Von Rehabilitation zum weltweiten Fitnessphänomen

Pilates – heute ist diese Methode vielen Menschen ein Begriff, vor allem in sozialen Medien. Die Pilates Methode ist eine Art des Trainings, bei der es nicht nur ums Bewegen geht. „Die Atmung, die Zentrierung, die Kontrolle, Konzentration, Präzision, der Bewegungsfluss. Das ist der Schlüssel.“, erklärt Stefanie Rahn, Vorsitzende des Deutschen Pilates Verbands.

Entstanden ist die Methode aber schon 1915, während des Ersten Weltkriegs, in einem Internierungslager in Großbritannien. Hier testete der deutsche Joseph Pilates die ersten Übungen mit Mitgefangenen, die die Grundlage bildeten.

Joseph Pilates wurde am 9.Dezember 1883 in Mönchengladbach geboren und ist der Erfinder der Methode. Diese wurde später nach ihm benannt. Sein Vater war Turner und seine Mutter Heilpraktikerin, wodurch er schon in Kindheitstagen viel Kontakt mit Bewegung hatte. Er selbst fand sich aber im Boxen wieder, weshalb er in seinen späten Zwanzigern nach Großbritannien zog, um seine Karriere weiter zu verfolgen. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, musste der Entwickler als „feindlicher Ausländer“ in ein Internierungslager auf die Isle of Man. Ein Internierungslager war ein Ort, an dem ausländische Zivilisten isoliert und der Freiheit entzogen wurden. In dem Lager auf der Isle of Man waren insgesamt über 30.000 Internierte. 

Im Lager hatte er viel Energie und erfand seine ersten Gymnastikübungen, welche er mit seinen Mitgefangenen trainierte. Hier soll er aus Krankenbetten und Bettfedern erste Geräte gebaut haben, um Kranke zu unterstützen. Die Grundlagen seiner Methode nahm er bei seiner Entlassung 1919 mit nach Deutschland.

Nach einer Reise in die USA zog der Deutsche 1926 nach New York City und eröffnete später an der 8th Avenue 939 ein Studio. Wann genau er sein Studio gründete, ist nicht belegt. In diesem Studio gab er neben dem Boxtraining auch Kurse mit seiner Methode. Diese fanden an seinen Körperübungsgeräten statt, welche er selbst baute. Tanzende waren eine der Ersten, die Gebrauch von der Methode machten. Sie erkannten den positiven Effekt der Methode schnell, denn durch das regelmäßige Training mit ihm konnten beispielsweise Verletzungen ohne Operationen behandelt werden.

Schnell verstand Joseph Pilates, was seine Trainingsmethode bewirken konnte, nämlich Verletzungen vorbeugen und die Rehabilitation nach Operationen. Im Versuch, dies populär zu machen, schrieb er Artikel und Briefe, um von seiner Methode zu erzählen. Er schrieb beispielsweise einen Brief an den damaligen Präsidenten John F. Kennedy, um auf sich aufmerksam zu machen. 1945 veröffentlichte er ein Buch mit Mattenübungen namens „Return to Life Through Contrology“. Auch mit Ärzt*innen traf er sich, um seine Methode vorzustellen. Obwohl sie von seiner Methode beeindruckt waren, lehnten sie diese ab. Grund dafür war, dass der Entwickler keine medizinischen Qualifikationen vorweisen konnte.

Ein zweites Studio wurde 1965 im Kaufhaus Bendel’s in New York City eröffnet. Er selbst bildete zwei Lehrende aus, die bis heute die einzigen von ihm Zertifizierten sind. Trotz seiner zwei Studios war der Erfinder mit dem Erfolg seiner Methode nicht zufrieden. „Er hätte gerne mehr Anerkennung, mehr Reichweite gehabt“, sagt Stefanie Rahn über die Unzufriedenheit von ihm. Das entnimmt sie aus den Biografien über ihn. Mit dieser Unzufriedenheit verstarb Joseph Pilates 1967 und konnte so den heutigen Erfolg nicht miterleben.

Die Methode wurde seit seinem Tod von seinen Schülern weltweit verbreitet. Doch der Durchbruch kam erst in den 1990ern, als Persönlichkeiten wie Madonna, Oprah oder in Deutschland Barbara Becker über die Pilates Methode sprachen. Dadurch bekam Pilates als Training viel neue Aufmerksamkeit, aber der Entwickler blieb vergessen.

Pilates hat heute in sozialen Medien viel Raum. Stars und Influencer*innen haben Pilates als ideales Training aus Fitness und Figur verstanden und dadurch die Popularität gesteigert. Durch das erhöhte Interesse entwickelte sich die Methode weiter. Neue Elemente wurden hinzugefügt und schwerer Übungen sind entstanden. Hier kann es zu Schwierigkeiten kommen, denn in Deutschland gibt es keine offizielle Ausbildung um Pilates-Trainer*in zu werden.

„Nehmen Sie auf jeden Fall einen zertifizierten Trainer. Und bitte nicht das erwarten, was Sie auf Instagram sehen“, rät Stefanie Rahn. Vorsicht ist also geboten. Nicht immer sind Content Creator*innen auf Social Media richtig ausgebildet und es besteht die Gefahr auf Verletzung. Wer also mit dem Pilates anfangen möchte, sollte sich vorher gut informieren und ein geeignetes Studio finden.

„Ich bin meiner Zeit 50 Jahre voraus!“, das sagte Joseph Pilates angeblich vor seinem Tod. Heute, über 50 Jahre nach seinem Tod, trifft die Aussage durchaus zu. Seine Methode wird heute weltweit von vielen Menschen ausgeübt und gelehrt.