Insekten essen 2 Minuten

Gut für die Umwelt und voller Protein. Was wollt ihr noch?

Ein Löffel mit Mehlwürmern, der zum Mund geführt wird.
Ich finde, dass mehr Offenheit gegenüber Insekten gefragt ist. | Quelle: Sebastian Boecker
10. Dez. 2025

Wir essen Hummer und Garnelen: Warum dann nicht auch Mehlwürmer? Nicht viel mehr als eine 70 Jahre alte kulturelle Abneigung hält uns noch davon ab, Insekten und deren Würmer zu essen. Zudem ist eine proteinreiche Fleischalternative sowieso überfällig.

Klar, Insekten auf dem Teller wirken auf den ersten Blick eklig. Der Verzehr von Pasta mit Mehl aus Mehlwürmern fühlt sich für manche Menschen an wie eine Dschungelprüfung – und das ohne 100.000 Euro Gage. Aber sind wir nicht eigentlich nur verweichlichte Westler, die mal über ihren Schatten springen müssen? Den Ekel vor Insekten halte ich wirklich für ein Luxusproblem. Gerade in Bezug auf die Umweltbilanz von Fleischkonsum stellen Insekten laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) eine umweltschonende Alternative zu Fleisch dar. Auch könnte beispielsweise auch nur ein leichter Anstieg des Konsums von rotem Fleisch den circa Zehn Milliarden Menschen bis 2050 keine gesunde Ernährungsform mehr garantieren. Trotzdem braucht jeder Mensch Eiweiß – nicht nur Fans der Bodybuilding-Legende Markus Rühl. 

Auf der Welt mit über acht Milliarden Menschen essen momentan über zwei Milliarden Menschen regelmäßig Insekten. Was unterscheidet diese Menschen – zum Beispiel aus Asien – von uns? Nicht viel mehr als ihre (Ess-) Kultur. Aber auch bezüglich der europäischen Essgewohnheiten: Wir konsumieren bereits Elemente der asiatischen Esskultur. Sushi, Pekingente und Thai-Food sind doch auch kein Problem. Oder Streetfood auf der Thailandreise probieren wird als Abenteuer gefeiert. Aber wehe, Insekten kommen zu Hause auf den Teller. Und das bisschen Ekel vor Krabbeltieren. Was ist dann mit Garnelen, die bekanntlich sehr viele kleine Füßchen haben und den vom Verbraucherschutz aufgelisteten, bei uns bereits zugelassenen Speiseinsekten ähnlich sehen?

Insekten wurden noch bis vor siebzig Jahren in Deutschland gegessen

Wer annimmt, dass Insekten hierzulande vielleicht in der Steinzeit oder höchstens noch in Hungersnöten im Mittelalter gegessen wurden, liegt falsch. Nicht nur Survival-Gurus, sondern von ganz normalen Leuten wurde zum Beispiel die Maikäfersuppe verzehrt. Das Rezept dafür: 30 Maikäfer pro Portion in einem Mörser zermahlen, dann anbraten und anschließend in Brühe kochen. Die Maikäfersuppe sowie gezuckerte Maikäfer wurden bis in die 1950er Jahre in Deutschland verzehrt. Die Menschen in Deutschland haben also Insekten gegessen. Zumal Insekten schon in der Antike von den Griechen und Römern genossen wurden. Und Aristoteles hat bereits im vierten Jahrhundert Zikaden als Delikatesse bezeichnet.

Löffel in Müslischale mit Joghurt, Beeren und Mehlwürmern.
Vergesst Eiweißpulver: Dieses Frühstück liefert einen richtigen Protein-Boost.
Quelle: Sebastian Boecker

Heute stehen wir mit über acht Milliarden Menschen und dem Klimawandel eigentlich vor anderen Herausforderungen als eine 70 Jahre alte, kulturell geprägte Abneigung gegen Insekten auf dem Teller. Ich dachte eigentlich, wir wären progressiv und wollen weniger Fleisch essen. Ich dachte, wir wollen die Welt retten. Insekten wären ein Teil der Lösung, schließlich verursachen sie in der Aufzucht verglichen mit Rindfleisch rund 80 Prozent weniger CO₂. Mit dem Verzehr der krabbelnden Proteinbomben wären also mehr Nachhaltigkeit und ein Beitrag zur Stillung des Welthungers möglich. Was wollen wir noch?

Noch nicht überzeugt? Ich kann euch beruhigen: Insekten werden bei uns meist sowieso nur in Pulverform verzehrt. Wir merken also nicht mal, dass wir sie essen. In der EU sind bereits seit 2015 per Verordnung gemahlene Mehlwürmer und Co. in Müslis, Snacks und Fleischersatzprodukten enthalten. Das sind doch Produkte, die wir alle schon mal gegessen haben.

Ich finde, wir müssen umdenken, den anfänglichen Ekel vor Insekten überwinden und alles in Perspektive setzen. Schließlich gibt es immer noch viel zu viele Menschen auf der Welt, die hungern und sich über einen Insektenburger wirklich freuen würden. Und Gott sei Dank wächst der Markt für Speiseinsekten jedes Jahr. Insekten essen ist das neue Fleisch und nun wirklich kein Problem, außer vielleicht für Menschen mit einer Allergie und für diejenigen, die hobbymäßig Insekten sammeln. Und ich bin sicher, auch Markus Rühl würde Insekten essen. Warum dann nicht ihr, ihr Ewiggestrigen!

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