Weltraum

Galaktisch günstige Grundstücke

Mond gegen Dollars. (Symbolbild)
30. Jan. 2019

Der Mond – Freund der Romantiker und notwendig für die Existenz der Menschheit. Doch das verklärte Bild trügt. Mit unserem Trabanten ist ein knallhartes Geschäft am Laufen, das die Frage aufwirft: Wem gehört der Mond überhaupt? 

Im Großstadtdschungel. Wer sich nach getaner Arbeit bei einem sehnsüchtigen Wunsch nach Stille und wenigstens einem Minimum an natürlicher Schönheit ertappt, dem bleibt meist nur ein Blick in die Sterne. Die Augen suchen die Gestirne nach unserem Nächsten ab – dem Mond. Dieser ist schon lange kein allgemeines Besitzgut der Erdbevölkerung mehr. In Zeiten der Metropolisierung und Überbevölkerung gibt es Grundstücke auf dem Mond bereits ab 24,99 Dollar zu kaufen. Willst Du auch eins haben?

Die Firma, die dies anbietet, nennt sich Lunar Embassy. Gegründet wurde sie im Jahr 1980 von Dennis Hope, einem pfiffigen US-Amerikaner. Der Mann aus Nevada vermarktet alles: nicht nur Teile der Mondoberfläche, sondern auch jene von Mars, Venus, Merkur und Io, einem Jupitermond. Die Angebotspalette des Internetshops reicht von Reisepässen, laut denen man sich nach Zahlung von 21,99 Dollar als ein echtes „Alien“ und Mitglied der „Affiliated Planetary Explorers“ bezeichnen darf, bis hin zu kompletten Himmelskörpern. „Welcome aliens!“ werden potentielle Interessenten begrüßt. Und nach ein paar Klicks kann sich jeder einen Acre (etwa 4047 Quadratmeter) für 24,99 Dollar bestellen. Zahlbar per PayPal oder Kreditkarte. Ob die wohl auch nach Deutschland versenden? Im Gegenzug erhält man ein Zertifikat – die Inschrift des eigenen Namens kostet allerdings nochmal 2,50 Dollar.

Shoppen im Internetwunderland. Heute: Merkur und Co.
„Buy Pluto in it's entirety“ – der Zwergplanet ist sogar gänzlich käuflich.
Für knapp 25 Dollar ist man stolzer Besitzer des Mo... nein, dieses schönen Zertifikates (links).

Wie war das noch mal ...?

Gut 20 Jahre vor Hopes Geniestreich war die Welt zweigeteilt. Es herrschten düstere Zeiten, geprägt von Misstrauen und Allianzen, in denen sich die Sowjetunion und Amerika mit gezogenen Waffen gegenüberstanden. Gegenseitiges Übertrumpfen, vor allem in der Größe, Reichweite und Mächtigkeit der Waffen, hatte für die Weltmächte höchste Priorität. Doch der Platz auf der Erde wurde knapp. Weder für die Imperialisten, noch für die Kommunisten gab es ausreichend neutrales Gebiet, das sie hätten beanspruchen können. Noch gab es viele Länder, die sie hätten besetzen können. Der Wettlauf zum Mond begann. Jede technologische Neuentwicklung wurde erprobt und voller Eifer von den Regierungen finanziell unterstützt.

Für Amerika kam es, wie es nie kommen sollte. 1957 schoss der Erzfeind den ersten künstlichen Satelliten ins All: Sputnik 1. Vier Jahre später umrundete der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin als erster Mensch im Weltraum die Erde. Der gekränkte Adler konnte diesen Erfolg natürlich nicht auf sich sitzen lassen – Superstar der Supermacht, J.F. Kennedy, erklärte nur sechs Wochen danach das Rennen zum Mond für eröffnet: „Es ist an der Zeit, dass unsere Nation eine klare Führungsrolle im Weltraum einnimmt.“ Man werde bis 1969 auf dem Mond sein. Koste es, was es wolle. „Falls die Sowjets den Weltraum kontrollieren, dann können Sie die Erde kontrollieren; so wie in den vergangenen Jahrhunderten diejenige Nation die Kontinente beherrschte, die auch die Weltmeere kontrollierte“, waren Kennedys Worte. Es herrschte Schrecken: Wie konnte man die Roten davon abhalten, das All zu ihrem Besitz zu machen?

