Dating-Apps 4 Minuten

Das Geschäft mit dem Verlieben

Hinter Dating-Apps steckt mehr als nur das Streben nach Liebe - der Markt boomt.
16. Mai 2023
Fast jede vierte Beziehung in Deutschland entsteht durch Online-Dating. Dating-Apps verdienen dadurch Millionen. Doch wie sieht das Businessmodell hinter Tinder & Co. aus und wollen sie wirklich verlieben? Eine Analyse.

Immer mehr Menschen nutzen Dating-Apps wie Tinder, Bumble oder Parship. Rund ein Viertel der Beziehungen beginnen laut der Hochzeitsstudie online. Allein in Deutschland sind es laut der Erhebung des Digital Market Outlook etwa neun Millionen. Bis 2024 soll diese Zahl bis auf über zehn Millionen Nutzende ansteigen und der Markt somit immer weiter ansteigen. Darauf lassen auch die Umsätze der Dating-App-Anbieter schließen: So vervierfachte sich der Umsatz der Match Group, zu der unter anderem OkCupid, Tinder und Hinge gehören, innerhalb der letzten zehn Jahre auf einen Wert von knapp 3,3 Milliarden Dollar in 2022. Andere Anbieter wie Bumble und die ParshipMeet Group (Parship, ElitePartner, Lovoo) können nach dem S&P Global Market Screener ebenfalls steigende Zahlen vorweisen und haben ihren Umsatz innerhalb der letzten drei Jahre mehr als verdoppelt.

Der Markt bietet ein dementsprechend großes Potential. Im Rahmen der Global Consumer Survey 2022 wurden Konsument*innen in Deutschland zu ihrem Dating-Verhalten befragt: Mit knapp 35 Prozent ist Tinder, das zur Match Group gehört, in Deutschland die beliebteste Dating-Plattform. Doch hält die App, was sie verspricht? Wie eine norwegische Studie zeigt, ist die Chance auf das Liebesglück gering, denn die Erfolgsquote liegt bei 1:291. Das bedeutet konkret: Hinter einer erfolgreichen Beziehung stehen 291 erfolglose Matches.

Für eine glückliche Beziehung muss lange geswiped werden: Im Schnitt sind es knapp 300 Matches.

Wie Dating-Apps funktionieren

Um die richtige Person zu finden, müssen Tinder-Nutzende also eine Weile swipen. Durch die große und schier nicht endende Auswahl an potenziellen Partner*innen, die sich den Nutzenden bieten, sowie der intuitiven Bedienung fällt dies leicht. Mit konkreten Maßnahmen wollen Apps wie Tinder eine möglichst lange Nutzungszeit erreichen. Spielerische Elemente wie das Swipen und die darauffolgende Spannung, ob es ein „Match“ oder „No Match“ gibt, binden Menschen an die App. Das nenne man das Prinzip der variablen Belohnung, erklärt Marie-Josephine Ludewig, eine ehemalige Mitarbeiterin einer Dating-Plattform: „Durch das Swipen und das anschließende Match oder Nicht-Match entsteht ein gewisser Nervenkitzel und eine Spannung, die die Nutzer*innen dazu verleitet, weiterzumachen.“

„Durch das Swipen und das anschließende Match oder Nicht-Match entsteht Nervenkitzel und Spannung, die dazu verleitet, weiterzumachen.“

Marie-Josephine Ludewig

Das ist im Sinne der Dating-Apps, denn: Eine längere Nutzung der Apps kann dazu führen, dass Singles Geld auf den Plattformen ausgeben.

Wie verdienen Dating-Apps Geld?

Das Geschäftsmodell der Dating-Plattformen setze sich aus einer Kombination von Abonnementgebühren, Werbung und Zusatzleistungen zusammen, so Wirtschaftsexpertin Vanessa Haselhoff. 


In den meisten Fällen, wie bei Tinder, Bumble oder Hinge, ist das Nutzen der App kostenlos. Die Apps werben jedoch mit Abonnements, die Zusatzfunktionen bereithalten. Mit Tinder Platin kann man beispielsweise unbegrenzt nach rechts wischen oder in anderen Städten swipen, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Das Platin-Abonnement kostet bis zu 32,99 Euro im Monat, abhängig vom Alter. 

Alternativ zum Abonnement kann auf einzelne Premiumfunktionen zurückgegriffen werden. Ein „SuperSwipe” bei Bumble zeigt ein besonderes Interesse an dem angezeigten Gegenüber und kann die Chancen auf ein Match erhöhen. Kostenpunkt für ein „SuperSwipe” ist etwas weniger als ein Euro. Eine andere Variante ist das Bumble-„Spotlight“: Für 1,67 Euro wird die nutzende Person anderen Leuten auf der Plattform vermehrt angezeigt.

„Man sollte nicht übersehen, dass Dating-Apps einen positiven Einfluss auf das Leben vieler Menschen haben.“

Marie-Josephine Ludewig

Zusätzlich zu den Abonnement- und Premiumgebühren verdienen Dating-Apps wie auch Plattformen anderer Branchen Geld durch Werbeeinblendungen. Zielgruppenorientierte Werbung kann zwischen den Swipes platziert werden, um die Nutzererfahrung nicht zu stören. Darüber hinaus würden Dating-Plattformen auch alternative Einnahmequellen wie den Verkauf von Daten an Dritte nutzen können, erklärt Haselhoff.

Tinder bietet Abo-Modelle in verschiedenen Stufen an.
Einzelne Premium-Funktionen können zusätzlich von Nutzenden erworben werden.
Wie auch auf anderen Plattformen, können Werbetreibende gezielt Anzeigen auf den Apps platzieren.

Wollen Dating-Apps wirklich verlieben?

Dating-Apps sind von ihren Nutzer*innen abhängig. Es sei daher wichtig, sich bewusst zu machen, dass Mechanismen wie das Prinzip der variablen Belohnung und der Gamification bewusst eingesetzt werden würden, um die Nutzerbindung zu erhöhen, so Ludewig. Doch auch erfolgreiche Beziehungen sind Teil des Geschäftsmodells, obwohl sich dadurch Menschen von der Plattform verabschieden. „Man sollte nicht übersehen, dass Dating-Apps auch einen positiven Einfluss auf das Leben vieler Menschen haben“, erklärt die ehemalige Mitarbeiterin weiter.

Durch die erfolgreich entstandenen Beziehungen wird das Image rund um Dating-Services gestärkt und neue Singles werden ermutigt, sich ebenfalls auf Dating-Plattformen anzumelden. Dadurch werden immer mehr Abonnements abgeschlossen, Premiumfunktionen gekauft und Werbung geschaltet, was zu einem anhaltenden Anstieg des Umsatzes führt.


Eines steht fest: Dating-Apps können Menschen helfen, die große Liebe zu finden. Abo-Modelle und Premiumfunktionen unterstützen bei der Suche. Diese erhöhen die Chance auf Matches, sind aber außerhalb der kostenfreien Nutzung der Apps. Es ist schwer zu sagen, ob der Erwerb dieser Funktionen die Erfolgsrate verbessert. Der Preis hinter dem Verlieben lässt sich demnach nicht festmachen. Verkauft wird hier lediglich die Hoffnung auf das Traum-Match.