Cybermobbing

Tatort Internet

Cybermobbing führt oft zu Verzweiflung und Depressionen.
22. Jan. 2023
Verbale Angriffe, Beleidigungen, Drohungen – all diese Dinge geschehen tagtäglich im Internet. Viele Menschen sind vermutlich schon mindestens einmal Opfer von Cybermobbing geworden. Doch was passiert, wenn der Hass kein Ende findet? Wie gehen Opfer von Cybermobbing damit um?

Triggerwarnung: Dieser Artikel behandelt das Thema Cybermobbing und erwähnt Suizid.

Immer mehr Menschen – vor allem Jugendliche – verbringen ihre Freizeit auf den verschiedenen Social Media Plattformen wie Instagram oder Twitter. Hier werden oft Personen des öffentlichen Lebens wie Influencer*innen Opfer von Cybermobbing. Prominentes Beispiel ist Lijana Kaggwa. Die 26-Jährige nahm 2020 an der TV-Show Germany's Next Topmodel teil und erhielt im Laufe der Sendung etliche Hasskommentare im Netz. Nach Lijanas Ausstieg aus der Show äußerte sie sich auf ihrem YouTube Kanal über die Situation und setzt sich seither gegen Cybermobbing ein. Aber auch Privatpersonen kann es treffen. Häufigstes Motiv ist laut einer Statistik aus dem Jahr 2021 – erhoben vom Bündnis gegen Cybermobbing e.V. – „Ärger mit der betroffenen Person“. Das bestätigt auch Marius Neu, Mitglied des Vereins: „Viel Mobbing entsteht aus dem Affekt heraus.“ Die Befragung zeigt aber auch: Cybermobbing hat oft keinen Grund. 45 Prozent der Befragten geben an, dass sie „nur so zum Spaß“ Cybermobbing betreiben oder betrieben haben. „Das Phänomen wird immer schlimmer und es muss immer mehr gemacht werden“, so Neu. Grund dafür sei der rasante Anstieg an Onlineaktivität. Aus einem Bericht des Vereins Zeichen gegen Cybermobbing geht hervor, dass auch die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown zu vermehrten Mobbing im Internet führten.

Viel Mobbing entsteht aus dem Affekt heraus.

Marius Neu

Welche Auswirkungen hat Cybermobbing auf die Betroffenen?

Cybermobbing kann verschiedene Auswirkungen haben. Oft wirke sich Mobbing anfangs negativ auf die Konzentration und die Leistung aus. Jugendliche wollen nicht mehr in die Schule, Erwachsene nicht mehr zur Arbeit gehen. Dauert Cybermobbing weiterhin an, kann es zu Wutanfällen, Depressionen und selbstverletzendem Verhalten kommen, so Neu. Im schlimmsten Fall komme es dann zu Suizid, was laut Marius Neu aber leider häufiger vorkommt als angenommen. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, gibt zudem an, dass jeder vierte Betroffenen von Suizidgedanken geplagt wird. Dies geht aus einer Befragung hervor, die die Techniker Krankenkasse in Kooperation mit dem Bündnis gegen Cybermobbing 2020 erhoben hat.

Welche Ausmaße Cybermobbing annehmen kann verdeutlicht der Fall Amanda Todd. Die damals 12-jährige Kanadierin wurde aufgrund eines Fotos von ihr, das im Netz kursierte, in der Schule und online gemobbt. Es folgten mehrere Schulwechsel. Im Alter von 15 Jahren nahm sich Amanda im Oktober 2012 das Leben. Vor ihrem Tod veröffentlichte sie ein knapp 10-minütiges Video, in dem sie durch handgeschriebene Zettel ihre Geschichte und Leidensweg beschreibt. Das Video ging um die Welt und löste immense Reaktionen aus.

Der Verein Bündnis gegen Cybermobbing e.V. ist in Deutschland einer der größten Anlaufstellen zum Thema Cybermobbing. Der Verein wurde 2011 gegründet und setzt sich seitdem gegen Internetmobbing ein und bietet gleichzeitig Hilfe für Betroffene.

Wie kann Betroffenen geholfen werden?

Um gegen Cybermobbing vorzugehen, haben sich neben dem Bündnis gegen Cybermobbing e.V. weitere Anlaufstellen und Hilfsorganisationen gebildet. Hilfe bietet beispielsweise Juuuport.de oder auch die Organisation Weisser Ring. Betroffenen wird hier geholfen, die Ereignisse zu verarbeiten.

Das größte Problem in Bezug auf Cybermobbing sieht Neu jedoch in fehlender Prävention. Zwar wird in der Gesellschaft inzwischen mehr auf das Thema eingegangen, genug sei das jedoch noch nicht: „Wir müssen dafür sorgen, dass das Thema Cybermobbing immer populärer wird.“ Um dieser fehlenden Prävention entgegenzuwirken schlägt Neu vor, bereits in der Schule ein eigenes Fach über den Umgang und das Verhalten im Internet einzuführen. Außerdem plädiert Neu dafür, Hilfshotlines zugänglicher zu machen. Momentan sind Nummern, die Opfer im Notfall anrufen können, nicht bekannt genug. Ganz wichtig ist laut Marius Neu auch, als Betroffene*r immer zur Polizei zu gehen. Um effektiv gegen Mobbing im Internet vorgehen zu können, sei es außerdem wichtig, Beweise zu sammeln. Dabei sind oft schon Screenshots der Hasskommentare oder der Accounts hilfreich. Nur so können Täter*innen zur Rechenschaft gezogen werden.

Hilfe bei Cybermobbing 

Bündnis gegen Cybermobbing e.V.: 0721 1600915

Opfer-Telefon Weisser Ring: 116 006

Nummer gegen Kummer: 116 111

Juuuport