Geschlechterrollen 2 Minuten

Warum Verhütung Frauensache bleibt

Männlichkeits- und Weiblichkeitszeichen aus Pillen auf glitzerndem Untergrund.
Sind Pillen für beide Geschlechter die Lösung? | Quelle: Mara Remmlinger
15. Febr. 2024

“Und wie verhütet ihr?” Eine Frage, die im weiblichen Kreis oft gestellt wird. Die Antworten fallen unterschiedlich aus, und doch haben sie meist eine Gemeinsamkeit. Julia nimmt die Pille, Duygu hat die Hormonspirale und Luna nutzt die Temperatur-Methode. Na? Richtig, die Frauen.

An die Pille zu kommen ist nicht schwer. Oftmals wird das kleine Wundermittel ohne Untersuchung und bereits im jungen Alter verschrieben. Denn: Verhütung, das ist doch Frauensache. Hormone in den Körper zu pumpen, auch wenn das Konsequenzen hat, egal. Klar, es gibt auch das gute, alte Kondom, aber so richtig gerne scheinen es die Männer auch nicht zu mögen. Frauensache, also. 

Zugegeben: Gerade kümmert sich das weibliche Geschlecht doch so hervorragend um das Thema, warum sollte man sich da als Mann überhaupt Gedanken machen? Doch wieso müssen sich hauptsächlich Frauen mit dem Verhütungsthema auseinandersetzen? Denn dazu gehören doch eigentlich zwei. Damit sich etwas ändert, müssen auch Männer sich mit dem Thema auseinandersetzen. 

Die Pille. Sie ist eine kleine Revolution für die Frau, als sie im Jahr 1960 erscheint, und vor allem ein Zeichen für die Emanzipation. Zunächst als Mittel gegen Menstruationsbeschwerden gedacht, mausert sie sich schnell zum IT-Piece der sexuellen Befreiung. Noch in 2015 verhütet in Deutschland knapp jede zweite Frau mit der Antibabypille. Doch die Zahlen sinken mittlerweile. Eine Studie der Techniker Krankenkasse zeigt auf, dass der Trend der Pille rückgängig ist. Waren es 2015 noch knapp 67 bzw. 72 % der 18- und 19-Jährigen TK-Versicherten, so sind es 2020 nur noch 50 bzw. 53 %.

Warum ist das so? Die kleine Wunderpille hilft zwar erfolgreich gegen eine ungewollte Schwangerschaft, birgt jedoch einige ernstzunehmende Risiken. Thrombose-, Bluthochdruck- und Brustkrebsrisiko, ahoi! Zudem gibt es aber auch kleinere Nebenwirkungen, wie beispielsweise Gewichtszunahme, Depressionen und sexuelle Unlust. Die hormonelle Einwirkung im Körper bleibt nicht unbemerkt und steuert den Körper und Geist über Jahre hinweg. Dabei soll die Pille hier gar nicht schlecht geredet werden. Sie schützt mit einem Pearl-Index von 0,5–0,9 meist erfolgreich und kann für viele Frauen eine gute Verhütungsmethode sein, gerade wenn man einen Blick auf die wenigen hormonfreien Alternativen wirft.

Diese sind entweder unhandlich (Vaginalring, Diaphragma), verstärken Menstruationsbeschwerden (Kupferspirale) oder schlichtweg unsicher (Natürliche-Familien-Planung via Temperaturmessung). Im Einzelnen sind diese Methoden auf keinen Fall schlecht, scheinen jedoch nicht für die breite Masse geeignet. Moment, da fehlt doch was? Stimmt, das gute, alte Präservativ. Eine Alternative, absolut, aber doch auch recht unsicher. Der Pearl-Index liegt nämlich zwischen 2 und 12. Das liegt nicht am Schutz des Kondoms an sich, sondern an der Anwendung und vor allem den Fehlern, die dabei passieren können.

Wo bleibt aber die Alternative für den Mann? Die Entwicklung für die Pille für den Mann wurde 2011 wieder eingestellt - obwohl sie effektiv war! Grund dafür: erhebliche Nebenwirkungen wie etwa depressive Verstimmungen. Hoppla, das kommt uns doch bekannt vor? Frauen müssen da wohl einfach durch. 

Einen Lichtblick gibt es jedoch: An Alternativen für das männliche Geschlecht wird weiter geforscht, wenn auch mit wenig Budget. Neu im Raum: Ein vielversprechendes Verhütungsgel mit dem Testosteron Nestoron, das die Spermienproduktion unterbinden soll. Bis dieses zugelassen werden könnte, kann es allerdings noch Jahre dauern. Bis dahin liegt die Verantwortung also weiterhin ganz selbstverständlich bei den Frauen.

Betrachten wir es mal rein logisch, so gehören zum Akt immer zwei Personen. Wie fair kann es also sein, dass die Verhütungsmethoden und ihre Nebenwirkungen auf das weibliche Geschlecht abgewickelt werden? Die Antwort ist klar: Fair ist es nicht. Ändern wird es sich aber leider auch nicht - zumindest nicht in der näheren Zukunft. Forschungen stimmen positiv, sind aber mit langen Wartezeiten verbunden. Helfen könnte hier natürlich die Politik, wenn sie denn wöllte. Denn wäre die Hürde der Bürokratie erstmal aus dem Weg geschafft, könnte schneller und effektiver an Alternativen gearbeitet werden. Und dann bleibt doch auch noch das große Umdenken in der Gesellschaft aus: Denn erst wer sich mit dem Thema auseinandersetzt, wird zu dem Schluss kommen, dass Verhütung auch Männersache sein sollte.