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Der Duft der Zukunft liegt in der Luft

Jörg Ilzhöfer kocht mit AR-Brille „Apple Vision Pro"
Wird so in der Zukunft gekocht? Jörg Ilzhöfer testet, ob sich die „Apple Vision Pro" als Küchenassistent eignet. | Quelle: Cornelius Mann
06. Juli 2025

Wie viele Proteine haben Algen und Insekten? In der Studioproduktion „Eine Prise Zukunft“ von den Bachelorstudiengängen Audiovisuelle Medien und Digital- und Medienwirtschaft wird futuristisch gekocht. Wie Mahlzeiten und Zubereitung in der Zukunft aussehen könnten, haben sie mit Hightech, Heuschrecken und Food-Sharing live auf YouTube gezeigt.

Ein kühles Studio an einem heißen Sommerabend, mit Kletterpflanzen und grünen Lichtern dekoriert. Zwischen einer Küchenzeile und einem Stehtisch hängt ein leuchtendes Schild mit der Aufschrift „Eine Prise Zukunft“. Etwa 30 Studierende haben während des gesamten Sommersemesters an der futuristischen Kochshow gearbeitet und sie am 01. Juli 2025 endlich vor einem Live-Publikum, im Studio und auf YouTube, über die Bühne gebracht.

Die Studierenden haben sich nicht nur der Frage gestellt, wie die Zukunft schmecken wird, sondern auch, wie sich Ernährung und Konsum in den nächsten Jahren verändern werden. Unterstützt wurden sie dabei vom Koch Jörg Ilzhöfer, Gründer und Inhaber von „ILZHÖFERs Event-Kochschule“ und Sabine Schütze, Ernährungsberaterin, Journalistin und Redakteurin aus der SWR-Umweltredaktion.

Hinter den Kulissen gibt es kurz vor Start der Sendung von den Moderatoren Clemens Pfalzer und Luis Bracht für das Publikum eine Klatschanleitung, denn „Klatschen ist strengstens erlaubt“. Die fertige Show ist auf dem YouTube-Kanal von HdM Fernsehfreund (@hdmfernsehfreund6776) zu sehen.

Aufgezeichnete Livesendung von "Eine Prise Zukunft" | Quelle: https://www.youtube.com/live/C4z72HP36ME?si=Q44EymKvXkU-SlgX

Der Appetizer: Wenn dir dein Essen in die Augen schaut

Als Vorspeise bereiten Jörg Ilzhöfer und Clemens Pfalzer einen Salat zu, ganz klassisch also. Die Besonderheit ist das Topping: geröstete Heuschrecken, Mehlwürmer und Heimchen. Als Stärkung wird aber erst einmal ein Proteinriegel mit Buffalowürmern probiert. Im Studio, aber auch am der Campus der HdM konnten Studierende kosten; doch die Meinungen gehen auseinander. Ein Student sagt: „Würde man nicht sehen, dass das wirklich Würmer sind, wäre es besser."

Im Studio erklärt Sabine Schütze warum Insekten als Alternative zu konventionellem Fleisch in Zukunft eine größere Rolle spielen werden: Nicht nur der Eiweißanteil sei in etwa doppelt so hoch, auch die Haltung ist im Vergleich zur typischen Massentierhaltung effizienter. Die Insekten würden weniger Wasser und Futter benötigen und sich im Vergleich zu Kühen, Schweinen oder Hühnern auf engstem Raum richtig wohlfühlen.

„Insekten fühlen sich wahnsinnig wohl in Massen, die haben es gerne kuschelig.“

Sabine Schütze, Ernährungsexpertin

Um den Salat abzurunden, fehlt noch ein leckeres Dressing und auch hier wird es wieder innovativ: Ein Pesto, verfeinert mit Mikroalgen, die Dr. Lena Kopp mitgebracht hat. Sie erklärt: „Mikroalgen bestehen zu ungefähr 50 Prozent aus Proteinen, haben aber auch Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel für die Hirnfunktion wichtig sind." Für den Anbau der Algen würden weder Pestizide noch Ackerland benötigt. In Zukunft könnte man sie sogar zuhause anbauen. An der Uni Hohenheim forscht Dr. Kopp mit ihrem Team auch an Algen, die noch nicht als Nahrungsmittel zugelassen sind. Sie könnten künftig immer relevanter werden, gerade wegen der wichtigen Omega-3-Fettsäuren, die man sonst fast ausschließlich in Fisch findet. Da die Algen auch fischig schmecken, könnte man sie für die Herstellung von Fisch-Ersatzprodukten einsetzen, die dem Fisch nicht nur im Geschmack, sondern auch in Nährstoffen gleichen, so Dr. Lena Kopp.

Nun wird der Salat probiert. Jan Luca aus dem Publikum meldet sich freiwillig. „Mehlig“ sagt er, nachmachen würde er es nicht. Die größte Hürde sei wohl doch das Visuelle, das sagt auch Linus aus der Regie. Er hat die Chance zum Probieren nach der Generalprobe nicht genutzt: „Wenn man so eine Heuschrecke einmal als Nahaufnahme auf dem Bildschirm gesehen hat, will man die nicht mehr essen“.

