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Spielen Frauen die zweite Geige?

Frauen vor Logos
Wo ist die Gleichberechtigung auf Streamingplattformen, wie Spotify oder Deezer? | Quelle: Spotify Press/Deezer/Canva
05. Febr. 2024

Es müssen mehr weibliche Künstler*innen in den Playlists von Musikstreaminganbietern landen. Wo ist die Gleichberechtigung? Noch immer dominieren die männlichen Vertreter die Playlists und auch die Charts. Es ist längst überfällig, dass sich etwas ändert. Aber wie? 

Miley Cyrus, Kim Petras und Nina Chuba haben letztes Jahr große Hits geliefert: Flowers, Unholy und Wildberry Lillet. Die Künstler*innen waren mit ihren Songs sehr erfolgreich, aber bilden damit fast eine Ausnahme. Das zeigt die Liste der offiziellen Deutschen Top 100 Singlecharts aus dem letzten Jahr: Nur rund ein Drittel der Songs waren von oder mit Künstlerinnen. Das ist zu wenig! Allerdings muss bedacht werden, dass hier auch Features mitreinzählen, bei den die Künstlerinnen nur die Hook singen. Die Hook ist ein wichtiger Bestandteil eines Songs, weil sie eingängig ist. Vor 30 Jahren waren Frauen in den deutschen Singlecharts noch seltener: rund ein Viertel der Songs in den Top 100 waren von oder mit Künstlerinnen. Sonderlich viel hat sich nicht getan. Aber vielleicht schafft es die Generation Z daran, etwas zu verändern. Streaming ist so beliebt wie noch nie und gerade für junge Menschen nicht mehr wegzudenken.  

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Grafik zum Streamingverhalten | Quelle: 2.000 Befragte, ab 14 Jahren: ZDF/ARD/Statista/ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/760415/umfrage/anteil-der-musikstreaming-nutzer-nach-altersgruppen-in-deutschland/

Frauenpower im Streaming?

Einen großen Einfluss auf unseren Musikkonsum und die Charts hat das Musikstreaming. Verschiedene Musikplattformen bieten zum Beispiel Playlists, in denen sofort die neuesten Releases abrufbar sind. Newcomer*innen wird damit die Chance für den Durchbruch in der Musikwelt gegeben. Solche Playlists werden von Redakteur*innen der Streaminganbieter zusammengestellt. Angenommen, es werden jetzt noch mehr reine Frauen-Playlists redaktionell erstellt, dann würde es mehr Gleichberechtigung geben, oder? Jein ist wahrscheinlich die treffendste Antwort. Es kommt eher eine weitere Frage auf: „Wie inklusiv ist eine Frauen-Playlist? Die zu haben, ist gut. Aber genauso wichtig ist es, Frauen in gemischten Playlisten zu platzieren!“. So Katrin Liebold, Head of Music Germany von Deezer. Daran sollten auch andere Streaminganbieter arbeiten. Die Redaktion von Katrin Liebold sei auch überwiegend weiblich und habe sich auf die Flagge geschrieben, Frauen mehr Sichtbarkeit zu geben, so die Head of Music. Ein sehr wichtiger Schritt, damit Frauen auch die Möglichkeit bekommen, gehört zu werden.

Wie inklusiv ist eine Frauen-Playlist? Die zu haben, ist gut. Aber genauso wichtig ist es, Frauen in gemischten Playlisten zu platzieren!

Katrin Liebold, Head of Music Germany von Deezer

In der Recherche zu diesem Kommentar ist auch der Musikstreamingdienst Spotify für ein Interview angefragt worden. Ein Termin ist aus „Kapazitätsgründen“ seitens Spotify nicht zustande gekommen. Dafür gab es eine kurze Mail von einer PR-Agentur zum EQUAL-Programm des Streaminganbieters und insgesamt drei Links.

EQUAL ist seit 2021 ein hauseigenes Förderprogramm von Spotify für Newcomer*innen in der Musikbranche. Auch Plattformen wie Tidal, Deezer und Co. bieten ähnliches an. Ausgewählte Artists haben die Chance, in größeren Playlisten zu kommen. 4.100 Künstlerinnen seien in den letzten zwei Jahren durch das EQUAL-Programm zu erstem Mal in einer redaktionellen Playlist gelandet, heißt es seitens Spotify. Eine der größten Profiteurinnen von EQUAL ist diepolnische Pop-Sängerin Sara James. 2022 ist sie von Spotify als die meist gehörteste Künstlerin aus dem EQUAL-Programm ausgezeichnet worden.

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Die Top-Tracks der aufstrebenden Pop-Sängerin | Quelle: Spotify

Es geht was! Oder?

Damit weibliche Künstler*innen auch in Zukunft mehr Aufmerksamkeit bekommen, muss vor allem die Generation Z mehr Künstlerinnen streamen. Gleichzeitig sollten sich die Musikstreaminganbieter auf die Flagge schreiben, weibliche Artists noch mehr zu fördern. Vor allem könnten die Anbieter noch öfter mal eine kleinere Künstlerin in die Playlist ziehen. Das Ziel sollte sein, dass das Geschlecht des Acts bei der Erstellung der Streaming-Playlist egal ist. Fakt ist aber auch, dass die Streaminganbieter unter anderem abhängig von den Labels sind, bei den die Künstler*innen unter Vertrag stehen. Vor allem die Labels müssen sich also verändern und bereit sein, mehr Frauen zu signen. Die Streaminganbieter können so viele Förderprogramme an den Start bringen, wie sie wollen, wenn die Labels kein Interesse haben, Frauen unter Vertrag zu nehmen. Dementsprechend müssen die Labels dieses Problem angehen und sich öffnen für neue Künstlerinnen, sonst wird das mit Gleichberechtigung in den Playlists nichts. 

Dieser Beitrag ist ein Teil des Dossier-Themas "Frauen in der Musikindustrie". Wenn ihr noch mehr über den geschichtlichen Hintergrund von Frauen in der Musik wissen wollt, könnt ihr gerne unsere Analyse "Musikerin: Brotlose Kunst" lesen. Außerdem haben wir auch einen Podcast "Ungleichheit: Warum haben es Frauen in der Musik schwerer?", hört dort gerne mal rein.