Berufsleben

Von der Friseurin zur Jugendreferentin

Ihre kommunikative Art wirkte sich auch auf Noomis Berufswahl aus.
30. Juni 2021
Noomi arbeitet gerne mit Menschen. Sie kümmert sich als Jugendreferentin um die Jugendlichen in ihrer Kirchengemeinde in Stuttgart. Doch ursprünglich wollte sie Friseurin werden. Warum sie jetzt einen anderen Beruf hat und was ihre Arbeit ausmacht, erzählt sie im Interview.

Du bist gelernte Friseurin. Warum arbeitest du heute nicht mehr in dem Beruf?

Ich habe schon im ersten Lehrjahr eine Allergie bekommen gegen sämtliche Produkte. Da hat sich bei mir die Haut abgelöst. Obwohl das mein Lieblingsberuf bis dato war, hat mir dann die Berufsgenossenschaft und die Ärztekammer geraten, mich umzuschulen, weil sich die Allergie nicht gebessert hat. Ich habe dann damals gesagt: „Nein, ich will das noch zu Ende machen.“ Wenn ich etwas anfange, dann beende ich das auch. Aber grundsätzlich fand ich, dass der Friseurberuf ein ganz toller Beruf ist.

Warum hast du damals die Ausbildung als Friseurin begonnen? Welche Erwartungen hattest du?

Kunst und Haare haben mich schon immer voll fasziniert. Das war immer eine Leidenschaft und ein Hobby von mir. Ich glaube, ich hatte die Erwartung, dass wenn ich mit dem arbeite, was ich liebe, dass mich das auch erfüllt. In Kombination mit der Arbeit am Menschen war das natürlich toll. Von daher war meine Erwartung, dass ich dann sagen kann: „Ja, das ist mein Traumberuf.“

Wie bist du dann zur Jugendarbeit gekommen?

Während meiner Ausbildung zur Friseurin habe ich mit der Jugendarbeit angefangen. Dann war ich gezwungen, nach meiner Ausbildung eine Umschulung zu machen. Dadurch, dass ich meine Ausbildung auch beendet hatte, war ich berechtigt, zum CVJM-Kolleg in Kassel zu gehen. Dort konnte ich dann meine Weiterbildung zur Jugendreferentin absolvieren. Das wurde als Umschulung angerechnet. Das war aber nur möglich, weil ich die andere Ausbildung abgeschlossen und durch meine Allergie als berufsunfähig gegolten hatte.

Anmerkung:
Das CVJM-Kolleg ist eine Fachschule für Sozialpädagogik und eine Ausbildungsstätte des Christlichen Vereins Junger Menschen, kurz CVJM.

Wie lange hat deine Umschulung gedauert?

Insgesamt fünf Jahre. Ich musste erstmal ein Vorpraktikum machen. Das mussten früher alle Erzieher*innen. Dann drei Jahre Theorie. Das war wie ein Studium in Sozialpädagogik und Theologie aufgebaut. Nach den drei Theoriejahren in Kassel habe ich nochmal ein Anerkennungsjahr, also ein Praktikantenjahr zur Berufsanerkennung, absolviert.

Hattest du Erwartungen an den Beruf Jugendreferent*in? Und wurden die erfüllt?

Klar, ich hatte definitiv Erwartungen. Ich habe schon irgendwie damit gerechnet, dass ich mein Hobby, mit Menschen oder Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, zum Beruf mache und dass das auch ein Hobby bleibt. Diese Erwartung hat sich jetzt nicht gerade erfüllt. Ich glaube alles, was man als Hobby macht, ist im Beruf nochmal ganz anders. Man muss sich dann ein neues Hobby suchen. (lacht)

Was sind deine liebsten Aufgaben?

Eine super Aufgabe ist, Menschen begleiten zu können und die nehmen etwas für sich mit, gerade bei Schulungen. Ganz grundsätzlich die Beziehungsarbeit mit Jugendlichen, die zu begleiten. Und alles, wo ich kreativ weiterdenken kann, auch ein Stück weit Kirche voranbringen kann. Also neue Konzepte und Veranstaltungen zu entwickeln. Zu schauen, was Jugendliche fasziniert, wie man auf sie eingehen kann oder wie man für sie da sein kann. Das sind schon Themenfelder, die mich faszinieren.

Gibt es auch Dinge, die du nicht so gerne machst?

(lacht) Ja, der ganze Verwaltungskram und der ganze Papierkram, der da dazugehört. Das wird immer mehr durch Datenschutzverordnungen. Das ist ja auch alles total wichtig, aber das macht mir nicht so viel Spaß.

