Wohnheimweisheiten 2 Minuten

Waschen ist Silber, Reden ist Gold

Eine Spüle ist vollgestellt mit dreckigen Tellern, Sieben und Töpfen. Auf dem Rand der Spüle steht ein Blattpapier mit einer Zeichnung einer Gedankenwolke, die traurig guckt und Blitze in sich trägt. Im Vordergrund sieht man unscharf den Kopf einer Spülmittelflasche.
Eine volle Spüle kann die Gemüter überkochen lassen. | Quelle: Luis Bracht
08. Dez. 2023
In der Kolumne "Wohnheimsweisheiten" philosophiere ich über das Leben auf dem Campus. Der WG-Alltag ist nicht immer einfach. Insbesondere in der Küche lauert großes Konfliktpotenzial. Dabei können viele Probleme mit wenigen Worten gelöst werden.

Es ist 13 Uhr im Studentenwohnheim. Während ich noch im Halbschlaf die Inhalte der zwei Online-Vorlesungen verarbeite, meldet sich laut hörbar der Hungerinstinkt. Zeit für einen Happen! Das habe ich mir nach diesem „anstrengenden“ Morgen auch redlich verdient. Ich mache mich auf in meine Küche, die gleichzeitig das Esszimmer und der Flur ist. Ich nenne es liebevoll „Küfless“. Die Luft ist rein, abgesehen von einer Wolke verschiedenster fernöstlicher Gewürze, die den Schleimhäuten schmeicheln. Zum Glück habe ich seit einem Jahr so viele Masken.

Meine Mitbewohner sehe ich selten. Es gleicht einem galaktischen Großereignis, wenn alle Bewohner gleichzeitig in der „Küfless“ unterwegs sind. Manchmal habe ich das Gefühl, ich wohne alleine in der Wohnung. Wären da nicht die subtilen Hinweise, die für anderes intelligentes Leben in diesen vier Wänden sprechen. Das belastende Beweismaterial liegt in der „Küfless"-Spüle. Während auf der Kante ein Stück gefrorenes Schweinefleisch sehnsüchtig auf die erste Hitzebehandlung wartet, stapeln sich Töpfe und Pfannen zu einem achten Weltwunder. Eine Mixtur aus Lauch, Bohnen und Reis sorgt derweil im Abfluss für Sueskanal-ähnliche Zustände.

Der große Kampf

Der Abwasch ist das „Evergreen“ im Studenten-WG-Leben. Die Internetforen sind geflutet mit Beschwerden über die Schmutzfinken, die sich „Mitbewohner" nennen. Kein Wunder, neben dem Badezimmer ist die Küche die Arena der konkurrierenden Sauberkeitsansprüche. In der einen Ecke steht Team „Unmittelbare Sauberkeit“. Sie lieben es, wenn die Pfannen noch heiß in das Spülwasser fallen. In der anderen Ecke macht sich Team „Das kann ich auch morgen waschen“ bereit. Ihre Teller können auch mal zwei Tage auf dem Trockenen liegen. Möge der Stärkere gewinnen! Oder der, der das Thema zuerst anspricht.

Kommunikation ist nicht nur in einer Liebesbeziehung das A und O. Selbst ohne Hintergedanken lohnt es, Störendes anzusprechen. Genauso schlimm wie ein lautes Gemetzel ist nämlich missmutige Stille. Die Probleme werden nicht angegangen. Sie werden mitsamt dem Frühstück in sich hineingefressen. Das lohnt sich nicht. Schlechte Laune schmeckt schließlich keinem.

Reden ist Silber, miteinander Reden: Gold!

Anke Maggauer-Kirsche

Die andere Lösung liegt auf der Hand (oder in der Spüle). Ich wasche die eine oder andere Pfanne einfach selbst. Für meine Premium-Maultaschen mit Ei kann ich die sicher gut gebrauchen. Neben dem Schmutz werden so auch die Sorgen den Sueskanal heruntergespült und die Arena bleibt sauber. Eine klassische Win-Win-Situation!

Während des Mittagessens frage ich mich, in welche Ecke der Arena ich mich stellen würde. Ironischerweise wandert mein Blick auf die zwei Müslischalen und die zwei ozeanblauen Pastateller auf meinem Schreibtisch. Komisch: Pasta hatte ich das letzte Mal vor drei Tagen.

Eine weitere Folge der Kolumne "Wohnheitsweisheiten" findest du hier.