Nachhaltigkeit

Plastikfreie Kosmetik – eine Alternative?

Nicht nur Shampoos, sondern auch Bodybutter und Waschgel gibt es in Seifenform.
21. Dez. 2020
Nachhaltigkeit, Zero Waste und Müllvermeidung sind auch in der Beautyindustrie angekommen. Doch wie unterscheidet sich nachhaltige Kosmetik von reinen Marketing-Produkten? Können „plastikfreie Drogerien“ und Unverpacktläden dabei helfen?

Die Drogeriemärkte quillen gerade über vor farbenfrohen Verpackungen, die neben glänzendem Haar auch Geschmeidigkeit und Wellness versprechen. Seit Neuestem sind viele dieser Shampoos, Duschgele und Zahnpasten aber nicht mehr in Plastik verpackt. Auf den ersten Blick erkennt man plastikfreie Kosmetik in konventionellen Drogerien, Reformhäusern und Bio-Supermärkten an der Verpackung, in der auf Glas und Papier gesetzt wird.

Entscheidend für die Nachhaltigkeit der Produkte ist aber nicht nur die Verpackung, sondern vor allem auch die Inhaltsstoffe. In vielen Kosmetikprodukten finden sich nicht nur verschiedenste Öle, sondern auch feines Mikroplastik. Verbraucher*innen, die zu festen, in Papier verpackten Produkten greifen, möchten aber ein ganzheitlich nachhaltiges Produkt und akzeptieren keine umweltschädlichen Stoffe. Bei nachhaltiger Kosmetik heißt es: „Weniger ist mehr.“ Es wird also vielmehr betont, welche kritischen Bestandteile nicht enthalten sind, beispielsweise umstrittene Stoffe wie Mikroplastik, Palmöl, Mineralöle oder Silikone. Deshalb wird auf den bunten Verpackungen häufig mit den Begriffen Naturkosmetik oder „100 Prozent natürlich“ geworben. Diese Begriffe sind jedoch nicht geschützt, weshalb es den Konsument*innen zunehmend schwerfällt, tatsächlich nachhaltige Produkte von Greenwashing zu unterscheiden.

Was steckt hinter den Siegeln?

Eine Orientierungshilfe beim Kauf nachhaltiger Produkte können offizielle Zertifizierungen darstellen. Allerdings gibt es mittlerweile so viele unterschiedliche Siegel, dass Verbraucher*innen auch hier schnell den Überblick verlieren können. Mittlerweile verwenden auch viele Hersteller Logos auf den Verpackungen, die den offiziellen Siegeln zum Verwechseln ähnlich sehen. Das kann Kund*innen in die Irre führen. Dass zertifizierte Naturkosmetik beispielsweise automatisch keine Silikone oder Parabene enthält, wissen laut dem Magazin „Öko-Test“ viele nicht. In der Ausgabe vom September 2020 wurden 26 Haarseifen und feste Shampoos untersucht. Dabei schnitten fast alle Produkte mit der Note „sehr gut“ ab, wobei zehn Produkte gar keine Naturkosmetik-Zertifizierung vorweisen. Gerade kleinere Hersteller können sich nämlich oft die Kosten einer Zertifizierung nicht leisten und haben trotzdem überzeugende Inhaltsstoffe. Aber auch bei Naturkosmetik ist Vorsicht geboten. So steckt beispielsweise hinter der zertifizierten Naturkosmetikmarke Sante das Kosmetikunternehmen L’Oréal. Der in die Kritik geratene Großkonzern Nestlé hat Anteile an L’Oréal, weshalb manche Bio-Supermärkte bereits Sante boykottieren.

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Diese Siegel finden sich in Deutschland auf Kosmetikprodukten. | Quelle: Amelie Schwemm

Wo findet man nachhaltige und plastikfreie Kosmetik?

Mittlerweile gibt es auch in den konventionellen Drogeriemärkten wie dm, Rossmann und Müller ein Angebot von bestimmten plastikfreien Produkten, zum Beispiel festes Shampoo oder festes Duschgel. Allerdings stehen die Produkte dort zwischen einer Flut an in Plastik verpackter Haarpflege und die Unterschiede zwischen den Produkten sind kaum erkennbar. Hergen Blase führt bereits seit eineinhalb Jahren einen Unverpacktladen in Ludwigsburg und hat vor kurzem eine kleine Unverpackt-Drogerie in Stuttgart eröffnet, die ausschließlich plastikfreie Produkte anbietet. Er findet:

„Im klassischen Drogeriemarkt finden sich auch viele andere Produkte. Ich glaube, es ist für den Kunden daher nicht einfach, zu differenzieren: Okay, was ist jetzt auch tatsächlich nachhaltig produziert?“