Typische Aufgaben in einer Stellenausschreibung:

  • Kinder- und Jugendgruppen betreuen
  • Konfirmandenunterricht leiten oder mitbegleiten
  • Kinder- und Jugendfreizeiten organisieren und betreuen
  • Konzept für Kindergottesdienst (weiter-) entwickeln
  • Jugendgottesdienste halten

Was war für dich das schönste Erlebnis in deinem Berufsleben?

(lacht) Ich glaube, das war eine Situation, die schon sehr lange her ist. Da habe ich mal einen jungen Mann nach Jahren wiedergetroffen. In seiner Jugendgruppe, die ich damals mitgeleitet habe, da haben wir wohl mal das Thema Annahme und Vielfalt gehabt. Er hat sich so angesprochen gefühlt, weil er damals ein Mensch war, der sehr viel angeeckt ist. Er hat gesagt, dieser eine Moment, diese eine Gruppenstunde, hat ein Stück weit dazu beigetragen, dass er seine ganze Sichtweise auf sich selbst und auch auf andere geändert hat. Plötzlich konnte er viel besser mit anderen kommunizieren, sich selbst auch viel besser verstehen. Das hat dann auch seine ganze berufliche Laufbahn verändert. Als ich ihn wiedergetroffen habe, war das schon mindestens acht Jahre her. Dass es für ihn damals in der Jugendgruppe so ein Aha-Erlebnis war, das hat mich sehr berührt.

Hast du eine berufliche Entscheidung schon mal bereut?

Ja, schon. Ich habe mal in einem Bereich gearbeitet, wo ich nicht der Typ für war. Das war in der Jugendhilfe. Da habe ich in einem Heim gearbeitet mit Schichtdienst. Das hat meinen ganzen Schlafrhythmus durcheinandergebracht. Ich bin kein Typ Mensch, der Nachtschichten gut erträgt. Es gibt ja Menschen, die da super mit klarkommen und total tiefenentspannt schlafen können, auch wenn nebendran in der Jugendgruppe der Punk abgeht. Ich bin da nicht so. Ich mache mir da glaube ich zu viele Gedanken. Es ist aber nicht so, dass ich die Arbeit nicht toll finde. Es ist eine sehr wertschätzende Arbeit. Aber ich bräuchte dann ein Zweischichtsystem oder so.

Was macht für dich den Job eines*einer Jugendreferent*in aus?

(lacht) Ich glaube, Vielfalt ist so ein bisschen das, was es ausmacht. Im Moment habe ich eine Teilstelle, bin also 50 Prozent für Jugendliche und 50 Prozent für Senior*innen zuständig. Egal, in welche Stelle du als Jugendreferent*in kommst, du hast immer ganz viele individuelle Arbeitsbereiche und mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun. Das ist einerseits natürlich herausfordernd, andererseits auch sehr gewinnbringend. Man kann dadurch so viel lernen, mitnehmen und weitergeben.

Was gibst du denn gerne weiter, vor allem an die Jugendlichen?

Das sind viele Sachen. Erstens, dass man an sich selbst glaubt und sich nicht mit anderen vergleicht. Diesen Wert von der Einmaligkeit zu vermitteln, das ist mir voll wichtig. Mir ist es super wichtig, dass Jugendliche in ihrer Persönlichkeit heranreifen, wachsen und so auch mehr Selbstvertrauen zu sich selbst bekommen. Das ist auch eins meiner ganz großen Steckenpferde. Ich arbeite bei der Kirche, natürlich gebe ich auch meinen Glauben weiter.

Wie sieht dein weiterer beruflicher Werdegang aus?

Erstmal bleibe ich natürlich bei der Evangelischen Jugend hier in Stuttgart. Aber man weiß ja nie, wo es einen mal hinführt. Ich kann mir vieles vorstellen. Aktuell mache ich nebenher eine Weiterbildung zur Systemischen Beraterin. Ich kann mir auch vorstellen, mich dahingehend nochmal zu spezialisieren, andere in ihrem Leben zu beraten, oder beratend tätig zu sein. Aber das wird man sehen. Jetzt habe ich gerade erst den Job gewechselt und habe da eine neue Hürde gewagt. Ich arbeite jetzt nicht mehr nur mit Jugendlichen, sondern auch mit Senior*innen. Auch da gibt es sehr viele Möglichkeiten in der Zukunft, was man machen kann.