Selbstversuch

Blackout - Wenn der Strom plötzlich weg ist

Bei einem Stromausfall steht man erst mal im Dunklen.
22. Jan. 2023
Wer in den letzten Monaten öfter mal die Nachrichten verfolgt hat, der ist sicher schon auf das Thema Blackout gestoßen. Aber was würde das für jeden Einzelnen bedeuten? Mit meinem Versuch, 9 Stunden ohne Strom zu leben, gehe ich dieser Frage auf den Grund.

Elektrizität und die damit betriebenen Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine, Mikrowelle und Computer sind in unserem täglichen Leben so präsent, dass wir uns ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen können. Im Gegenteil, oft nehmen wir nicht einmal mehr wahr, was alles in unseren Wohnungen durch Elektrizität betrieben wird. Erst bei einem Stromausfall wird uns bewusst, wie sehr wir auf unsere Vielzahl an elektronischen Helfern angewiesen sind. Um mir selbst diesen Umstand deutlich bewusst zu machen, beginne ich einen Selbstversuch und frage mich: Welche Herausforderungen begegnen mir, wenn ich 9h lang auf Elektrizität verzichte.

Um einen Blackout so realitätsnah wie möglich zu simulieren, schalte ich die Heizung in meiner Wohnung einige Stunden vor dem Selbstversuch aus. Außerdem werden im Schlaf- sowie Wohnzimmer jeweils die Sicherungen ausgeschaltet. Lediglich in der Küche verzichte ich darauf, da ich den Kühlschrank aus naheliegenden Gründen nicht einfach ausschalten kann. Um das Ganze trotzdem so realistisch wie nur irgendwie möglich zu halten, werde ich während des Selbstversuchs keine gekühlten Lebensmittel konsumieren und auf die Nutzung von Herd, Toaster, Mikrowelle etc. verzichten. Außerdem werden sämtliche Geräte wie Tablets, Smartphones und Computer vom WLAN getrennt.

Bevor der Selbstversuch starten kann, müssen einige Vorbereitungen getroffen werden.

Es ist der Abend vor dem Selbstversuch. Ich drehe in der ganzen Wohnung die Heizkörper aus und schalte die Sicherungen im Sicherungskasten aus, bevor ich schlafen gehe.

Der nächste Morgen

Mein Selbstversuch startet am Samstagmorgen. Es ist 9 Uhr, als ich aufwache, draußen ist es bereits hell. Als ich kurz darauf aus dem Bett aufstehe und ins Bad gehe, fällt mir auf, wie frisch es geworden ist. Die kalten Heizkörper machen sich definitiv bemerkbar als ich auf den kalten Badezimmer-Fliesen stehe, die sonst von der Fußbodenheizung erwärmt werden. Da im Fall eines Stromausfalls auch kein fließendes Wasser mehr bereitsteht, kommt das Wasser für das Zähneputzen und zum Waschen heute aus einer Flasche Mineralwasser. Das kommt einem zwar im ersten Moment etwas komisch vor, aber eigentlich ist der Unterschied zwischen stillem Mineralwasser und Leitungswasser nicht so groß.
Etwas später stehe ich dann in der Küche und will mir mein Frühstück richten, als mir zum ersten Mal bewusst wird, wie sehr meine Essgewohnheiten von Elektrizität abhängen. Ohne Herd und Toaster fällt mein Frühstück deutlich bescheidener aus und so sitze ich kurz darauf am Tisch und vor mir nichts weiter als ein kaltes Toastbrot mit Margarine und Honig.

Nach diesem doch überraschend kargen Frühstück setze ich mich an meinen Schreibtisch, um ein paar Sachen für mein Studium zu erledigen. Als ich mein MacBook starte, fällt mein erster Blick auf die Akku-Anzeige. 46% verbleibende Akkukapazität, das ist nicht sonderlich viel, aber damit werde ich heute wohl auskommen müssen. Schnell wird mir jedoch klar, dass der Strom nicht mein einziges Problem ist. Ohne Internet funktioniert der Zugriff auf bestimmte Programme und Cloud-Dienste natürlich nicht. Und das bedeutet, dass ich die Aufgaben, die ich mir eigentlich vorgenommen hatte, nicht erledigen kann. Letzten Endes bleibt mir nichts anderes übrig, als die Vorlesungen der Woche noch einmal anhand der Skripte, die ich zum Glück aus Gewohnheit immer lokal speichere, nachzuarbeiten. Das funktioniert auch überraschend gut und während ich mich in meine Arbeit vertiefe, vergeht die Zeit wie im Flug.

Gegen 12 Uhr beschließe ich dann, es erst mal mit der Arbeit sein zu lassen und mache mich auf den Weg in die Küche, auf der Suche nach etwas, das ich hoffentlich in ein halbwegs schmackhaftes Mittagessen verwandeln kann. Da der Kühlschrank für mich tabu ist, gehe ich direkt zum Vorratsschrank und beginne mich einmal komplett von vorne nach hinten durchzuarbeiten. Zu meiner Ernüchterung stelle ich aber schnell fest, dass es so gut wie nichts gibt, für das ich nicht zumindest kochendes Wasser benötigen würde. Aber dann finde ich im hinteren Bereich des Schranks noch eine Suppenkonserve. Dies stellt sich auf den zweiten Blick als Volltreffer heraus, da diese Suppe nur erwärmt, aber nicht gekocht werden muss. Ich könnte sie wahrscheinlich sogar kalt essen, aber durch die immer weiter auskühlende Wohnung und dem eher kargen Frühstück heute morgen, wäre mir eine warme Mahlzeit doch lieber. Da der Herd logischerweise nicht funktioniert, beschließe ich etwas zu experimentieren und kurze Zeit später steht ein kleiner Topf mit Suppe über einer Hand voll brennender Teelichter. Es dauert lange, aber nach etwa einer halben Stunde ist die Suppe im Topf zumindest lauwarm, was mir in meiner Situation tatsächlich schon ausreicht.

