Leistungssport 5 Minuten

Aus der Traum vom Profi

Mathis Färber am Schießstand
Mathis Färber: Eines der größten Biathlontalente Deutschlands. | Quelle: Mathis Färber
11. Dez. 2023

Mathis Färber war ein vielversprechender Nachwuchssportler im deutschen Biathlon. Er trainiert im Internat, läuft nationale und internationale Wettkämpfe und gehört immer zu den Besten. Mit 19 dann das plötzliche Karriereaus. Ein Portrait.   

Der Weg in den Profisport

Los geht alles in der dritten Klasse. Mathis Vater liest in der Zeitung zufällig von einem Spaßbiathlon und schlägt Mathis vor, teilzunehmen. Die Familie war schon immer sportlich aktiv. Mathis lernt früh, Ski zu fahren. Auch auf Langlaufski findet er sich gut zurecht. Er nimmt also teil und ist bei seinem ersten Rennen schon recht erfolgreich. „Mein Vater kam mit der Trainerin ins Quatschen und dann hab ich da halt mal angefangen“, erzählt Mathis. Aus diesem „mal angefangen“ wurde schnell eine Leidenschaft. Aus der Leidenschaft, Mathis großes Ziel: Profisportler. 

Bis zur 8. Klasse bleibt Mathis in seiner Heimat. Nach der Schule geht es ins Training, dann ins Bett. Das viermal die Woche. Freistellungen waren für Mathis ein Muss, um an Wettkämpfen teilnehmen zu können. Mit 15 musste dann eine Veränderung her. Er wechselte erst ins Tages-, dann ins Vollzeitinternat. Hier lebt Mathis mit seinen Sportlerkolleg*innen, geht auf die Partnerschule und kann sich voll auf Biathlon konzentrieren. Zu dieser Zeit nimmt er regelmäßig an nationalen und internationalen Wettkämpfen teil und ist deshalb oft vom Unterricht befreit. „Der Verbindungslehrer war wirklich ein Engel“, betont Mathis. Er habe ihm und den anderen Sportler*innen unglaublich viel Organisationsarbeit abgenommen. So konnte Mathis die Oberstufe strecken und besteht schließlich 2023 sein Abitur. Nach dem Abi sollte es für Mathis dann ins erste Profijahr gehen, doch wie so oft im Profisport sollte es anders kommen.


 

Auch im Sommer läuft Mathis Wettkämpfe um seine Form beizubehalten
Auch im Sommer läuft Mathis Wettkämpfe um seine Form beizubehalten.
Quelle: Mathis Färber

Auszug mit 15

Früh stellt sich für Mathis die Frage, wie intensiv er Biathlon betreiben möchte. Ebenso schnell ist ihm klar, dass es nicht nur ein Hobby bleiben würde. Und wie das so ist, wenn man sich einer Sache verschreibt, gilt es folglich auch Opfer zu bringen. Er fehlt oft bei Geburtstagen oder Familienfeiern. Obwohl sein Internat nur eine halbe Stunde entfernt ist, sieht er wegen Trainingslagern oder Wettkämpfen seine Familie oft 3-4 Wochen nicht. Trotz allem hat er stets Rückhalt. Mathis betont, dass ihm absolut klar ist, wie viel seine Familie für ihn investierte. Nicht nur Zeit und Geld. Oft mussten Sie auf ihren Sohn oder Bruder verzichten, nahmen es aber gerne in Kauf, um ihn zu unterstützen. „Gerade von meinen Geschwistern hatte ich enormen Rückhalt, obwohl ich immer viel mehr bekommen habe als sie“, erzählt Mathis dankend.  
 

Kein leichter Weg

Hohe Belastungen treiben den Körper an seine Grenzen. Das musste auch Mathis lernen. Mit 15 macht Mathis den Waffenschein. Der Schritt vom Luftdruckgewehr zum Kleinkaliber ist ein entscheidender im Biathlon. In seinem zweiten Kleinkaliberjahr bekommt er das Pfeiffersche Drüsenfieber, weshalb er einige Wochen aussetzen muss: „Das war schon ein herber Rückschlag“, erinnert er sich. Als er sich im Jahr darauf gerade wieder aus seinem Trainingsrückstand zurück gearbeitet hatte, kam der nächste Schlag: Drei Leistenbrüche in Folge. Gerade die Zeit nach den Operationen ist hart für Mathis, da er komplett auf Sport verzichten muss. Nach 3-4 Monaten harter Arbeit kommt er dennoch zurück in die Trainingsgruppe und ist wieder in guter Form. Mathis ist einer von drei besonders vielversprechenden Sportlern. Beide andern zählt er zu seinen engsten Freunden. Konkurrenzkampf habe es innerhalb der Mannschaft nicht gegeben, betont Mathis. „Bei Rennen war man dann natürlich schon egoistisch“, grinst er, „aber wenn ein anderer besser war, lernte man schnell, das zu akzeptieren.“  
 

