Humor in der Krise

Satire ist, wenn man trotzdem lacht

Am Thema Krieg haben alle zu beißen.
12. Mai 2022
Bomben schlagen ein, die Witze darüber weniger – die Welt ist in Aufruhr. In den letzten Monaten wurde viel geboten, was zum Mitdenken und Mitfühlen anregt. Aber nicht jede*r hat dabei Lust auf Humor. Ein Kommentar zur Relevanz von Satire.

Als am 24. Februar 2022 die ersten Explosionen aus Charkiw und anderen ukrainischen Städten vermeldet wurden, änderte sich die Einstellung vieler Menschen wortwörtlich auf einen Schlag. Bewaffnete Truppen, Militär und Milizen bekämpfen sich nur einige hundert Kilometer entfernt und stehen damit näher vor unserer Tür, als wir das normalerweise gewohnt sind. Da kann einem schon mal das Lachen im Hals stecken bleiben.

Stell dir vor, es ist Krieg …

Wahrscheinlich haben die meisten von uns über Social Media vom Krieg in der Ukraine erfahren. Auf unseren Instagram-Feeds gab es auf einmal kein anderes Thema mehr und auch Stories waren gefüllt mit Anteilnahme und Solidarität. Diese geballte Menge an Eindrücken löste Unbehagen bei mir aus und irgendwie auch Hilflosigkeit.

Social Media kann gerade in diesen Zeiten auch mehr Fluch als ein Segen sein - denn durch die große Informationsflut verliert man schnell den Überblick. Vielleicht hat sich die ein oder andere Person in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn beim "Doomscrolling" erwischt. Aus Gewohnheit und passiv konsumiert man dabei negative Nachrichten wie am Fließband.

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… und niemand sieht hin!

Diese Welle an Informationen erdrückt einen. Um Abstand von der allgemeinen Belastung zu nehmen, bietet es sich an, die Informationen über Satire zu konsumieren. Dabei ist es verständlich, wenn man momentan nicht wirklich Lust auf Humor hat. Doch bei Satire geht es nicht um verletzende Pointen auf Kosten anderer – gute Satire ist gezielte Provokation. Als Kunstform übt sie Kritik an Ereignissen, prangert Zustände an und unterhält durch Ironie und Übertreibung.

Dass Satire selbst in Zeiten wie diesen möglich und vor allem nötig ist, betont auch Oliver Welke, Satiriker und Moderator der heute-show. Laut ihm geht es darum, in Krisenzeiten „den richtigen Ton zu treffen, möglichst ohne dabei zu verkrampfen“. So werden beispielsweise in der heute-show neben der Ukrainekrise „parallel trotzdem weiter andere Nachrichten, die ebenfalls Aufmerksamkeit verdienen“ gezeigt.

„Satire-Shows sind erstmal grundsätzlich keine Nachrichten, sondern Zweitverwerter der Arbeit echter Journalisten.“

Oliver Welke

Mit rund zwei Millionen Abonnent*innen hat die heute-show auf Instagram fast doppelt so viele wie das Nachrichtenpendant ZDFheute. Dennoch sollte Satire nicht die alleinige Informationsquelle sein. Auch Welke gibt zu bedenken, dass „Satire-Shows erstmal keine Nachrichten sind, sondern Zweitverwerter der Arbeit echter Journalisten“. Und so ist Information zwar ein essenzieller Teil von Satire – doch die wirkliche Freude an Satire entsteht erst, wenn man sich vorher schon mal woanders über die Nachrichtenlage informiert hat.

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Erfahre, wer hinter den Aufregern steckt, indem du jeweils auf das Plus-Symbol klickst. | Quelle: Sebastian Stuis

Doch im Gegensatz zu herkömmlichen Nachrichten drückt Satire auch Gefühle aus, denn Satiriker*innen sind nicht anders als Mitmenschen in derselben Situation. Gut zu sehen war das in der Sendung ZDF Magazin Royale Anfang März. Gleich zum Beginn stellte Jan Böhmermann klar, dass auch sein Team und er von der Situation überfordert waren und nicht gleich wussten, wie sie damit umgehen sollten. Natürlich solle man nicht über alles Witze machen, merkte auch Böhmermann in der Sendung an, aber Humor und Lachen ist wichtig für das eigene Wohlbefinden.

Dabei gibt uns Satire die Chance, Zustände kritisch zu hinterfragen, ohne uns mit negativen Informationen zu überfluten. „Im günstigsten Fall schafft man es im Rahmen einer Satire-Sendung, Menschen an ein Thema heranzuführen, mit dem sie sich sonst vielleicht nie befasst hätten“, so Welke.

Als Art der Selbstfürsorge lässt sich Satire im Grunde gut mit einem Leichenschmaus vergleichen: So ändert beides nichts an der eigentlichen Situation, aber es wird um einiges erträglicher.