Integration 7 Minuten

Zwischen Hoffnung und Herausforderung

Josef sitzt vor dem Schloss in Ludwigsburg.
Josef nimmt sich Zeit die Region kennenzulernen, in der er nun leben wird. | Quelle: Josef Alhabal
11. Dez. 2023

Josef ist mit der Flüchtlingswelle 2016 nach Deutschland gekommen. Mit viel Fleiß und einem klaren Ziel hat er hier in Deutschland Fuß fassen können. Von Sammelunterkünften bis zur eigenen Wohnung hat er viel erlebt.

Nachdem Josef 2012 nach Ägypten geflohen ist, konnte sich Josef im Januar 2016 endlich in Richtung Europa aufmachen. Zuerst ging es für den gebürtigen Syrer mit dem Flugzeug in die Türkei und von dort aus mit einem Schlauchboot nach Griechenland. Weiter mit Bussen, Zügen oder zu Fuß, machten sich Josef und andere Schutzsuchende auf den Weg nach Mitteleuropa.

Eine Geschichte wie diese ist nicht gerade selten. Um nach Deutschland zu gelangen, riskieren jährlich viele Menschen ihr Leben, immer mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Es gibt viele unterschiedliche Gründe, zum Beispiel politische Verfolgung, Kriege oder wirtschaftliche Unsicherheit im eigenen Land. Laut einer Sonderauswertung der AZR-Daten, lebten zum Dezember 2022, 3,1 Millionen Schutzsuchende in Deutschland. Ihre Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1,14 Millionen Menschen.

Hauptstaatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2022

Ein Kuchendiagramm mit den Hauptstaatsangehörigkeiten aus dem Berichtsjahr 2022.
Syrien steht als Herkunft von vielen Geflüchtet an erster Stelle mit 32,6% Anteil aller Erstanträge. Josef ist daher kein Einzelfall.
Quelle: BAMF Aktuelle Zahlen 2022

Ankunft in Deutschland und was jetzt?

In Deutschland ist Josef direkt nach Meßstetten zur LEA (Landes Erstaufnahme) gegangen, wo er sich sechs Monate aufhielt. In dieser Zeit hat sich das Sozialamt um alle Kosten und Leistungen gekümmert. Dort gab es Ansprechpartner, die für ihn einen Termin zu seiner ersten und zweiten Anhörung organisierten. Den Beamten musste er Auskunft geben, wo er aufgewachsen ist, wie er nach Deutschland gekommen ist und warum er hier ist. Nach dieser Befragung wurde Josef dem Landkreis Ludwigsburg zugeteilt. Dort wurde ihm auch sein Asylantrag vom Bundesamt für Integration und Flüchtlinge in Karlsruhe bewilligt.

Die Kommunen in Deutschland haben viel mit Asylantragstellern zu tun, die sie vom Regierungspräsidium oder Landratsamt von Erstaufnahmestellen zugeteilt bekommen. „Unser Hauptjob ist, mit Landratsamt und anderen Stellen zu besprechen, wann und wo die zugeteilten Menschen hinkommen“, erzählt Jasmine Finckh von der Stabsstelle Integration des Rathauses Remseck. Rechtlich gesehen muss pro Person 4,5 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung gestellt werden. „Das ist bitter wenig“, sagt sie bestürzt. Grund dafür sei, dass es mittlerweile keine freien Wohnungen mehr gebe und daher die Unterbringung in Sporthallen unumgänglich sei. Bis vor kurzer Zeit seien es noch 7,5 Quadratmeter pro Person gewesen.

Für Josef ging es dann für elf Monate nach Möglingen und anschließend für neun Monate nach Ingersheim in eine Sammelunterkunft. Nach Bewilligung des Asylantrags konnte sich Josef bei der Bundesagentur für Arbeit melden, welche ab jetzt für ihn zuständig war. Dort hat er sich für einen Deutschkurs eingeschrieben, den er zwei Monate später beginnen durfte. Um sich noch besser verständigen zu können, strebte Josef einen zusätzlichen Englischkurs an, der aber vom Arbeitsamt abgelehnt wurde. Diese Absage hielt ihn aber nicht auf. Durch einen Minijob hat er sich den Kurs selber finanziert.

Josefs Zimmer in der Unterkunft in Ingersheim.
So sehen die Zimmer in Sammelunterkünften aus. Dies war Josefs Zimmer in seiner Zeit in Ingersheim.
Quelle: Josef Alhabal

Mit Sprache kommt man weiter!

