22. Mai 2023
Schlösser, Kronen und Thronsäle sind süß, aber die Monarchie ist es nicht. Das britische Volk kann durch die Abschaffung des Königshauses nichts verlieren, außer eine undemokratische, teure und ungerechte Belastung. Ein Kommentar.

Sie erinnern eher an eine Souvenir-Attraktion als an eine Familie amtierender und zukünftiger Staatsoberhäupter. Doch wer sich einen Royal als Wackelkopf aus dem London-Urlaub mitbringt und zum Einstauben auf irgendein Regal stellt, vergisst schnell, wie viel Macht von da oben ausgeht. Machtpositionen, die vererbt werden, widersprechen jedem demokratischen Prinzip. Niemand sollte politische Entscheidungen über andere Menschen aufgrund seiner Geburt treffen. Und genau das tun die Royals.

Tausend Mal berührt: Die Krone greift in Gesetzgebung ein

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Vier Instanzen sind an dem Prozess beteiligt, der hinter der "King's consent" Dokrin steht. Doch nur zwei davon sind demokratisch legitimiert. | Quelle: Katharina Riener | Quelle: Kabinett des Vereinigten Königreichs und Büro des Parliamentary Counsel des Vereinigten Königreichs am 2. November 2022

Der Guardian enthüllte, dass die verstorbene Queen Elizabeth II. Immunität gegen mehr als 160 Gesetze genoss und zusammen mit ihrem Sohn King Charles III. mehr als tausend Gesetzesentwürfe geprüft und teilweise abändern lassen hat. Die weit verbreitete Annahme, dass die Krone in ihrer Funktion rein repräsentativ und unpolitisch ist stimmt also nicht

Personen, die niemand gewählt hat, sollten nicht einmal theoretisch in der Lage sein, eine solche Macht auszuüben. Einige der Gesetzesentwürfe haben nicht einmal eindeutig mit der Krone zu tun, sondern zum Beispiel mit Lachsfischerei oder Museen. Bei anderen ist der Zusammenhang offensichtlicher, aber demokratischer macht es das nicht. So ließ die Queen in den 70er-Jahren einen Gesetzesentwurf ändern, der ihren Aktienbesitz öffentlich einsehbar gemacht hätte. Eine Offenlegung ihres Reichtums wäre ihr „peinlich“ gewesen.

Schwer zahlt das Volk, das die Krone trägt

Der bereits superreichen Königsfamilie sollte es auch peinlich sein, jährlich Unmengen an Geldern von den steuerzahlenden Untertanen in Anspruch zu nehmen. Letztes Jahr waren es abgerundet 86 Millionen britische Pfund. Das macht die britische Monarchie zur teuersten in ganz Europa.

Es ist nicht gerecht, dass die jüngste Thronfolgerin des Vereinigten Königreichs 2021 in die wohlhabende Königsfamilie geboren wurde, während dort im selben Jahr über 800.000 Kinder auf Lebensmitteltafeln angewiesen waren. Es ist aber auch nicht die Schuld der Krone. Ein Jahrzehnt konservative Sparpolitik hat britische Haushalte auch schon vor der Pandemie in eine finanziell prekäre Lage gebracht. Im europäischen Vergleich ist das Vereinigte Königreich weit hinten beim Pro-Kopf-Einkommen und Wachstum, dafür unter den Spitzenreitern bei Ungleichheit.

Während der politischen Turbulenzen der letzten Jahre hat die Monarchie ein Gefühl der Stabilität vermittelt. Und das ist nicht unwichtig. Aber wer Stabilität der Gerechtigkeit vorzieht, entscheidet sich für eine erstarrte Gesellschaft und verbaut sich damit die Chance, voranzukommen. Die Steuergelder, die die Royals erhalten, wären besser darauf verwendet, soziale Unterschiede finanziell auszugleichen. Im Vereinigten Königreich könnten sie so eine gerechtere Gesellschaft schaffen, statt eine bereits reiche Familie noch reicher zu machen, die ohne demokratische Legitimation Macht auf das gesamte Land ausübt.

Viel unterscheidet die Royals nicht von ihren Wackelkopfabbildern, die man in Londoner Souvenirläden kaufen kann. Kultig aber weder das Geld wert, das sie kosten noch den Platz, den sie in Anspruch nehmen. Wenigstens greifen Wackelköpfe nicht in die Gesetzgebung ein. Also weg damit und mehr Platz für Demokratie.