Hergen Blase, Geschäftsführer von „Ohne PlaPla“

Auch in Reformhäusern und Bio-Supermärken finden sich viele plastikfreie Produkte, die häufig offiziell zertifiziert sind und damit auch umweltfreundliche Inhaltsstoffe haben. Bei nicht zertifizierter Kosmetik können Apps wie Code-Check die Suche nach dem passenden Produkt erleichtern. Dabei scannt man ganz entspannt den Barcode mit dem Handy ab und erhält Informationen und gleichzeitig Erklärungen zu den Inhaltsstoffen. Für Verbraucher*innen ist es aber ziemlich aufwendig, jedes Produkt zu scannen und bei jeder Kaufentscheidung abzuwägen, ob das Produkt die persönlichen Kriterien erfüllt. Auch online gibt es ein großes Angebot an plastikfreien und nachhaltigen Kosmetikherstellern. Allerdings gibt es selten einen Hersteller, der mehrere unterschiedliche Bereiche abdeckt. Deswegen müssen sich Verbraucher*innen oft ihre Produkte bei mehreren Online-Shops zusammensuchen. Dabei ist der zusätzliche CO2-Ausstoß durch den vielen Versand auch nicht gerade umweltfreundlich.

Die erste plastikfreie Drogerie „Ohne PlaPla“ in Stuttgart

Die plastikfreie Drogerie „Ohne PlaPla“ liegt zentral am Königsbau in Stuttgart.
Die Regale sind aus Holz und die Produkte stehen im Mittelpunkt.
Gesichtsöle werden in Glasfläschchen verkauft oder können selbst abgefüllt werden.
Shampoos und Seifen werden im Laden komplett unverpackt verkauft.

Im Oktober 2020 hat in Stuttgart die plastikfreie Drogerie „Ohne PlaPla“ eröffnet. Gründer Hergen Blase meint, dass die Drogerie „Ohne  PlaPla“ zu den ersten dieses Konzepts gehört. Die Produkte sind nicht nur plastikfrei, sondern enthalten auch kein Palmöl. Die hohe Nachfrage an Palmöl führt dazu, dass oft illegal Regenwaldflächen für Plantagen der Ölpalme abgeholzt werden. Gerade Palmöl ist in vielen Kosmetikprodukten enthalten und kann auch von Apps wie Code-Check nicht immer eindeutig identifiziert werden.

Während in normalen Unverpacktläden die Anzahl an Produkten im Bereich Hygiene und Kosmetik begrenzt ist, gibt es in der Drogerie eine große Auswahl an unterschiedlichen Produkten. So können beispielsweise auch Leute, die sich nicht mit fester Zahnpasta in Tablettenform anfreunden können, in der Zahnpasta zum Abfüllen eine Alternative finden. Im Gegensatz zu den überfüllten Regalen der üblichen Drogerien sind die Verkaufsflächen bei „Ohne PlaPla“ schlicht gehalten und die häufig komplett unverpackten Produkte stehen im Mittelpunkt. Kund*innen werden nicht auf jeder Verpackung mit Begriffen bombardiert, sondern können das Produkt wählen, das sie persönlich am meisten anspricht. Auch die kompetente Beratung im Laden kann eine Hilfe für Neulinge sein. Weitere Qualitätskriterien der Unverpackt-Drogerie sind Tierschutz und Regionalität. In dem Laden werden auch Produkte von regionalen Manufakturen und kleinen Unternehmen angeboten, die aufgrund geringer Produktion nicht bei den großen Ketten wie dm oder Rossmann im Regal stehen.

Doch auch in Unverpacktläden verirren sich ab und zu Produkte, die nicht zu 100 Prozent plastikfrei sind oder fragwürdige Inhaltsstoffe aufweisen. Das zeigt, wie komplex das Thema ist und dass es selbst Expert*innen schwerfällt, sich unter der Vielzahl an Herstellern zurechtzufinden. Plastikfreie Kosmetik mit nachhaltigen Inhaltsstoffen können Verbraucher*innen auch in klassischen Drogerien oder Bio-Supermärkten finden. Der Aufwand ist jedoch höher und die Auswahl an plastikfreien Produkten deutlich geringer. Unverpacktläden oder spezielle plastikfreie Drogerien stellen dafür eine mögliche Lösung dar, um gebündelt verschiedene Produktarten plastikfrei kaufen zu können. Trotzdem kann man sich Nachhaltigkeit nicht bequem erkaufen. Wer nachhaltig leben möchte, muss bewusst konsumieren – nicht nur in der Drogerie.