Nach dem Essen  setze ich mich wieder an meinen Schreibtisch um weiterzuarbeiten, aber nach kurzer Zeit um 13 Uhr, beschließe ich, die Arbeit für die Uni sein zu lassen, da ich ohne Internet kaum produktiv sein kann. Ein Blick aufs Thermometer verrät mir außerdem, dass die Temperatur in der Wohnung inzwischen auf 17 Grad gefallen ist. Ich beginne deshalb, mir eine zusätzliche Schicht Kleidung anzuziehen, ehe ich mich mit einem Buch auf das Sofa verziehe. Das Lesen ist tatsächlich eine schöne Ablenkung und so vergeht die nächste Stunde wie im Flug. Allerdings merke ich dann langsam, wie mir trotz der vielen Kleidung doch etwas kühl wird, insbesondere an den Händen und den Füßen. Eigentlich kein Wunder, es ist Dezember und die Heizung in der Wohnung ist seit dem vorherigen Abend aus. Ich versuche also, mich etwas zu bewegen, um den Körper aufzuwärmen. Als ich dann ziellos durch die Wohnung laufe, wird mir das erste Mal richtig bewusst, wie abhängig ich eigentlich von elektrischen Geräten bin. Nach einer Viertelstunde in der ich ziellos durch meine Wohnung gelaufen bin, ist mir wenigstens wieder halbwegs warm und ich überlege, mein Buch weiterzulesen. Allerdings ist es schon kurz nach 15 Uhr und die Dämmerung setzt bereits ein. Auf einmal wird mir bewusst, dass ich ohne Elektrizität in spätestens einer Stunde im Dunklen sitzen werde. Ich beginne die Schränke im Wohnzimmer zu durchwühlen und nach ein paar Minuten habe ich eine bunte Sammlung an Kerzen sowie eine kleine Taschenlampe zusammengesucht. Nachdem ich die Kerzen überall im Wohnzimmer verteilt habe, sorgen diese tatsächlich für ein klein wenig Licht, während ich mich mit meinem Buch wieder auf das Sofa begebe. So vergehen die nächsten zwei Stunden tatsächlich recht schnell, lediglich unterbrochen von einem Moment in dem ich noch ein paar Decken und Kissen aus dem Schrank hole.

Es ist inzwischen 17:30 und ich bin nur noch eine halbe Stunde von dem Ende meines Selbstversuchs entfernt. Deshalb beschließe ich mir noch ein Abendessen in der Zwischenzeit zu machen. Meine Wahl fällt dabei wieder auf ein paar Scheiben Toastbrot. Da mein kleines Kochexperiment vom Mittag halbwegs gut funktioniert hat, versuche ich nun, die Scheibe Toastbrot über einer Kerzenflamme etwas zu rösten. Es ist ziemlich umständlich und definitiv auch nicht annähernd mit einem modernen Toaster zu vergleichen, aber nach einer gewissen Zeit habe ich tatsächlich eine mehr oder weniger kross getoastete Scheibe Brot auf meinem Teller. Nach dem Abendessen ist es dann aber auch an der Zeit, den Selbstversuch zu beenden und den Strom wieder einzuschalten. Als ich kurz darauf das Licht wieder einschalte fühle ich mich irgendwie erleichtert, und als ich den Heizkörper im Wohnzimmer aufdrehe, spüre ich wie meine Laune immer besser wird.

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Der Tag danach

Ich sitze am Küchentisch und genieße etwas elektrischen Luxus in Form einer Tasse heißen Kaffees. Dabei lese ich in einer Broschüre des Bundesamts für Bevölkerungsschutz zum Thema Katastrophen und Notfallvorsorge. Dort geht es neben diversen anderen Katastrophenszenarien auch um das Thema Stromausfall. Es gibt auch eine beigefügte Checkliste, auf der eine Reihe von nützlichen Dingen aufgeführt sind. Ein paar Dinge, wie zum Beispiel Kerzen, Teelichter und Streichhölzer, hatte ich tatsächlich zur Verfügung. Andere wiederum, wie zum Beispiel ein kleiner, mit Gas betriebener Campingkocher, hätten mir die Zeit während meines Selbstversuchs deutlich einfacher gemacht.
Dieses Experiment war auf jeden Fall eine besondere Erfahrung für mich. Mir wurde dadurch bewusst wie unglaublich abhängig unsere Gesellschaft, aber auch jedes Individuum von Elektrizität ist und welche Schwierigkeiten wie z.B. die Essenszubereitung auftreten können, wenn diese mit einem Schlag nicht mehr zur Verfügung steht. Nach meinem Selbstversuch kann ich jedenfalls sagen, dass  es definitiv kein Fehler ist wenn man ein paar grundsätzliche Dinge wie Kerzen, Streichhölzer und leicht zubereitbare, bzw. kalt essbare Lebensmittel auf Vorrat zu Hause hat. Denn auch wenn die schlimmstmöglichen Szenarien nicht eintreten, kann man auch anderweitig in so eine Situation geraten. So erging es Beispielsweise den Berlinern im Jahr 2019 im Stadtteil Köpenick als bei Bauarbeiten, mehrere Kabel beschädigt wurden, was einen 31-stündigen Stromausfall zur Folge hatte. Und wenn mir der Selbstversuch eines gezeigt hat, dann das es besser ist immer vorbereitet zu sein, auch wenn der Ernstfall nicht eintritt.