Human Enhancement

Hack Yourself!

Inwieweit sollte der Mensch die natürliche Evolution überlisten und darf man sich neuester Technologie einfach so bedienen und diese in sich einpflanzen?
30. Jan. 2019

Tagtäglich machen wir uns immer abhängiger von innovativer Technologie. Lange wird es nicht mehr dauern, dann sind externe Geräte überflüssig, weil wir das Gehäuse für Prozessoren und Platinen sein werden. Der Gedanke daran lässt einen im ersten Moment erschaudern. Bis man herausfindet,  was überhaupt alles möglich ist. 

Motoko nimmt noch einmal tief Luft, bevor sie sich von einem Hochhaus stürzt. Während ihres Sturzfluges passt sich ihr Körper chamäleonartig der Umgebung an und Stockwerke tiefer bricht sie durch eine Glasfront, weicht dem ihr entgegenkommenden Kugelhagel ihrer Feinde mühelos aus. Die perfekte Waffe gegen das Verbrechen. In dem Science-Fiction-Blockbuster „Ghost in the Shell“ wird nach einem Unfall das Gehirn von Motoko Kusanagi (Scarlett Johannson) in eine Maschine implementiert. Die Verknüpfung funktioniert, ein Cyborg (Cybernetic Organism) ist geboren. 

Das mag alles sehr futuristisch klingen, dennoch ist der menschliche Körper sehr wohl dazu in der Lage, sich selbst durch technologischen Fortschritt zu verbessern, beziehungsweise durch Schicksalsschläge erlittene Schäden zu korrigieren. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, wie die Grenzen zwischen Mensch und Technik immer weiter verschwimmen. Doch die Zukunft wartet nicht und wir sollten alle mit dem Gedanken spielen, wie der Mensch von Morgen auszusehen hat.

Korrektur durch das Implementieren von Technik? Gehör-, Seh- und Herzfehler lassen sich mit heutiger Technologie beheben bzw. korrigieren. Das sogenannte Cochlea-Implantat verhilft gehörlosen Menschen, durch elektromagnetische Impulse, die den Hörnerv stimulieren, wieder zu hören. Aber hier trennen sich die Gemüter der Gehörlosen-Community. Für die einen ist das Implantat ein Segen und ermöglicht eine barrierefreie Kommunikation, bei anderen stößt man – entschuldigen Sie das Wortspiel – auf taube Ohren. Sie lehnen den Eingriff konsequent ab, sehen ihre Einschränkung eher als charmanten Makel, einige reden sogar von einem Genozid an ihrer Kultur. Ein scheußlicher Vergleich, zumal niemand gezwungen wird, ein Implantat zu tragen.

Querschnittsgelähmten Menschen kann durch solch eine Verfahrenstechnik das Laufen wieder ermöglicht werden. Bedingt muss man sagen, denn die Forschungen dazu befinden sich noch im Frühstadium. Simpel gesagt werden Elektroden entlang der Wirbelsäule mit den Nerven verbunden, die vom Gehirn getrennt wurden. Epidurale elektronische Rückenmarkstimulation nennt sich das in der Fachsprache und per Definition sind solche Menschen Cyborgs. Allein die Bezeichnung kann Unbehagen oder Faszination auslösen. 

Weltweit tragen rund 500.000 Menschen ein Cochlea-Implantat, allein 45.000 davon leben in Deutschland (Stand: 01.04.2016)
1: Soundprozessor 2: Sendespule 3: Implantat 4: Elektronenträger

Im Prinzip sind wir aber alle schon ein wenig Mensch-Maschine. In den letzten zehn Jahren machte die digitale Technologie einen immensen Fortschritt. Wo früher der Computer das Portal zum Internet war, ist das Smartphone unser ständiger Begleiter und dient heute als Sprachrohr einer ganzen Generation. Wir identifizieren uns darüber, koppeln Smartwatch und Fitnesstracker, die den Alltag überwachen und Feedback geben. Oder wüssten Sie ohne, wie viele Schritte sie heute schon gelaufen sind? In einer leistungsorientierten Gesellschaft scheinen das, für den Einzelnen, wichtige Informationen zu sein. Höher, weiter, schneller – maximaler Output!

Der nächste logische Schritt in Richtung Zukunft wäre also die vollständige Fusion mit unserem treuen Begleiter. Ein Unternehmen in Hamburg verfolgt jenes Ziel und bietet Kunden die Implantierung von digitalen Chips an, auf denen medizinische Krankenakten oder Bankdaten gespeichert werden können. Das geht soweit, dass man sogar elektronische Schlösser damit öffnen kann. Die reiskorngroßen Chips werden dabei unter die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger eingesetzt. Nie wieder Geldbeutel bzw. Schlüssel bei sich tragen oder das lästige Suchen danach anfangen. 

Viele befürchten, dass die hautverträglichen Implantate und die darauf gespeicherten Informationen gehacked werden können. Die Chips senden aber erst dann Signale aus, wenn ein lesefähiges Gerät die Haut berührt.
Über den hauseigenen Online-Shop kann man sich die bespielten Chips auch nach Hause liefern lassen. Speziell ausgebildete Piercer können diese dann unter die Haut setzen.
Dr. Patrick Kramer (CEO Digiwell - upgrading humans) ist sich sicher, dass solche Implantate in Zukunft auch Leben retten werden. Er selbst trägt z.B. seine medizinische Krankenakte immer bei sich, unter der Haut versteht sich.

Aber wo geforscht und Zustimmung gewonnen wird, gibt es auch Skeptiker und Kritiker. Die Art und Weise wie man Technologie einsetzt ist entscheidend, denn schon heute kämpfen wir gegen einen kaum greifbaren Feind – das Darknet und die damit verbundene Kriminalität. Was also, wenn diese Möglichkeiten nicht nur zum Guten verwendet werden oder man sich bewusst einen Vorteil gegenüber anderen verschaffen möchte? 

Der Gesetzgeber scheint darauf noch keine richtige Antwort gefunden zu haben, denn Richtlinien und Regularien sucht man vergebens. Im Prinzip ist alles möglich. Alleine die jüngst verabschiedete EU-Datenschutz-Grundverordnung zeigt, wie wir die digitale Revolution aufarbeiten müssen. 

Ein Thema, welches uns zum moralischen und ethischen Diskurs bittet. Es liegt an uns, der Menschheit.