr Bruder ins Spiel - da wir uns alle bereits kannten und mein Freund somit auch einen männlichen Verbündeten unter uns Vieren gehabt hätte, erschien uns diese Möglichkeit als die Einfachste. Aber ich verstand schnell, wie unangenehm es für meine Freundin wohl sein musste, ihren Bruder mitzunehmen und daneben ein händchenhaltendes Pärchen als Begleitung zu haben. Das Problem einer möglicherweise schwierigen Gruppendynamik machte uns dementsprechend zunehmend Sorgen. Auch meine Freundin wurde immer unglücklicher und spielte bereits mit dem Gedanken, die Karten wieder zurückzugeben.

Um ein seltsam verlaufendes Wochenende eventuell noch verhindern zu können, dachte ich also über den Notfallplan nach: Ein potentieller Verkupplungspartner musste her. Nach der Fertigstellung meiner gedanklichen Liste empfand ich jedoch kaum Freude, sondern vor allem Scham. Zum Einen, weil keiner der Kandidaten wirklich zu meiner Freundin passte und auch charakter- und interessenbezogen absolut nicht ihren Vorstellungen entsprach. Somit hatte ich mich zum Anderen auch gegen meine eigenen Ideale gewandt. Ich hätte eine solche Idee sofort abgelehnt, war aufgrund meiner Beziehung aber bereit gewesen, allen Widersprüchen zum Trotz meine Freundin selbst in diese unangenehme Lage zu bringen.

Meine imaginäre Liste verschwand ebenso schnell, wie sie entstanden war und ich begann zu überlegen, welche Lösung es stattdessen geben konnte. Letztendlich bin ich über meine Erkenntnis froh, denn Verkuppeln ist aus eigener Erfahrung nicht immer die beste Methode - außer man heißt Meghan Markle und trifft auf Prinz Harry, da hat's funktioniert. Meinen Fehler habe ich also rechtzeitig eingesehen und gelobe hiermit in aller Öffentlichkeit Besserung. Eine gute Alternative haben wir auch noch gefunden: Die Karten hat meine Freundin tatsächlich zurückgegeben, da wir auf einen gemeinsamen Wochenendurlaub in Paris sparen - dieses Mal nur zu zweit. Und was das Verkuppeln angeht: Ich habe nun auf Socken umgeschult, da finden sich Pärchen auch wesentlich einfacher.

Einen weiteren Teil der Kolumne "Unter Freund*innen" findet ihr hier.