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Soll die AfD ihre Ämter doch bekommen

Zeichnungen von Hannes Loth und Robert Sesselmann stehen vor dem AfD-Logo und haben schwarze Balken über den Augen.
Hannes Loth und Robert Sesselmann zeigen, wie es nicht geht. | Quelle: Anni Gebhard/ProCreate
19. Febr. 2024

Die AfD liegt im Trend. Wahlerfolge und der Ampel-Streit beflügeln die in Teilen rechtsextreme Partei. Wer stoppt die AfD? Na, die AfD selbst. Dafür muss sie aber auch ein paar Ämter bekommen. Ein Kommentar.

Wie der Pfeil auf dem Parteienlogo zeigen auch die Umfragewerte der Alternative für Deutschland (AfD) nach oben. Doch nicht nur das: Hinter der Partei liegen Wochen mit großen Erfolgen bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Migration, finanzielle Unsicherheiten und der Ampel-Zoff sind wahrscheinlich die populärsten Gründe, weshalb sich die Wähler der rechten Partei so entschieden haben. Klar also, dass auf große Wahlerfolge auch die ersten Ämter in Verantwortung folgen. 
So stellt die AfD in Sonneberg derzeit ihren ersten Landrat namens Robert Sesselmann. Im Bürgermeisteramt hat es sich AfD-Politiker Hannes Loth gemütlich gemacht. Wo viele unsere Demokratie nun bedroht sehen oder Angst vor einem Rechtsruck in Deutschland haben, sage ich nur: Ruhe bewahren. Die Ämter der Politiker bringen die Bundesrepublik erst einmal nicht ins Wanken. Den betroffenen AfD-Wähler*innen hingegen, wird so richtig eins ausgewischt – wer nicht hören will, muss spüren. Spüren, dass die rechte Partei nicht das Allheilmittel gegen alle Probleme ist und sie keinesfalls Regierungspartei werden darf. Denn in ihren ersten Ämtern zeigen die AfD-Politiker mit Nachdruck: Die Partei kann besser schwätzen als umsetzen. 

Robert Sesselmann – Der Wichtigtuer aus Sonneberg

Kein Imagefilm, keine PR-Kampagne hätten den kleinen Landkreis Sonneberg in Thüringen je so populär gemacht, wie die Kreistagswahlen im Sommer 2023. Thüringen ist übrigens das Bundesland, in dem die „Blauen“ vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und beobachtet werden. Über das Ergebnis wurde bundesweit diskutiert, vielleicht sogar Panik geschürt. Nach 100 Tagen im Amt gibt es nun die erste Zwischenbilanz und die zeigt: Ja, was zeigt sie denn eigentlich? 

Auch Sesselmann kann das Rad nicht neu erfinden. Er ist bei Anträgen genauso auf die Zustimmung des Kreistags angewiesen, kann Straßen nicht umleiten, da dies nicht in seiner Zuständigkeit liegt und regiert in einem Landkreis, der einem Sparzwang unterliegt. Der Unmut in der Bevölkerung jedenfalls wächst, wie der erste Bürgerdialog bewiesen hat. Nicht zuletzt wegen seiner Wahlversprechen. 

Kurze Quizfrage: Was haben „EU-Steuern“, Enteignung und Bürokratie-Abbau gemeinsam? 

Richtig, mit allen drei Themen hat Robert Sesselmann Wahlkampf gemacht, obwohl sie gar nicht in seinem Einflussbereich liegen. 53 Prozent der Wähler*innen sind trotzdem darauf angesprungen.

Wie viel Macht hat ein Landrat in Fragen der Flüchtlingspolitik?

Im Normalfall werden Geflüchtete von Erstaufnahmeeinrichtungen eines Landes nach einer festen Quote verteilt. Daran kann auch ein Landrat nichts ändern. Es liegt also nicht in der Entscheidungsmacht des Landrats, wie viele Geflüchtete ein Landkreis aufnimmt, sondern nur, wie sie untergebracht werden. 

Beim Hannes ist auch nicht mehr alles im Lot(h)

Wenn es schon um das Wahlversprechen-brechen geht, schadet auch ein Blick auf Hannes Loth, Oberbürgermeister der Gemeinde Raghun-Jeßnitz (Sachsen-Anhalt) nicht. 

Beim Hannes in Sachsen-Anhalt ist schon lange nicht mehr alles im Lot(h). Denn auch der erste AfD-Bürgermeister trifft in seinem Amt schnell auf die harte Realität. „Kostenlose Krippen und Kindergärten“, so lautete noch im Wahlkampf das Versprechen des Politikers – dem Stadtrat will er jetzt allerdings vorschlagen, die Kita-Gebühren um 60 (!!!) Prozent zu erhöhen. Mit dem ein oder anderen Skandälchen kann sich Loth auch schmücken: 2021 hetzte er nämlich noch gegen die Corona-Politik der Bundesregierung, stopfte sich Virus-Sei-Dank an diversen Teststellen aber noch schön die Taschen voll.

Die deutsche Demokratie muss die AfD aushalten

So diffamiert sich die Partei nach und nach selbst. Eines muss man den AfD-Amtsträger*innen aber natürlich lassen: Sie wurden in beiden Fällen demokratisch gewählt. Wenn sie weiterhin so eine Politik treiben, kann mit Sicherheit allerdings behauptet werden, dass die AfD auch schnell wieder demokratisch abgewählt wird. In der Hoffnung, dass sie kein Amt mit echter Verantwortung bekommt. Wer jetzt denkt „das ist schon mal schiefgegangen“: Ja, das ist es. In der Zeit des Dritten Reichs wurden allerdings auch viele Schlupflöcher der noch jungen Weimarer Republik – dem ersten Demokratieversuch Deutschlands – gefunden. 

Doch Deutschland hat gelernt. Deutschland befindet sich in der längsten, stabilsten Demokratiephase seiner Geschichte und sind wir mal ehrlich: Eine Partei wie die AfD muss eine gute Demokratie aushalten. Jetzt gilt es von den Kommunen aus zu zeigen, wer sich wirklich für die Bevölkerung einsetzt und wer nur Hetze betreibt. 

Liebe nicht-vom-Verfassungsschutz-beobachteten Parteien: Lasst die AfD-ler*innen in ihren kleinen Gemeinden und Landkreisen mal machen und an ihren Vorhaben scheitern. Und nach der Amtszeit heißt es dann: Holt euch eure Ämter zurück, indem auch ihr weniger schwätzt und wieder mehr umsetzt. 

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Nein, die AfD sollte unter keinen Umständen ein Amt bekommen. 

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