Hightech-Tagliatelle als Hauptspeise

Um die Verbindung von Robotik und Kulinarik zu erleben, haben die Studierenden die Kantine des Gesundheitszentrums der Uni-Klinik Tübingen besucht. Die Kochroboter-Firma „goodBytz" hat einen 24-Stunden-Kochautomaten entwickelt, der in einer Stunde bis zu 150 One-Pot-Gerichte zubereitet. Die frischen Zutaten werden in den Roboter eingefüllt und die Gäste bestellen über einen Touchscreen. Das Ergebnis: Frisch zubereiteter Gemüsereis oder Kaiserschmarrn innerhalb weniger Minuten. 

Auch im Studio wird die „Küchen-Technik“ von morgen live getestet. Krešimir Vidačković, Professor für Multimedia-Engineering an der HdM, stellt die „Apple-Vision-Pro" vor. Eine Mixed-Reality-Brille, die die virtuelle und die reale Welt miteinander verschmelzen lässt. Beim Kochen von Tagliatelle mit Zitronen-Basilikum-Sauce steuert Jörg Ilzhöfer das viertausend Euro teure Gerät mit Gesten, Blicken und Sprache. Die einzelnen Rezeptschritte erscheinen in der Luft über der Arbeitsplatte. Ein virtueller Timer kann an einem der Kochtöpfe befestigt werden und sorgt für perfekt gegarte Nudeln. Laut Ilzhöfer ein „tolles Goodie“, das vor allem Anfänger*innen das Kochen erleichtern kann.

Zur Nachspeise: Erfrischung aus geretteten Lebensmitteln

Während Hightech-Geräte kulinarische Arbeit neu definieren, möchte das Stuttgarter Café Raupe Immersatt zeigen, wie wichtig der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln ist. Mit seinem Foodsharing-Konzept hat das Café seit 2018 bereits 87 Tonnen Essen vor dem Wegwerfen gerettet. Moderator Clemens gibt überschüssige Vorräte im „Fairteiler“ des Cafés ab – wer will, nimmt sie kostenlos mit. Clemens selbst entscheidet sich für Bananen, Erdbeeren und Joghurt für das Dessert. Mitarbeiterin Aileen hofft jedoch, dass dieses Modell nicht dauerhaft nötig ist: „Foodsharing schafft sich hoffentlich selbst ab. Das Ziel ist, Überkonsum zu stoppen und nur noch das zu kaufen, was man wirklich verbraucht.“

Die Show ist beim letzten Gericht für diesen Abend angekommen: Ein Bananen-Blitz-Eis – zubereitet aus den geretteten Lebensmitteln. „Kalt und lecker“ lautet die Bewertung eines Zuschauers, der dieses Mal probieren darf. Perfekt für einen warmen Sommerabend wie diesen und „auch in jeder Studentenküche zuzubereiten", mit einem einfachen Mixer.

„Das Schlimmste, was man tun kann, ist nichts zu tun!"

Lena Dillmann, „USCHI"-Leiterin

Lena Dillmann, die letzte Gästin an diesem Abend, darf das Eis ebenfalls probieren. Sie setzt sich als Leiterin der Umweltschutzinitiative „USCHI“ an der Hochschule für Nachhaltigkeit ein. „Jeder kleine Schritt hilft. Das Schlimmste, was man tun kann, ist nichts zu tun!“, sagt die Studentin. „Niedrige Hemmschwellen“ seien wichtig, um jeden zu einem umweltbewussteren Verhalten zu motivieren. Das Einkaufen regionaler und saisonaler Produkte zeige eine große Wirkung und Food-Sharing mit Freund*innen könne sogar richtig Spaß machen.

Studierende und Matthias Adler steuern die Technik im Regieraum während der Livesendung.
Höchste Konzentration: Während der Livesendung werden die Studierenden vom akademischen Mitarbeiter Matthias Adler (rechts) unterstützt.
Quelle: Cornelius Mann

„Und cut!“ Nach knapp 90 Minuten sind die Bäuche voll, die Zuschauenden inspiriert und die Sendung ein voller Erfolg: 150 Personen waren live auf YouTube dabei, 74 Menschen sahen vor Ort im Studio zu. Nach einem Tag hat die Liveshow über Tausend Klicks. „Fleißig einschalten!“ empfiehlt Aufnahmeleiterin Vicky allen, die etwas über die Ernährung von morgen lernen wollen. „Und selbst mitmachen!“, ergänzt Linus. Wer jetzt selbst Lust auf Live-TV bekommen hat, ist bei der „Studioproduktion Fernsehstudiotechnik“ an der HdM jederzeit willkommen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und vielleicht schon bei der Livesendung im nächsten Semester dabei zu sein. Ob hinter der Kamera, am Moderationspult oder als Testesser*in für Heuschrecken.

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