Rückstandslos

n-Octanol - Die Designerdroge unter den Kraftstoffen

Treibstoff aus erneuerbaren Energien. Und CO2.
27. Juni 2020

Durch den immer wichtiger werdenden Umweltschutz stellt sich auch zunehmend die Frage nach Veränderungen in der Mobilität. Bisher dominieren fossile Brennstoffe und der Elektroantrieb den Markt. Nun gibt es, seit einem halben Jahrzehnt etwa, einen neuen Trend zu synthetischen Kraftstoffen. Diese sind oft nahezu CO2-neutral und könnten eine neue Ära der Fortbewegung bedeuten.

Wo auf Rohöl basierende Antriebstechniken klar ihren Beitrag zur Zunahme von Stickoxiden und CO2 leisten, so tut dies das E-Auto durch den Energieaufwand bei der Herstellung des Fahrzeug-Akkus und den Anteil durch Kohlestrom im Stromnetz. Ein Diesel verbraucht in 6 Jahren so viel Energie, wie die Produktion eines E-Auto Akkus benötigt. Der jüngste Player, im Segment der Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien, geht das Ganze weitaus smarter an. Neben synthetischen Kraftstoffen, die anteilig Biomasse enthalten oder auf Altölbasis funktionieren, sticht einer besonders heraus: Der n-Octanol.

Das neue Wunderkind

Generell ist von Vorteil, dass synthetische Treibstoffe keine anderen Motoren oder Veränderungen erfordern, als fossile. SynFuels (Synthetische Kraftstoffe) lassen sich in neuen und alten Fahrzeugen einsetzen. Das bestehende Tankstellennetz mache den Vertrieb einfach. „Nachhaltigkeit fängt damit an, dass man das, was man hat, erhält und nicht wegschmeißt“ sagt Norbert Haug, ehemaliger Motorsportchef von Daimler. Alles, was für eine Herstellung gebraucht wird, ist letztendlich Strom und CO2. Kohlendioxid kann beispielsweise als Abfallprodukt in der Industrie oder in Kraftwerken absorbiert, und anschließend durch ein Elektrolyseverfahren zu langen Kohlenstoffketten komprimiert werden. Es entstehen Verbindungen wie Oxymethylenether (OME) oder n-Octanol– ein nahezu rußfrei verbrennender Kraftstoff, der nur das CO2 freisetzt, das vorher in der Herstellung in ihm gebunden war. Er verbrennt somit CO2-neutral. Bei der Verbrennung zerlegt sich der Kraftstoff zurück in CO2 und Wasser. Es kommt aber noch besser: Selbst die Geräuschemissionen verringern sich bei der Verwendung hörbar. Viele Firmen forschen gerade im Feld der synthetischen Kraftstoffe. Beispielsweise Shell, die Firma Sunfire in Dresden oder Aspen im Landkreis Ludwigsburg.

Laut Michael Strogies vom Umweltbundesamt beträgt der Anteil des Verkehrs an den 800 Millionen Tonnen CO2, die Deutschland jährlich ausstößt, etwa ein Fünftel. Das könnte durch synthetische Kraftstoffe massiv reduziert werden. „Mit E-Fuels kann schon heute eine deutliche CO2 Reduktion erreicht werden", konstatiert FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer. „Ein Beitrag zum Klimaschutz, der wirkt“

Da überschüssiger Strom in Stromnetzen nicht gespeichert werden kann, muss dieser, wenn er nicht in Pumpspeicher geleitet werden kann, ins Ausland exportiert werden. Hierfür zahlen die Stromkonzerne hohe Geldbeträge an die Energieanbieter der umliegenden Länder und diese legen sie auf den Endabnehmer um. Nun könnte man aber jene überschüssige Stromproduktion, die über den Bedarf des Netzes hinausgeht, in die Raffinierung von n-Octanol geben. Damit könnte zwar nicht der Strom selbst, jedoch ein daraus gewonnenes Produkt eingelagert werden. 

Verbrennungsmotoren können ohne Umrüstung auch mit synthetischen Kraftstoffen fahren.

Sind SynFuels auch wirtschaftlich eine Alternative?

Was die Produktionskosten betrifft, so liegen diese laut einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags momentan bei etwa einem Euro pro Liter. Hinzu kommen, der Studie nach, zusätzlich die Ansprüche, die der Staat auf das Produkt erhebt. Zusätzlich zu den Produktionskosten trägt der Endverbraucher Umsatzsteuer und Energiesteuer (ehemals Mineralölsteuer). Fossile Brennstoffe weisen deutlich geringere Produktionskosten auf.

Damit synthetische mit fossilen Kraftstoffen mithalten könnten, würde es helfen, hier die Energiesteuer auf SynFuels zu senken oder gar ganz auszusetzen, fordert Dirk Spaniel, verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Damit wären sie sogar rentabler als fossile Brennstoffe. „Auf jeden Fall muss der Staat, wenn er CO2-neutrale Mobilität stärken will, Anreize setzen, wie eine steuerliche Begünstigung, damit die Bevölkerung langfristig umsteigt. Kaum jemand wird des guten Gewissens wegen dauerhaft einen synthetischen Kraftstoff tanken, der 30-50 Cent teurer ist, als der fossile.“

Neben der steuerlichen Erleichterung muss der Kraftstoff auch noch durch den deutschen Bundestag gesetzlich zugelassen werden. Das ist bisher trotz einiger Anträge durch Oppositionsparteien nicht passiert. Die Regierung sollte hier entgegenkommen, wenn dieser Fortschritt nutzbar gemacht werden soll.

Stuttgarter Flughafen Impulsgeber für SynFuels-Nutzung im Alltag

Doch es gibt jetzt schon Vorreiter: Der Stuttgarter Flughafen hat im Zuge seiner Nachhaltigkeitsinitiative Teile der Rollfeldflotte auf synthetische Kraftstoffe umgestellt. So fährt die Flotte der Flughafenfeuerwehr beispielsweise bereits jetzt mit Shell GtL Fuel. Das Prinzip der Synthese von GtL Fuel ist hierbei das gleiche wie bei n-Octanol. Weitere Teile der Nutzfahrzeugflotte sollen nach und nach entweder auf elektrischen Antrieb umgestellt, oder auch mit einem SynFuel betrieben werden. Dies ist ohne gesetzliche Zulassung jetzt schon möglich, da es sich beim Flughafen Stuttgart um ein Firmengelände handelt und hier keine Zulassung des Kraftstoffs wie im öffentlichen Raum notwendig ist.

Der Vorteil synthetischer Kraftstoffe sei, dass man auf eine gigantische bestehende Infrastruktur zurückgreifen könne, meint Dr. Tim Böltken, Chef der Karlsruher Ineratec GmbH, die einfache Container-Lösungen entwickelt hat, in denen synthetische Kraftstoffe dezentral aufbereitet werden.

Bis eine Fortbewegung mit Wasserstoff ausreichend erforscht und die Nutzung der Brennstoffzelle im Individualverkehr möglich ist, bleibt diese Idee der Spitzenreiter, um unsere Umwelt nachhaltig zu schützen.