Verträge gegen Vertrauen?

Die Lösung stellt der „Outer Space Treaty“ der Vereinten Nationen dar. 1967 abgeschlossen, regelt der „Vertrag über die Grundsätze zur Regelung von Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Erkundung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper“ eigentlich auch die Frage, ob Dennis Hopes Geschäftsmodell legal ist. Kann einfach jeder Erdbewohner Grundstücke auf dem Mond kaufen? Der Weltraumvertrag wurde von allen raumfahrtbetreibenden Staaten außer dem Iran unterschrieben und besagt, dass die Nutzung des Weltraums, inklusive des Mondes, friedlich sein muss. Erforschung und wirtschaftlicher Gebrauch sind erlaubt. Allerdings muss dies der ganzen Menschheit dienen, denn der Mond sei „province of all mankind“. Einzelne Staaten dürfen daher keine Hoheitsrechte an einem Himmelskörper geltend machen. Auch die Stationierung atomarer Waffen – Schreckensgespenster des 20. Jahrhunderts – ist verboten.

Seit 2004 ein „self-made“ President: Dennis H. Hope

Vom Erdenbürger zum galaktischen Präsidenten

Zufällig trägt es sich zu, dass Mister Hope kein Staat, sondern eine Einzelperson ist. Mit den Gesetzen seiner Staaten war er allerdings außerordentlich gut vertraut. Nach altem Western-Recht konnte jeder Amerikaner einen „Claim“ für sich beanspruchen. Im Falle Lunar Embassys waren dies die im heutigen Sortiment angebotenen Planeten. Falls nach Bekanntmachung des Besitzanspruchs niemand Einspruch erhob, ging der Teil des Landes an den neuen Besitzer. Hope übertrug das uralte Gesetz auf seine Zeit und erhielt eine Genehmigung des Registrierungsamtes San Franciscos. Als nach fünf Jahren weder die US-Regierung noch die Vereinten Nationen reagierten, startete er sein Business. Legal ist es trotzdem nicht und es wird von keiner offiziellen Institution anerkannt.

Doch das Geschäft scheint prima zu laufen. Laut Dennis Hope soll seine Firma insgesamt schon über 611 Millionen Acres auf Planeten verkauft haben. Es gibt bereits 6.011.311 glückliche Besitzer von Grundstücken, darunter mehrere hundert Prominente. Auf seiner Website nennt der Unternehmer große Namen: George H.W. Bush, Jimmy Carter und Ronald Reagan. Vielleicht hat Hope die ehemaligen Präsidenten und Käufer damit überzeugt: „Wenn du ein Stück Land besitzt, fühlst du dich wohlhabend und erfolgreich. Und selbst wenn es nur ein Teil des Mondes ist, besteht die Möglichkeit, dass nicht du, nicht deine Kinder, aber deine Enkel eines Tages von der Investition profitieren.“ So verteidigte der „Nevada-man“ sein Geschäftsmodell in einer Dokumentation der New York Times. Mittlerweile ist er selbst Präsident, zumindest der des „Galactic Government“, samt space law und einer „Declaration of Independence“.

Dieser echte amerikanische Visionärsgedanke wird wohl auch dafür gesorgt haben, dass Dennis Hope auf diese kuriose Idee kam und sie bis heute durchzieht. Doch was, wenn sich die Geschichte wiederholt? Erdbewohnern wird sprichwörtlich der Platz ausgehen und auch unsere Enkel werden nach den Sternen greifen. Die Menschheit kann keinen Neuanfang starten, wenn schon heute unerschlossenes Gebiet aufgeteilt und verscherbelt wird. Das schafft Raum für Spekulanten und Elitäre, die sich jetzt die Taschen vollstopfen. Zuweilen hat sich ein neuer Big Player Zugang zum Weltraummarkt verschafft. China beginnt, den Westen technologisch mit Riesenschritten einzuholen. Die Nutzung des Alls und der Wettlauf zum nächsten Himmelskörper bleibt daher spannend. Hoffentlich hat zur entsprechenden Zeit dann jeder Astronaut sein Zertifikat von Lunar Embassy mit im Gepäck.

Du wirst es noch bereuen, nicht zugeschlagen zu haben!