Hörfunk

Allround-Talent Radio

Hier entsteht etwas Großes - Radiomoderatoren wie Matthias Methner von SWR4 sorgen dafür, dass die Menschen an den Geräten mit Kultur versorgt werden
20. Jan. 2023
Das Radio ist seit langer Zeit Teil unserer Gesellschaft. Es ist für viele Menschen Begleiter im Alltag und gilt schon längst als etabliertes Informations- und Unterhaltungsmedium des Alltags. Was macht die Faszination Radio aus?

Am 29. Oktober 1923 sollte ein Satz Geschichte schreiben: „Achtung, Achtung, hier ist die Sendestelle Berlin.“ Das waren die ersten Worte, die in Deutschland aus einem Radio kamen. Bis heute hat sich der Hörfunk trotz aufkommender Konkurrenz wie Fernsehen, Podcast oder Streamingplattformen tapfer in unserer Gesellschaft gehalten. Studien aus dem Jahr 2020 belegen sogar, dass das Radio in der Gesellschaft ein sehr hohes Vertrauen genießt, wenn es um Information und Unterhaltung geht. 

Vertrauen schaffen, das war zum Beispiel auch eine Aufgabe von Willi Steul. Er war lange Intendant des Deutschlandfunks, kurz Dlf, in Köln und trug dabei große Verantwortung für das Medium Radio. Konferenzen mit Mitarbeiter*innen aus Redaktion, Marketing oder Pressestelle bestimmten seinen Arbeitsalltag. Das Amt des Intendanten machte Steul zum gesetzlichen Vertreter, aber auch zum Herrn über das Profil des Dlf.

Als solcher hat er viel Arbeit darin investiert, ein „kluges und fast einzigartiges Konzept für den Deutschlandfunk“ mitzugestalten. Diese Aufgabe sei die „Königsdisziplin der Intendanz“. Er erkannte die Eintönigkeit der deutschen Radiolandschaft – bis auf wenige Ausnahmen immer die gleiche Musik, untermalt von denselben Sprechertexten. Der Deutschlandfunk reduzierte nach und nach die musikalische Begleitung im Programm und legte den Fokus auf journalistische Berichterstattung und kulturelle Beiträge. Um Erfolg zu haben, sagt er, müsse man ein Alleinstellungsmerkmal schaffen, das sich wesentlich in der Struktur vom Rest der anderen Sender abgrenzt. Beim Dlf ist dieses Merkmal die Information.

Das Radio ein aussterbendes Medium? Diesem Mythos widerspricht Steul heftig, denn auch andere Audio-Angebote wie der Podcast seien eine Form von Radio. Auch der Journalismus selbst hat durch die Arbeit mit „Audio“ viele Vorteile, denn man könne mit weniger Aufwand und weniger Kosten ein großartiges Projekt realisieren.

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Das Radio hat einen Weg mit Höhen und Tiefen hinter sich. | Quelle: Paul Antwerpes, erstellt mit Canva

Als Fernsehmensch habe man immer so viel Equipment dabei, das die Leute erschrecken würde. Als Radiomensch wirke man unauffälliger und dadurch auch sympathischer, sagt Steul. Außerdem lasse der Ton tief in die Seele eines Menschen blicken, weshalb man oft eine bessere Verbindung zu einer Person aufbauen könnte als beim Fernsehen, sagt der heute 73-Jährige.

Die steigenden Zahlen seines Senders beweisen für Steul nochmal: Das Radio stirbt nicht aus. Es ist ein wesentlicher Teil der Kultur und prägt den Alltag vieler Menschen, so Steul. Von Altersklassifizierungen für verschiedene Radiosender hält er nichts. Es sei nicht fair, zu sagen, dass ein bestimmter Sender nur von einer bestimmten Zielgruppe gehört werden sollte. Das Radio sei entgegen dem Klischee auch etwas für junge Leute, denn dort gelinge es, komplizierte Dinge plötzlich ganz einfach zu machen. Dafür hat der Dlf auch mit „Deutschlandfunk Nova“ extra ein Programm für junge Leute aus der Erde gestampft. Und zwar auf ausdrücklichen Wunsch von Willi Steul. „Radio muss alle erreichen”, das ist sein Credo.

Unter Kultur versteht man im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen beruhen und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken. 

Mit Leidenschaft betritt auch Daniel Pesch sein Studio in Stuttgart. Er ist Moderator, Redakteur und eigentlich alles gleichzeitig. Kurz nachdem er kommt, geht das Mikro auch schon an. Doch wirklich an ein Skript gebunden ist er nicht. Zwar sind die Themen vorgegeben, aber wenn ihm zu einer Geschichte etwas Persönliches einfällt, bringt er es auch gerne ein, sagt Daniel. Seine Motivation fürs Radiostudio liegt in einem persönlichen Streben, gesellschaftliche Missstände aufzudecken, auf Menschen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Nach Daniels These kann jede*r ein*e Radiomoderator*in werden. „Die Wenigsten sind Naturtalente!“, stellt er klar – aber trotzdem gibt es heute gute Möglichkeiten, seine Stimme weiterzubilden, von Sprecherziehung bis zu guter Literatur kann man frei aus dem Topf der Möglichkeiten schöpfen. 

Aber das größte Geheimnis des Erfolgs hinter dem Mikrofon trägt jede*r schon ganz natürlich in sich selbst: Authentizität. Moderator*innen verstellen sich nicht. Obwohl – einen Trick gibt es doch: Um stets gut gelaunt zu klingen, lächeln die Menschen hinter dem Mikro oft während des Sprechens. „So kommt die eigene Freude von ganz allein“, sagt auch Daniel. Nur so kann man die Ohren der Hörer*innen erreichen und ihnen das Anliegen näherbringen – die Kultur.  

In Deutschland hören immerhin noch ca. 35 Millionen Menschen regelmäßig Radio. Diesen Leuten qualitativ hochwertige Unterhaltung zu bringen, das bereitet Moderator*innen die größte Freude. Für Daniel geht es um die Zuhörer*innen: Dass sie seine Sendung genießen und sich angesprochen fühlen, ist das größte Glück. 

Das Radio leistet einen wichtigen Dienst für die Gesellschaft: Es unterhält, informiert und bildet. Radiomacher*innen brennen darauf, ein Produkt zu entwerfen, das viele Leute erreicht und sie aktiviert, das gesellschaftliche Leben zu gestalten – Das ist es, was Kultur ausmacht. Das ist die Faszination Radio.