Frauen im E-Sport 3 Minuten

Die Illusion der Inklusion

Symbolbild einer Frau die von einem Mann aus dem E-Sport ferngehalten wird.
Frauen werden im E-Sport systematisch ausgegrenzt (Symbolbild). | Quelle: Laura Heider
11. Dez. 2025

Keine vorgeschriebene Geschlechtertrennung und trotzdem nur Männer — Warum weibliche E-Sportlerinnen nicht gegen männliche ankommen und getrennte Turniere Frauen langfristig nicht schützen, sondern die wahren Probleme der Szene nur unter den Tisch kehren. 

100 Spieler. 20 Teams. 0 Frauen. So sieht es bei der League of Legends Weltmeisterschaft, dem größten E-Sport-Turnier der Welt aus. Der E-Sport wächst, doch Frauen bleiben dabei auf der Strecke, sei es auf der Bühne, als Mitarbeiterinnen oder als Teil der Community allgemein. Die E-Sport-Szene wird klar von Männern dominiert, obwohl das Geschlechterverhältnis beim Videospielspielen global mit 48 Prozent Frauenanteil mittlerweile fast ausgeglichen ist. Statt fast wöchentlicher Turniere werden die Spielerinnen auf ein Abstellgleis aus zweitrangigen Ligen und ein paar wenigen großen Sonderturnieren im Jahr geschoben. Sind Frauen einfach zu schlecht für die erste Liga? Kurz und knapp: Jein

Was ist E-Sport?

Egal ob Computer, Konsole oder Handy, E-Sport ist ein schnell wachsendes Phänomen. Dabei kann alles als E-Sport angesehen werden, was den Leistungsvergleich zwischen zwei Menschen auf Grundlage eines Videospiels bietet. 

Top-Spieletitel sind hier die Online-Multiplayer-Games League of Legends, Counter-Strike oder Dota 2. Wobei League of Legends dabei den weltweiten Zuschauerrekord von 6.856.769 Live-Zuschauer*innen hält. Dazu kommen Preisgeld-Pools von bis zu 40 Millionen US-Dollar und namhaften Sponsoren wie Mercedes-Benz, Louis Vuitton, Red Bull oder Mastercard. E-Sport ist im Aufschwung in den Mainstream und Veranstalter*innen, Fans und Unternehmen ziehen mit. 

Emotional, langsam und dumm?

Obwohl E-Sport durch die unzähligen Anpassungsmöglichkeiten in Spiel und Equipment als eine der inklusivsten Sportarten gilt, dominieren Männer. Muskelmasse spielt zwar keine Rolle, aber bestimmte Fähigkeiten wie schnelle Reaktionszeit, Reizverarbeitung und hohe Intelligenz sind essenziell. Millisekunden können beim E-Sport über Sieg oder Niederlage entscheiden, die beste Strategie und der schnellste Mausklick gewinnt. 

Ist dabei diese Diskrepanz im Können der Geschlechter auf biologische Unterschiede zurückzuführen? Die Forschung bezweifelt dies. Eine Metaanalyse von verschiedenen Studien zur Reaktionszeit in 2006 zeigt Unterschiede in der Geschwindigkeit, doch legt gleichzeitig nahe, dass die Geschlechter sich langsam aber sicher annähern und die Unterschiede in Zukunft ganz verschwinden könnten. Würden also die Studien heutzutage wiederholt werden, so wäre diese Diskrepanz möglicherweise gar nicht mehr existent oder nur noch minimal. Auch in der Reizverarbeitung zeigt sich kein eindeutiger Vorteil für männliche Sportler. Zwar schneiden diese in der visuellen Reizverarbeitung minimal besser ab, in der auditiven Reizverarbeitung sind Frauen hingegen im Vorteil. Sind Frauen dann schlichtweg zu dumm, um sich eine gute Strategie zu überlegen? Hier lohnt es sich, auf eine ähnlich intellektuell geprägte Sportart mit einem ähnlich geringen Anteil an Frauen, und zwar Schach zu blicken. Dabei legt die Forschung nahe, dass der Mangel an Spielerinnen nicht durch geringe Intelligenz, sondern durch ein Mangel an Selbstbewusstsein und eine zurückhaltenden Herangehensweise an Wettkämpfe zu erklären ist. Als möglicher Ursprung dieses Verhaltens werden dabei Vorurteile und Diskriminierung herangezogen. Genau hier lassen sich auch die wahren Probleme des E-Sports verordnen.

Eine Infografik zeigt die Verteilung von Frauen in der Gaming Szene.
Trotz vieler weiblicher Videospielfans ist der weibliche Anteil im E-Sport sehr gering.
Quelle: Laura Heider (Erstellt mit Canva)

Videospiele sind nur für Jungs

Von klein auf wird Mädchen signalisiert, dass Videospiele nicht für sie sind. Eine Studie aus Frankreich aus dem vergangenen Jahr zeigte, dass Frauen im Schnitt 3,1 Jahre später in das Hobby einsteigen. Dabei finden sie nur wenig Verständnis und Unterstützung in ihrem Umfeld. Endlich in der Szene angekommen, treffen sie dann auf Skepsis und Ablehnung. Jeder Fehler wird mit dem Geschlecht begründet. Schlimmer noch, Frauen im Gaming werden konstant beleidigt und bedroht. Professionelle E-Sport Spielerinnen sind gnadenlos Hass und Sexismus ausgesetzt. Sexuelle Belästigung bis hin zu Vergewaltigungsdrohungen gehören zu ihrem Alltag und Veranstalter*innen und Vereine schauen weg. Viele Spielerinnen ziehen sich zu ihrem eigenen Schutz lieber aus der Szene zurück. Schlussendlich wird ihnen jegliche Möglichkeit genommen, um das Defizit im Können jemals aufzuholen. 

Was ist die Lösung?

Sollten wir E-Sport einfach nach Geschlechtern trennen und Frauen dadurch schützen? Nein, ganz im Gegenteil. Zwar bieten getrennte Turniere kurzfristig einen sicheren Raum, doch langfristig werden dadurch Frauen im E-Sport weder die verdiente Anerkennung noch die nötigen Verbesserungsmöglichkeiten erhalten. Stattdessen sollten Spielerinnen aktiv gefördert und unterstützt werden, damit sie in Zukunft auf Augenhöhe mit den männlichen Spielern stehen können. Einfach die Geschlechter zu trennen, ist ein Unter-den-Teppich-Kehren der wahren Probleme des E-Sports. Es gibt keine signifikanten biologischen Unterschiede, sondern systemische Diskriminierung, die weibliche E-Sportlerinnen daran hindert, in den Wettkampf einzutreten. Hier gilt es, als Zuschauer*innen, als Mitspieler*innen, als Vereine und auch als Veranstalter*innen selbst klar Stellung zu nehmen, offen Rückhalt zu zeigen, Spielerinnen zu fördern und ihnen Zeit zu geben, in der professionellen Szene zu wachsen. Nur dann kann der E-Sport wirklich inklusiv sein. 

Deine Meinung interessiert uns

Sollte der E-Sport nach Geschlechtern getrennt werden?

Ja, Frauen benötigen einen sicheren Raum vor Hass und Belästigung, abseits des regulären E-Sports.

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Nein, Frauen sollten die gleichen Chancen erhalten, da sie sonst nie auf dem gleichen Niveau wie Männer antreten können.

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