Geflüchtete Personen, die noch kein Deutsch beherrschen, müssen einen Sprachkurs besuchen. Dass die Teilnehmer gleichzeitig noch arbeiten, kommt selten vor. „Weil die Leute sagen, dann kann ich mich besser auf das Deutschlernen konzentrieren. Das halte ich für Blödsinn“, erklärt Finckh. Nebenbei einen Job zu haben, trägt zur Integration bei und verbessert die Deutschkenntnisse. Denn ein Sprachkurs hat im Schnitt 25 Teilnehmer. Dabei können die Menschen nicht individuell genug betreut werden, was zu einem geringen Redeanteil während der Unterrichtsstunde führt. 

Um Deutsch besser lernen zu können, hat sich Josef immer bemüht, soziale Kontakte zu pflegen, indem er sich bei einem Kaffee mit anderen unterhalten hat oder bei einem Grillabend dabei war. Er nutzte jede Chance, um Deutsch praktizieren zu können. Was ihm außerdem erheblich geholfen hat, ist, dass er andere unterstützt hat. Da ihm der bürokratische Teil wenig Probleme bereitete, hat er den anderen Menschen mit ihren Anträgen, Formularen und Briefen weitergeholfen.

„Das A und O ist die Sprache zu lernen. Außerdem muss man sich ein Ziel setzen und sich nicht ablenken lassen."

Josef Alhabal

Auch die Kommunen helfen Geflüchteten bei der deutschen Bürokratie. Dabei arbeiten sie eng mit Bürgerinitiativen zusammen, wie zum Beispiel dem AK-Asyl Remseck. Dort gibt es ehrenamtliche Helfer, sowie Sozialarbeiter, die soziale Events organisieren, aber auch bei Bewerbungsmappen helfen. Eine der Aufgaben von Jasmine Finckh und ihren Kolleg*innen ist es, bei Arbeitgebern anzurufen und Arbeitsstellen zu vermitteln. Oft hieß es dann von Arbeitgeberseite, dass „ derjenige Deutsch verstehen soll. Da muss man oft um Verständnis werben“, sagt Finckh.

Ein Jahr nach seiner Ankunft im Kreis Ludwigsburg war Josef sprachlich fit genug für das richtige Arbeitsleben. So bewarb er sich um eine Ausbildung als Medientechnologe im Digital-Druck bei einer Druckerei in Waiblingen. Er hatte Erfolg und konnte dort wenig später seine Lehre anfangen. Der neue Beruf hatte leider einen Umzug zur Folge. Trotz diverser Ansprechpartner in Ingersheim, hat sich Josef selbst, mit ein wenig Unterstützung seiner privaten Kontakte, um eine Wohnung in Hegnach gekümmert. In dieser Wohnung lebt er noch bis heute.

Um den Inhalt anzuzeigen müssen Sie zuvor der Nutzung von Marketing Cookies zustimmen.
Quelle: Josef Alhabal und Elanders Print & Packaging

Josef erzählt außerdem, dass es auch ganz andere Fälle gibt. Viele hätten kein großes Interesse, die Sprache zu erlernen und brechen den Sprachkurs oft ab. „Ich finde es schade, weil wir (das syrische Volk) überall auf der Welt verteilt sind“, erzählt Josef ein wenig geknickt. Viele seiner Landsleute in anderen Ländern würden nicht so viel Unterstützung erfahren wie in Deutschland. „Sie haben es richtig schwer und werden nicht unterstützt. Es gibt keine Sprachschule oder irgendwas. Sie mussten dann auf die Straße gehen und die Sprache einfach von den Leuten irgendwie mitbekommen."

Heute ist Josef deutscher Staatsbürger. Er ist zudem in der Druckerei fest angestellt und wohnt allein in seiner Wohnung in Waiblingen Hegnach. Er hat sich an das Leben in Deutschland gewöhnt und braucht keine Hilfe mehr. Er kann aber Hilfe für Geflüchtete leisten, indem er ab und zu als Dolmetscher aushilft. Auf die Frage, was er anderen Geflüchteten in Deutschland mitgeben möchte, antwortet er, „Das A und O ist, die Sprache zu lernen. Außerdem muss man sich ein Ziel setzen und sich nicht ablenken lassen."