Mathis trainiert auf Profiniveau. Hier am Schießstand.
Quelle: Mathis Färber

Mathis weg scheint klar zu sein, nach dem Abitur soll es für ihn offiziell in den Profibereich gehen. Doch es kommt anders. November 2022. Qualifikation für den IBU Junioren Cup. Bei der ersten Möglichkeit läuft Mathis eigentlich gut, hat aber ein paar Fehler beim Schießen. Es reicht nicht ganz zur Qualifikation. Es gibt aber eine zweite Chance, bei der Mathis es schaffen kann. Doch dann: Corona Positiv. Mathis fällt aus. Das Fazit: Er schafft es trotz seiner eigentlichen guten Trainingsform nicht zum IBU Junioren-Cup.  
 

Während Biathlet*innen in der Schulzeit noch Unterstützung vom Land oder den Olympiastützpunkten bekommen, sind Berufssportler*innen auf die finanzielle Unterstützung von Behörden angewiesen. Diese Behörden sind die Bundeswehr, der Zoll oder die Bundespolizei. Die Unterstützung ist wichtig, da Profisportler*innen keine Zeit haben neben dem Training Geld zu verdienen, um Lehrgänge, Ausrüstung und den allgemeinen Lebensunterhalt zahlen zu können.  
 

Da Mathis nicht für die internationalen Wettkämpfe gemeldet ist, verschwindet er vom Radar der Behörden. Im ersten Profijahr ist er aber unbedingt auf die Unterstützung angewiesen. Lange wägt er ab, ob es nicht doch möglich ist, weiterzumachen. Er hätte das Potenzial, versichern ihm die Trainer. Sie würden gerne sehen, was er erreichen könne. Im März dann die Entscheidung. „Das war es jetzt. Nach dem Abitur ist fertig.“ Das Geld, das er aufwenden müsse, um sich ein Auto, eine Wohnung und den Sport finanzieren zu können, ist zu viel. Es gäbe noch Möglichkeiten für Unterstützung, aber das seien „auch nur Tropfen auf den heißen Stein“, erklärt er. Für Mathis war er vorbei, der Traum vom Profisport.  
 

„Das war es jetzt. Nach dem Abitur ist fertig.“

Mathis Färber, ehemaliger Leistungssportler

Neue Perspektiven

„Du hast dir nie Gedanken gemacht“, erinnert sich Mathis auf die Frage, ob er einen Plan B gehabt hätte. Man befasse sich nicht damit und sei sich sicher, dass man Profi wird. Daher brach für ihn erstmal eine Welt zusammen. Er erzählt, dass man sich natürlich am Anfang unfair behandelt fühlt. Man war ja immer einer der Besten. Wieso soll also plötzlich alles vorbei sein? Mathis erwähnt, dass es schon eine Zeit gab, in der er „keinen Bock auf gar nichts“ hatte. Doch seine Familie und Freunde waren auch in dieser Zeit für ihn da. Seine Freundin besonders, betont er. Sie habe ihm extrem geholfen, neue Energie zu sammeln.

Wenn er nun zurückschaut, fühlt er natürlich Wehmut. Er erinnert sich gerne an die Zeit auf dem Internat zurück. Aber das sei okay. „Ich habe extrem viel gelernt und mitgenommen“. Irgendwie sei er froh, dass er jetzt schon aufgehört hat. Es kann ein neuer Lebensabschnitt beginnen. 

Jetzt ist Mathis 20 und steht wie so viele in seinem Alter vor der Frage, was er mit seinem Leben anstellen möchte. Der Unterschied: Mathis kann schon mit 20 eine beachtliche Karriere aufweisen, auf die er sein ganzes Leben stolz zurückblicken kann.