Kolumne

Alles was ich immer wollte?

Liebesbeziehungen sind wichtig, aber bei Weitem nicht alles.
02. Febr. 2022
Mal mit herbem Nachgeschmack, mal süß wie die Schote einer Vanille: That’s life! Da gibt es Gedanken, die uns tagsüber müde machen und nachts wachhalten und solche, bei denen wir unser Grinsen kaum noch verstecken können. „Gedankengrütze mit Vanillesoße“ — eine Kolumne.

DIE eine große Liebe, mit der man zusammen alt werden kann. Will man das heutzutage überhaupt noch? Will ich das? Wir alle wissen, dass im Online-Dating-Wirrwarr schnelllebige Beziehungen und anschließendes Ghosting ganz normal zu sein scheinen. Doch durch kitschige Liebesfilme wurden meine Erwartungen an die Liebe bereits im Kindesalter ziemlich hochgesteckt und, naja, ich sag‘s mal so: Klettern war noch nie meine Stärke. 

Plan A geht nicht auf

Vorstellungen, wie mit 25 Jahren in festen Händen zu sein und Kinder zu planen, waren für mich mit 14 Jahren alles andere als utopisch. Besser gesagt, bis vor knapp fünf Jahren atmete ich diesbezüglich noch ein paar Takte ruhiger und beruhigte mich mit meinem Mantra „Ach ja, der Plan wird schon noch aufgehen. Ist ja noch Zeit!“ Well. Nun sitze ich hier, in meinem 14-qm-Zimmer, mich in einer kleinen Quarterlife Crisis befindend und studiere im dritten Semester „IrGenDwAs miT mEDieN“. Außerdem spiele ich jetzt irgendwie Fußball und frage mich so langsam, ob das ich das überhaupt will oder schlichtweg versuche, eine vermeintliche Lücke zu füllen. Ich mein, wtf, wieso spiele ich jetzt auf einmal Fußball? Mit 25 Jahren und 25 Typen? Ok, whatever. 

Das Problem an der ganzen Sache bin aber nicht ich, auch wenn ich mir mein Leben vielleicht anders vorgestellt habe. Das Problem sind ja die anderen! (Wie immer, oder?) Aber jetzt mal Hand auf’s Herz: Begibt man sich in die Welt des Internets und der sozialen Netzwerke, öffnet sich hier regelrecht ein ganzes Museum mit Galerien von Pärchen und Eltern, oder die, die es noch werden wollen. Schwangerschaft hier, Verlobung da, Haus gekauft. Pipapo.

Das Traurige ist hierbei aber nicht, dass ich es den anderen nicht gönne (das tue ich, ehrlich!), ich frage mich nur, ob ich in meinem Leben bisher vielleicht einmal zu viel falsch abgebogen bin? Hatte ich doch eine langjährige Beziehung, habe ich mich damals trotzdem für eine Trennung entschieden und bin einen ganz anderen Weg gegangen. Ist das der Grund für meinen missglückten Lebensentwurf? „Nicht alles ist eine Lektion. Manchmal scheiterst du einfach nur“, sagte Dwight Schrute aus der Serie „The Office“. Na super, vielen Dank im Voraus!

Einmal abbiegen, bitte!

Und auch, wenn es damals für mich genügend Gründe gab, frage ich mich beim Scrollen durch Instagram schon des Öfteren „was wäre gewesen, wenn...“. Ob es mich glücklich gemacht hätte, wenn es anders gelaufen wäre? Darauf habe ich keine ultimative Antwort. Aber eines weiß ich ganz sicher: Dass mich all die dazu gewonnenen Erfahrungen jedes Mal ein Stückchen näher zu mir selbst bringen und ich mich selbst von Jahr zu Jahr besser verstehe. Ich muss nicht mit Mitte 20 den Plan meines Lebens kennen. „Ich muss gar nichts“, singt Antje Schomaker in ihrem neuen Song und ich finde, da hat sie verdammt nochmal recht!

Mittlerweile versuche ich, mich weitestgehend von den gesellschaftlichen Vorstellungen zu distanzieren. Ich will nicht länger Dinge wollen, weil mir äußere Umstände vorgeben, was ich zu wollen habe. Alles entwickelt sich stetig weiter, wieso nicht endlich auch mal veraltete Denkweisen? Ist doch auch nicht das Schlechteste, ein bisschen mehr Zeit für sich zu haben – also ihr wisst schon – jung und ungebunden. Es ist ohnehin nicht möglich, die Sache mit der Liebe mutwillig zu beeinflussen. Entweder kommt sie ganz ungeahnt um die Ecke und lächelt dir zu, oder sie wartet eben noch zwei, drei Runden im Wartezimmer. Und hey, ich sag’s mal so: Lieber bin ich zwei Mal zu viel abgebogen, als das ganze Leben aus der Angst heraus nur geradeaus zu fahren.

Mehr Gedankengrütze findest du hier.