„Es ist eine schöne Sache, wenn man das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit mit kulturellen Themen verbindet.“
Vom Feld zur Figur – und dann?
Die Kürbisausstellung in Ludwigsburg ist seit 26 Jahren Tradition und zugleich die größte Kürbisausstellung weltweit. Jedes Jahr gibt es ein neues Thema, nach welchem die Figuren konzipiert werden. Dieses Jahr erweckten die Kürbisse unter dem Motto „Großes Kino“ Figuren wie Marilyn Monroe, Micky Maus oder Charlie Chaplin zum Leben. Dafür werden rund 500.000 Kürbisse benötigt. Doch welchen Zweck erfüllen diese Kürbisse am Ende der Ausstellung und wie umweltfreundlich ist die Veranstaltung?
Nachhaltigkeit beginnt schon auf dem Feld. Die „Jucker Farm“, welche die Ausstellung organisiert und veranstaltet, setzt dabei auf kurze Transportwege. Der Großteil der Kürbisse wird vom Obsthof Eisenmann in Marbach-Rielingshausen angebaut, was 15 Kilometer vom Veranstaltungsort entfernt ist. Der Kürbis wird im Mai als Jungpflanze auf fünf bis zehn Hektar Ackerfläche gepflanzt, das entspricht zwischen sieben und 14 Fußballfeldern. Das Gemüse kommt mit wenig Wasser und Dünger aus. „Also im Prinzip ist der Kürbis ein Überlebenskünstler, der kann fast nicht absterben“, sagt Alisa Käfer, Projektleiterin der Kürbisausstellung.
Drei Dimensionen der Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeit der Ludwigsburger Ausstellung müsse man in drei Dimensionen betrachten, sagt Franziska Schünemann, Professorin für Bioökonomie an der Universität Hohenheim. Es gibt die wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimension der Nachhaltigkeit.
Die ökologische Dimension betrachtet, wie mit den Ressourcen umgegangen wird. Es wird überprüft, wo die verwendeten Ressourcen herkommen und wie sie eingesetzt und weiterverwertet werden. Die für die Ausstellung verwendeten Kürbisse kommen aus regionalem Anbau und benötigen in der Zucht wenige Ressourcen, was sich ökologisch positiv auswirkt.
Ein Fachbegriff im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Dimension ist die Umwegrentabilität. Katharina Spraul, Professorin für Sustainability Management an der Universität Kaiserslautern, erklärt, dass man sich oft erhofft, dass Besuchende einen Umweg gehen, wenn sie eine Ausstellung besuchen und zum Beispiel noch die Innenstadt oder Restaurants besuchen.
Für die Soziale Nachhaltigkeit ist es wichtig, dass Events möglichst inklusiv sind und auch Menschen mit Beeinträchtigung, zum Beispiel im Rollstuhl, das Event problemlos besuchen können.
Was passiert mit den Kürbissen nach der Ausstellung?
Nach Aussage der Projektleiterin kommt es auf Social Media oft zu der Frage, was mit all den Kürbissen passiert und ob dies keine Lebensmittelverschwendung sei. Die Frage wird von Seiten der „Jucker Farm“ gerne beantwortet.
Auch interessant
Nach der Ausstellung wird ein Großteil der Speisekürbisse gespendet, zum Beispiel an die Tafel, Kindergärten oder als Tierfutter an Zoos. Aus dem Fruchtfleisch übriger Kürbisse werden Kürbissuppe und Kürbis-Chutney gekocht. Kürbisse, welche nicht mehr verzehrt werden können, kommen in eine Biogasanlage, sagt Alisa Käfer.
Die Riesenkürbisse, welche für die Deutsche und Europameisterschaft im Kürbiswiegen gezüchtet werden, werden bei dem „Kürbisschlachtfest“, meist am letzten Tag der Ausstellung, von den Kürbiszüchter*innen aufgeschnitten. Die Züchter*innen heben die Kürbiskerne für die nächste Saison auf. Besuchende können ein Stück vom Riesenkürbis mitnehmen, oder die Samen zur eigenen Zucht verwenden.
So wird großen Wert auf die Verwertung aller zum Einsatz gekommenen Kürbisse gelegt. Bei der Kürbisausstellung gibt es auch Gastronomie und es werden regionale Kürbisprodukte verkauft. Die „Jucker Farm“ verkauft dabei einige Kürbisse, „die für den Einzelhandel aussortiert werden“, wenn sie zu viel oder zu wenig wiegen.
Die Kürbisse zeigen, wie Kreislaufwirtschaft funktioniert
Schünemann erklärt Kreislaufwirtschaft wie folgt: Wenn eine Pflanze angebaut wird und wächst, speichert sie CO₂ in ihrer Biomasse und im Boden. Im nächsten Schritt wird hier der Kürbis als Kunst für die Kürbisausstellung genutzt. Der nächste Schritt im Kreislauf geht in die Biogasanlage. Dort werden die Kürbisse zersetzt, und das daraus entstehende Biogas kann in Ökostrom verwandelt werden. Übrig bleiben Gärreste, die laut Schünemann oft als Biodünger zurück aufs Feld geführt werden. Somit schließt sich der Kreislauf.
Auch interessant
Für die Nachhaltigkeit sei es wichtig, dass die Kürbisse nicht nur energetisch in der Biogasanlage genutzt werden, sondern auch davor stofflich, als Skulptur, sagt Schünemann. „In der Vergangenheit wurden Energiepflanzen teilweise nur für die Biogasanlage, ohne vorherige oder weitere Nutzung angebaut. Hier hat der Kürbis immerhin zwei Zwecke. Er macht Freude beim Kürbisfest und wird dann weiterverwendet, um in die Biogasanlage zu gehen.“
Spraul sieht in der Ausstellung ein gutes Beispiel für funktionierende Kreislaufwirtschaft. Aus kreislaufwirtschaftlicher Sicht ist es gut, wenn Ressourcen verwendet werden, die regenerativ sind, also wieder nachwachsen. „Da ist die Ausstellung auch ein schönes Beispiel für Kreislaufwirtschaft, wo Besucher das dann auch erleben können in der Praxis und sehen, dass das auch funktioniert.“
In der Kreislaufwirtschaft sind Kaskaden wichtig. „Die Kaskade wird jetzt bedeuten, dass man in der Produktion dieser Kürbisausstellung schaut – überall wo bestimmte Abfälle oder Nebenprodukte auftreten – dass man dann für diese eine gute Verwendung findet.“ Dabei wird versucht, eine möglichst hochwertige Nutzung zu finden. Die niedrigste Form wäre die thermische Verwertung, also die Verbrennung der Reststoffe. „Im Idealfall werden diese Ressourcen, die man erzeugt hat, dann möglichst lange auch als Skulptur genutzt.“
Die „Jucker Farm“ setzt sich, so Käfer, auch über Klima- und Umweltschutz hinaus ein und spendet zum Beispiel Einnahmen durch Events wie „die größte Kürbissuppe Deutschlands“ an Einrichtungen wie zum Beispiel Frauenhäuser.
Die Betrachtung der Ludwigsburger Kürbisausstellung hinsichtlich der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit und der Verwertung der genutzten Kürbisse nach Ende der Veranstaltung zeigt, dass die Kürbisausstellung, wie Frau Spraul aufzeigt, „im Vergleich zu anderen Veranstaltungen viel Potenzial hat, nachhaltig zu sein“.
Damit endet die Reise der Kürbisse vom Feld über die Figuren bis hin zur Verwertung, ohne größere Verluste.