Sex-Kolumne 3 Minuten

Pille, Penis, Pearl-Index – Wer verhütet hier eigentlich wen?

Zu sehen sind die Minipille, ein Basalthermometer, zwei Kondomverpackungen und eine Gurke die mit einem Kondom überzogen ist.
Es gibt so viele Verhütungsmethoden: Die meisten davon sind für Frauen, da die Methoden für Männer noch in den Kinderschuhen stecken. | Quelle: Saskia-Jacqueline Moritz
29. Apr. 2025

Sie sagen: Sex sells. Ich sage: Dann lasst uns endlich auch offen darüber reden – ohne rot zu werden (außer vor Lust). Denn was alle machen, aber keiner bespricht, verdient mehr als nur ein nervöses Kichern unterm Küchentisch. In dieser Kolumne geht’s um Sex, Selbstbestimmung und das ganze schambehaftete Drumherum – entstaubt, enttabuisiert und mit einer Portion Wortwitz serviert. Diesmal geht es um Verhütung.

„Frauen müssen sich halt um die Verhütung kümmern.“ Aha. Diesen Satz warf mir meine Tante neulich beim Weihnachtsessen entgegen, ganz casual zwischen Fondue und Primitivo. Warum? Weil Frauen ja für ihren Körper verantwortlich sind. Fair. Also... fast. Wären da nicht ein paar klitzekleine Details – wie zum Beispiel §218 StGB, der uns zwar das Recht auf Verhütung zugesteht, aber beim Thema Abtreibung plötzlich die Verantwortung relativiert. Aber gut, das ist eine andere Folge. Zurück zur Verhütung: Nach dem Gespräch mit Tante Boomerette und ihrer Generation „Pille ab 15, weil der Frauenarzt es so sagt“ beschloss ich, mich selbst schlau zu machen.

Die bunte Welt der weiblichen Verhütung, oder: Willkommen im Hormonzirkus

Spirale (mit und ohne Hormone), Pille, Kupferkette, Verhütungsstäbchen, Pflaster, Spritze, Diaphragma... Als Frau kann man sich heute wirklich alles in den Körper legen, kleben, stecken oder spritzen lassen – nur eins ist meistens sicher: Die Nebenwirkungen kommen gratis dazu. Lustlosigkeit? Klar. Depressionen? Kann sein. Thrombose? Jackpot! Aber hey – Hauptsache, ER muss sich keine Sorgen machen, ob das Kondom sitzt.

Kondome – underrated und trotzdem top

Der Klassiker. Kondome sind vielleicht nicht sexy, aber sie können was: Sie verhüten (Pearl-Index 2–12 je nach Geschicklichkeit), sie schützen vor STIs (kurz für sexually transmitted infections) und Überraschung: sie erfordern kein hormonelles Roulette. Was man halt beachten muss: Sie gehören auf den Penis, nicht ins Portemonnaie von 2016. Kurz zusammengefasst, die wichtigsten Details:

Pearl Index – klingt nach Designer-Handtasche, ist aber das Maß aller Dinge, wenn’s um Verhütung geht. Benannt nach dem US-Wissenschaftler Raymond Pearl, verrät uns der Index, wie zuverlässig ein Verhütungsmittel wirklich ist. Und zwar ganz nüchtern, mit Zahlen statt Bauchgefühl: Wenden 100 Frauen ein Jahr lang dasselbe Verhütungsmittel an und werden drei davon schwanger, liegt der Pearl-Index bei 3. Klingt erstmal okay : Je kleiner der Index, desto sicherer das Mittel. Ein Pearl-Index von 0,1? Das heißt: Nur eine von 1.000 Frauen wird innerhalb eines Jahres trotz Verhütung schwanger. Merke: Je niedriger der Pearl, desto entspannter der Pillowtalk. (Und desto unwahrscheinlicher, dass du neun Monate später einen Namen googeln musst.)

Kondomgröße – weil One Size nicht jedem passt. Und nein, das ist kein Hexenwerk, sondern einfach nur eine einfache Messung. Oder besser gesagt: Penis meets Passform. Denn ein zu enges Kondom kann reißen (ouch), ein zu weites rutscht (doppelt ouch) – und beides ist in etwa so sinnvoll wie ein Regenschirm bei einem Orkan. Also: Maßband raus oder Schablone zur Hand (gibt’s online), Umfang messen und die passende Größe checken. Und keine Sorge, das hat nichts mit „groß genug“ zu tun, sondern nur mit gut geschützt. Kondome in der richtigen Größe sind wie gute Unterwäsche: Man spürt sie kaum – aber wenn sie fehlen, merkt man’s.
Mehr Infos und Messhilfe findest du hier.

STIs – ist weniger sexy als es klingt. Die Abkürzung steht für sexually transmitted infections – auf Deutsch: sexuell übertragbare Infektionen. Ob Chlamydien, Gonorrhö (a.k.a. Tripper), Syphilis oder HPV – sie alle reisen am liebsten ungeschützt mit. Und sie interessieren sich herzlich wenig für Monogamie oder deinen Beziehungsstatus. Deshalb gilt: Wissen schützt (am besten in Kombination mit Gummi). Wenn du Fragen hast, unsicher bist oder einfach wissen willst, wie’s um deine Gesundheit steht: Hol dir Rat – anonym, vertraulich und ohne Shame. Hier findest du Beratung.

Männer, zieht euch warm an – oder besser: was über

Jetzt kommt der Teil, den viele nicht hören wollen: Verhütung geht beide an! Und weil das für einige so revolutionär klingt, wie die #MeToo-Bewegung, aufgrund des Weinstein-Skandals 2017, hier ein kleiner Reminder: Es gibt auch für Männer Methoden – ja, wirklich! Zwar eher in der Beta-Phase der Reproduktionsrevolution, aber immerhin:

  • Vasalgel – wird in den Samenleiter gespritzt und lässt nur die Flüssigkeit durch, nicht die Spermien. (Also quasi ein Anti-Baby-Tee-Sieb.) 
  • Samenleiterventil – ein Kippschalter für die Fruchtbarkeit. Sci-Fi? Fast. Aber theoretisch möglich. 
  • Chemische Mittel wie Gels auf Milchsäurebasis – für alle, die’s cremig mögen.

Die Auswahl? Noch mau. Die Verantwortung? Umso wichtiger, dass sie geteilt wird.

Gleichberechtigung auch im Bett, bitte.

Liebe Männer, wenn ihr so gerne mitredet, wenn’s ums Kinderkriegen geht – dann sprecht doch auch mal mit, bevor es dazu kommt. Geht mit zur Gynäkologin (ja, sie beißt nicht), lest Packungsbeilagen, googelt „Vasalgel“ und seid nicht die Typen, die „fühlt sich nicht so gut an“ sagen, während ihre Partnerin gerade ihre Libido gegen eine Hautunreinheit eintauscht. Denn wer gemeinsam Sex hat, darf sich auch gemeinsam drum kümmern, dass das Ergebnis nicht neun Monate später schreit.

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Hinweis:

Dieser Beitrag ist Teil des Kolumnenformats „Sex-Kolumne“. Weitere Folgen der Kolumne sind: