Die Lüge des ewigen Kriegs
Ein weiterer Weltkonflikt, ähnlich dem ersten oder zweiten Weltkrieg, und das in den nächsten 25 Jahren – dieses Szenario halten 53 Prozent der Deutschen für wahrscheinlich. Die Bilder und Nachrichten, die uns täglich von den Fronten erreichen, vermitteln den Eindruck, dass militärische Auseinandersetzungen unumgänglich und fester Bestandteil des Menschen seien. Doch dabei ist systematische Gewalt kein natürliches Phänomen. Hinter jedem bewaffneten Angriff steht eine bewusste Entscheidung politischer Akteure. Bündnisse wie die EU zeigen, dass Krieg vermieden werden kann, wenn Regierungen Verantwortung übernehmen und Raum für Zusammenarbeit schaffen.
Definition von Krieg:
Ein mit Waffengewalt ausgetragener Konflikt zwischen Staaten, Völkern; eine größere militärische Auseinandersetzung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Quelle: Duden
Schon immer?
In vielen Geschichtsbüchern stehen Machtkämpfe und Konflikte unserer Vorfahren im Mittelpunkt, friedliche Phasen finden kaum Beachtung. Vielleicht entsteht dadurch die Annahme, die Menschheit hätte „schon immer“ Krieg geführt. Diese dient in Alltagsdiskussionen oft als Erklärung dafür, warum es auch in Gegenwart und Zukunft militärische Auseinandersetzungen geben muss. Allerdings ist die Vorstellung des ewigen Kriegs falsch: Archäologische Funde zeigen, dass es den Homo Sapiens seit 300.000 Jahren gibt, organisierte Gewalt hingegen erst seit etwa 10.000 - 12.000 Jahren, seitdem Menschen sesshaft wurden. Der Krieg liegt also nicht in unserer Natur, sondern ist ein institutionelles und politisches Produkt. „Schon immer“ ist außerdem mehr eine Ausrede als ein Argument. Menschen sind schließlich lernfähig und können ihr Verhalten ändern. Die Gesellschaft hat Frauen ebenfalls lange Zeit benachteiligt, aber hat erkannt, dass diese Gewohnheit falsch war und strebt nun nach Gleichberechtigung. Warum sollte Krieg nicht gleichermaßen abgeschafft werden können?
„Eine bloße Fortsetzung der Politik“
Die Ursachen eines Kriegs sind vielschichtig und komplex, das soll nicht bestritten werden. Doch in den meisten Fällen stehen politische Ziele im Vordergrund. „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln” formulierte es der preußische General Carl von Clausewitz 1832. Militärische Angriffe sind oftmals nur Mittel zum Zweck, um beispielsweise Machtstreben und ideologische Ziele von Regierungen zu erfüllen oder frühere Niederlagen zu rächen. Und wie lässt sich eine Gesellschaft überzeugen, ihr Leben für fremde Interessen aufs Spiel zu setzen? Die Präambel der UNESCO beschreibt, dass Kriege im Geist der Menschen entstehen. Das machen sich Herrschende, wie zum Beispiel Putin, zunutze um ihren Willen durchzusetzen. Durch die Verbreitung von Narrativen und Ideologien über verschiedene Kanäle lassen sie Bevölkerungen glauben, gewaltsame Verteidigung sei der letzte und richtige Ausweg. Dabei spielt Angsterzeugung eine wichtige Rolle. Menschen sind bereit zu kämpfen, wenn sie sich einem bedrohlichen Gegner gegenübergestellt sehen, also muss das Bild eines solchen gezeichnet werden. Mit der Zeit kann die Furcht in Wut und Hass umschlagen, was den Kriegstreibern zugutekommt.
Eine zweite Vorstellung, die im Alltag häufig auftaucht, ist dass der Mensch eine Bösartigkeit in sich tragen müsse, die Kriege unvermeidbar macht. Es ist richtig, dass wir eine Veranlagung zur Aggression besitzen. Diese sollte evolutionär gesehen das Überleben unserer Gruppe in bedrohlichen Situationen sichern. Die Verhaltensforschung betont jedoch, dass eine Veranlagung nicht mit einem inneren Grundbedürfnis gleichzusetzen ist, das zwanghaft ausgelebt werden müsste. Es kommt ganz auf äußere Umstände an, ob sie zum Vorschein kommt oder nicht. Eine Untersuchung mit 5.000 amerikanischen Soldaten zeigt außerdem, dass Krieg für den Menschen auch trotz dieses Gewaltpotenzials, eine Extremsituation darstellt. Von den Teilnehmern berichteten 76 Prozent über heftiges Herzklopfen während eines Einsatzes, 52 Prozent über unkontrollierbares Zittern, 50 Prozent über Erfahrung mit Ohnmachten, Schweißausbrüchen oder Übelkeit und 12 Prozent darüber, dass ihr Schließmuskel versagte.
Mensch und Krieg sind nicht untrennbar verbunden. Durch Diplomatie, Bildung und nachhaltige Sicherheitspolitik könnten unsere Nachrichten ganz anders aussehen und ein dritter Weltkrieg verhindert werden.
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