Skaten auf Film 4 Minuten

Videodreh auf Rollen

Ein Videograf filmt den Trick eines Skaters
Filmer*innen machen Skatevideos möglich. | Quelle: Gilbert-Garcia Dias
10. Dez. 2025

Skateboard fahren – eine Kunst für sich. Doch ohne Videografen wären Videopremieren und Skatefilme nicht dasselbe. So sieht der Filmprozess und die Herausforderungen der Filmer*innen aus.

Rollen auf Asphalt: man hört sie schon von Weitem. Das deutsche San Francisco, namentlich Stuttgart, ist Heimat einer stets wachsenden und sich weiterentwickelnden Skateboard Szene. „In den letzten Jahren hat sich viel getan, die Szene ist offener gegenüber auch nicht Skateboard fahrenden Personen geworden und hält insgesamt besser zusammen“, erzählt Skater Kai Boblenz. Altersunterschiede, Aussehen und Herkunft sind unwichtig, Vielfältigkeit zeichnet die Skateboarder*innen aus. Es handelt sich für die meisten um mehr als nur Sport, es ist eine Lebenseinstellung. Stuttgart durfte die letzten zwei Jahre Gastgeber der Skateweek sein: „das größte Skateboard-Event, das in Stuttgart stattgefunden hat“, erzählt Kai. Auch kleinere Contests finden regelmäßig statt. Kulturell relevant ist ebenfalls der NordDIY, ein selbstgebauter Skatepark und beliebter Treffpunkt. Aber was wäre das Skaten ohne Videos? Sie zeigen das Können der Skater*innen und gehören in jedes Portfolio. Hier kommen die Filmer*innen ins Spiel, die die Videos erst möglich machen. 

Tourvideos, Homietapes und Videopremieren

Tourvideos – ein Skate Team oder Freunde gehen auf Skate Tour, zum Beispiel nach Spanien oder Japan. Daraus entsteht ein Video, das meistens auch durch eine Marke gesponsert wird. Das Video wird dann von Skatemagazinen wie Thrasher, Pocket oder Free gepostet

Homie Tapes – nicht kommerzielle Videos, bei denen Freunde gefilmt werden und keine Marke dahintersteht. „Just for fun“

Lines – mehrere Tricks hintereinander

Spot – der Ort, an dem geskatet wird

Street Skaten – Skaten auf der Straße anstatt im Park

Obstacle – Das, was geskatet wird: zum Beispiel eine Treppe oder das Gelände einer Treppe

Fisheye Objektiv Weitwinkelobjektiv, das an der Kamera angebracht wird und das Gefilmte halbkugelförmig verzerrt

Filmer*innen nehmen die Tricks auf und schneiden häufig das Gefilmte selbst. „Der Grund der Aufnahme ist je nach Ziel unterschiedlich“, erklärt Filmerin Marina Hainbuch. Ursprünglich waren Skatefilme nur da, um eine Marke, die Skater-Zubehör verkauft, zu vermarkten. Ein Team von Skater*innen vertritt dabei eine Marke, die sie sponsert. Mit teilweise 40-minütiger Laufzeit handelt sich um Full-Length-Formate, diese Art von Video gibt es heute noch. Andere Typen von Skatefilmen sind zum Beispiel Tourvideos oder einfache Homie Tapes. „Auch eigene Videoparts von Skater*innen sind wichtig“, berichtet Marina. Mit zwei bis zehn Minuten Länge laufen diese Videos ebenfalls über den Sponsor, im Vordergrund stehen jedoch die Skater*innen.

„Wo Künstler jahrelang an Kunstausstellungen arbeiten, um ihre Werke zu zeigen, so machen Skater das mit ihrem Videopart. Es wird meist monate-, oder sogar jahrelang gefilmt, nur die besten Tricks werden gezeigt“, erzählt Marina. Das Ergebnis: ein Kunstwerk, in dem die Sportler*innen zeigen, wer sie als Skater*in sind und wie sie sich durch die Wahl der Tricks, Spots und ihrem eigenen Style ausdrücken. Zu jedem Video gehört eine Videopremiere dazu, in dem sich die Skater*innen versammeln und die Parts der anderen gemeinsam anschauen. Die Videopremiere des Skatefilms ähnelt dabei der Premiere eines Kinofilms: Sie zeigen das Video das erste Mal, bevor es online geht. „Events dieser Art unterstreichen die Unterstützung innerhalb der Community“, fügt Marina hinzu. 

