Zeilen indischer Poesie

Im Labor des Studiengangs „Print Media and Packaging Technologies“ riecht es nach frisch bedruckten Büchern. Die Studierenden sind in ihre Arbeit vertieft, begleitet von Musik und Volker Jansen, Professor für Druckmedientechnologien. In den Pausen unterhalten sie sich angeregt und zeigen sich gegenseitig ihre Arbeiten. Inmitten von Maschinen und Papier entspringt Kreativität.
Zwei Autoren, zwei Gesichter Indiens
Im Rahmen der diesjährigen MediaNight am 03.Juli präsentiert eine Gruppe des Studiengangs das Projekt „Faces of India – Poems of Imagination“.
In dem von den Studierenden vollständig selbst erstellten Buch stellen sie die Gedichte von zwei Autoren, die Volker Jansen ausgewählt hat, gegenüber. Einerseits die Werke Rudyard Kiplings, Autor von „Das Dschungelbuch“. Er lebte als Brite in Indien und vermittelt in seiner Lyrik die westlichen Vorstellungen von dem Land. Andererseits die Gedichte des Inders Rabindranath Tagore, in denen die Wahrnehmung der indischen Bevölkerung von ihrer Heimat im Fokus steht. Die Werke treten in einen kulturellen, poetischen Dialog: Gedanken Kiplings und Tagores, die sich ergänzen, oft aber auch widersprechen, werden in Bezug zueinander gesetzt. Dabei sind sie in ihrer Originalsprache aufgeführt – manche auf Englisch, andere auf Hindu.

Das Projekt bestand aus verschiedenen Phasen. Der erste Schritt war eine intensive Auseinandersetzung mit den Werken der Autoren und deren Persönlichkeiten. Dafür haben die Studierenden Filme angeschaut, Bücher und Biografien gelesen und sich in die indische Geschichte und Kultur eingearbeitet. Im zweiten Schritt wählten sie die passenden Materialien, von Papier bis zu Covermaterialien aus. Auch Maschinen zum Binden und Zuschneiden des Buchs legten sie fest. Es folgten praktische Arbeiten, wie das Drucken und das Erstellen von Broschüren und Hardcovern. „Immer, wenn wir etwas mit unseren Händen machen müssen, finde ich das sehr cool“, sagt Eduardo Palacios, einer der mitwirkenden Studenten. Die Projektarbeit sei ein Highlight seines Studiums gewesen.
Neben den Büchern gibt es bei der Ausstellung auf der MediaNight zahlreiche weitere traditionelle Elemente Indiens zu entdecken, von Malereien bis zu Tee. Dabei sticht die Interkulturalität heraus, genauso wie unter den Studierenden.

Gedruckte Vielfalt: Wie Studierende aus aller Welt gemeinsam gestalten
„Wir lernen alles, was mit Verpackung und Druck zu tun hat – sei es wie man Bücher herstellt oder welche Materialien man in bestimmten Fällen wählt“, beschreibt Eduardo seinen Studiengang. Doch so vielfältig und relevant dieser auch scheint – die Druck- und Verpackungsbranche selbst hat mit mangelndem Nachwuchs zu kämpfen. Die Beschäftigtenzahl ist zwischen 2008 und 2018 laut Schätzungen des Bundesverbands Druck und Medien in Deutschland um rund 40.000 gesunken. Das liege unter anderem an der Digitalisierung, durch welche der Bedarf an gedruckten Medien gesunken ist. Auch die mangelnde Sichtbarkeit spielt eine Rolle. „Viele Menschen haben von den Berufen überhaupt keine richtige Vorstellung”, erzählt Studentin Luisa Chan Leineweber. Dabei bieten diese ihrer Meinung nach allen die Möglichkeit ihre Fähigkeiten einzubringen.
Die Hochschule der Medien wirkt dem Problem des fehlenden Nachwuchses der Branche entgegen, indem sie den Studiengang auf englisch gestaltet. So erhalten junge Menschen verschiedener Nationalitäten die Möglichkeit, hier in Stuttgart zu studieren. Die Studierenden kommen aktuell aus Asien, Nord- und Südamerika, Afrika und Europa. Die kulturelle Vielfältigkeit sieht Luisa als Besonderheit und Bereicherung. „Wir kommen alle zusammen und haben Interesse an demselben, was das sehr spannend macht. Man lernt mit verschiedenen Menschen zusammenzuarbeiten, auf Englisch besser zu kommunizieren und sich gegenseitig zu respektieren. ”
Am Ende des Tages verstummt die Musik, der holzige Geruch von Papier hängt noch immer in der Luft. Aus Kreativität ist ein tatsächliches Produkt entstanden. Dies unterscheidet den Studiengang sicher von vielen anderen, denn wo sonst hält man echte Ergebnisse, wie ein Buch, in den Händen?
