Life-Coaching 8 Minuten

Werde besser!

Eine junge Frau hält am Strand ihre Hand der Sonne entgegen. | Bild: Kim Romagnoli
Gut, besser, am besten: Viele wollen das Beste aus sich herausholen. (Symbolbild) | Quelle: Kim Romagnoli
07. Dez. 2023

Das beste Ich sein – Life-Coaches versprechen Hilfe zur persönlichen und beruflichen Entfaltung. Denn ihre Klient*innen wollen ihr größtes Potential ausleben. Wann wird Wunsch zum Zwang und wann ist Psychotherapie statt Coaching die richtige Wahl für eure Ziele?

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Ein Vergleich zwischen Coaching und Psychotherapie. Kann Coaching die Wartezeit auf einen Therapieplatz überbrücken?

Erfolgreicher und besser. In der Gesellschaft wird Selbstoptimierung immer wichtiger. Auf Instagram gehen etliche Trends zum Thema „Selbstoptimierung” viral. Beim Trend „That Girl“ stellen Influencer*innen zum Beispiel bestimmte Tagesroutinen vor, in denen sie früh aufstehen, mit Sport in den Tag starten und dann ihre Aufgaben konsequent abarbeiten.

 

Eine Übersicht der verschiedenen Hashtags auf Instagram zum Thema Selbstoptimierung. | Bild: Tabea Blume
Diese Hashtags zum Thema Selbstoptimierung und Life-Coaches erregen Aufmerksamkeit. (Stand: 16.06.23).
Quelle: Tabea Blume

Der vermeintliche Zweck der Tagesroutine: erfolgreicher werden und das Beste aus sich herausholen. Selbstoptimierung bedeutet laut dem Duden, dass sich Menschen an äußere Umstände und gesellschaftliche Erwartungen oder Ideale anpassen. Deshalb ist dieses Thema in unserer Gesellschaft sehr umstritten. Der Gedanke daran, sich selbst zu verbessern, wirkt dennoch für viele glamourös. Die Rauen Group spezialisiert sich auf Business-Coaching und veröffentlichte 2023 eine Marktanalyse. Demnach gehören Potentialentwicklung und -analyse mit rund sieben Prozent und die Persönlichkeitsentwicklung mit rund neun Prozent zu den Top fünf Themen für Coaching. Besonders Life-Coaches greifen diesen Wunsch auf und arbeiten mit ihren Klient*innen daran.

Grund zur (Selbst-)Hilfe

Oliver Kugele ist ein Psychotherapeut, der auch Coachings anbietet. Die Gründe für ein Coaching sind laut ihm vielfältig. Trennungen, Umzüge und vieles mehr – oft seien es Lebensveränderungen und daraus resultierende Ängste. Manche stellen sich dann die Frage: Wer bin ich und was will ich in diesem Leben? In einer Umfrage von Statista aus 2021 zur Aufmerksamkeit für die eigene psychische Gesundheit gaben 31 Prozent der Befragten an, ihrer eigenen psychischen Gesundheit viel Beachtung zu schenken. 17 Prozent geben ihr wenig Aufmerksamkeit. Als Coach könne Kugele Klient*innen als außenstehende und neutrale Person auf ihrem Weg „liebevoll” unterstützen. „Inhaltlich kann ich natürlich nichts versprechen”, sagt Kugele. „Das wäre auch ziemlich grenzüberschreitend.” Denn Lebensumstände kann er beispielsweise nicht ändern.

Potenziale entdecken und Ziele erreichen

Der Ablauf ist bei jedem Life-Coach individuell, jedoch ist Coaching immer ziel- und lösungsorientiert. Coaches analysieren Probleme und suchen dann in Abstimmung mit Kleint*innen nach Lösungsansätzen. Daniel Holzinger ist Coach und Ausbilder des Dr. Holzinger Instituts, einem Coaching-Center in Stuttgart. Das Dr. Holzinger Institut geht von Epiktets Modell aus, das schon die kognitive Therapie prägte. Der Ansatz des Philosophen war, dass schädigende Gedanken die Ursache für das Leid sind. Deshalb müssen Klient*innen Eigenverantwortung ergreifen, selbstschädigende Gedanken erkennen und diese schließlich loslassen. Erst findet einen Kennenlern-Termin statt, in dem Probleme ermittelt werden, sodass entsprechende Lösungswege gefunden werden können. Final sollen sich Klient*innen selbst helfen können. „Der Wunsch nach Selbstoptimierung hängt mit Veränderungen zusammen”, sagt Holzinger. Auch mit dem Vergleich von unwirklichen Vorbildern könne der Wunsch entstehen. Diese können Bekannte sein, aber auch Menschen aus den sozialen Medien. Solle das der Fall sein, müssen Klient*innen die unwirklichen Ideale loslassen, um Blockaden zu lösen und Ziele zu erreichen. 

Wunsch vs. Wahn

Der Psychotherapeut Kugele sagt, dass Selbstoptimierung im positiven Sinne mit mehr Achtsamkeit für das eigene Leben und Wohlbefinden einhergehen kann.

„Selbstoptimierung kann bedeuten, dass man mehr nach sich schaut, um sich im Endeffekt besser und wohler mit sich selbst zu fühlen.“

Oliver Kugele, Psychotherapeut und Coach

Selbstoptimierung kann aber auch zu zwanghaftem Perfektionismus werden. Genug sind die eigenen Bemühungen dann nie. Ob der Wunsch zum besseren Ich zu einer negativen oder positiven Form der Selbstoptimierung wird, entscheiden laut Kugele die Beweggründe der Menschen. Wollen sie sich für ihr eigenes Wohlbefinden ändern? Oder wollen sie sich an die vermeintlichen Ideale der Gesellschaft anpassen? Außerdem komme es darauf an, wie man den Prozess angeht. Selbstoptimierung kann also gut sein, aber auch zwang-, wenn nicht sogar krankhaft werden. Je nach Art reicht kein Life-Coach mehr aus, sondern psychologisch fundierte Hilfe ist gefragt.