Eine Frage der Technik

Bei Filmer*innen handelt es sich um Menschen, die Teil der Community sind und auch skaten können. „Das ist wichtig, denn häufig werden Lines so gefilmt, dass die Filmer*innen nebenbei mitfahren, um ein dynamisches Video erzeugen“, beschreibt Marina. Special Effects werden selten genutzt, die Perspektive und Nähe zur skatenden Person sprechen auf Film für sich. Der Trick soll am Ende im Vordergrund stehen. „Eine andere Technik, um Tricks so beeindruckend wie möglich aussehen zu lassen, ist die Arbeit mit Winkeln“, erklärt sie. „Wird von oben oder unten gefilmt?“, ist dabei eine der Fragen, die sich Filmer*innen stellen müssen, um den bestmöglichen Winkel zu finden. Die Herausforderungen des Spots, wie schlechter Boden oder Passanten, auf die man achtgeben muss, sollen auf dem Video ebenfalls deutlich werden, um die Leistung der Skater*innen deutlich zu machen. Auch die Eigenschaften des Obstacles sollen zu sehen sein. Ob groß, lang oder weit, das alles sind Herausforderungen, die Filmer*innen durch die Arbeit mit Perspektiven sichtbar machen. „Mit Funktionen wie Kamera-Zoom wird die Dynamik aufgebaut. Auch Fisheye Linsen werden gerne zu diesem Ziel genutzt, man ist so näher dran“, erklärt Marina. „Das sieht aus, als würde einem das Board ins Gesicht fliegen!“. Und genau das lässt den Trick noch eindrucksvoller und schneller erscheinen. 

So zum Beispiel können Clips für einen Videopart aussehen | Quelle: Marina Hainbuch

Das sieht aus, als würde einem das Board ins Gesicht fliegen!

Marina Hainbuch

Filmen erfordert auch viel Kreatvitiät. „Überlegen, was gefilmt werden könnte und wie der Trick am besten auf Video aussehen würde, und mit der ganzen Gruppe Wege suchen, wie Spots fahrbar gemacht werden können, macht unglaublich Spaß“, beschreibt Marina. Die meisten Tricks wurden dabei meist noch nie genau so an einem Spot gemacht. „Dann ist es immer ein bisschen so wie Geschichte schreiben“, schildert sie.

Die Dauer eines Drehs fällt dabei unterschiedlich aus. Manchmal klappen Tricks zufällig schon beim ersten oder zweiten Versuch, das ist aber selten. „Wenn es doch mal passiert, ist das der Traum jedes Skaters – und der Alptraum jedes Filmers“, bemerkt Marina. Denn: „Es braucht meistens einige Versuche, um den perfekten Winkel zu finden.“ Meist handelt es sich um mehrstündige Bemühungen, weshalb Filmer*innen viel Zeit mitbringen müssen. Meist filmen sie auch mehrere Skater*innen oder die Gruppe wechselt den Spot, das kann den ganzen Tag dauern.

Eine Filmerin fährt neben einem Skater her und filmt dabei
Durch das Mitfahren können Filmer*innen ein dynamisches Video erzeugen.
Quelle: Bram Defoort

Arbeit mit Herausforderungen

Geduld ist unentbehrlich: Stundenlang am selben Ort stehen und denselben Trick wieder und wieder filmen, braucht Durchhaltevermögen. Wenn die Skater*innen gerade hoch motiviert und am Kämpfen sind, muss die Kamera laufen. „Als Filmer sagst du da nicht: wir machen jetzt Pause“, erzählt Marina. Und das ist lange nicht die einzige Herausforderung: ob bei 30 Grad oder im Winter, wenn Hände und Zehen abfrieren, es wird immer geskatet und gefilmt. Zudem wird „Street Skaten“ zwar meist toleriert, aber eben nicht immer. Je nach Spot haben Skater*innen und Filmer*innen manchmal mit Unverständnis von Anwohnenden und Passant*innen zu kämpfen. „Je nach Spot wird man von Passanten oder Anwohnern weggeschickt, beleidigt, oder die holen die Polizei“, schildert die Filmerin.

„Skatevideos sind eine eigene Kunstform und wichtiger Teil der Skate-Kultur. Sie sind das Porträt eines Skaters und einer Skaterin: von der Auswahl der Spots und Tricks, bis hin zur Musik“, so Marina zu den Besonderheiten des Skatevideos. „Die Aufgabe der Filmer*innen ist dabei, alles festzuhalten und bestmöglich aussehen zu lassen.“ Skater*innen kämpfen stundenlang, um einen Trick zu schaffen – „das steckt unglaublich an“, berichtet Marina. Sie fiebert mit und hofft, dass der oder die Skater*in den Trick schafft. Es entsteht ein Team aus Skater*in und Filmer*in – jeder macht seinen Job – „und am Ende kommt etwas raus, worauf man stolz sein kann“.