„Der Fußball ist die Sportart der Menschen und für alle da.“
Mega-Turnier oder Kommerz? Die neue FIFA Klub-WM

Im Juni 2025 ist es so weit: Die FIFA Klub-WM startet, doch in diesem Jahr ist alles anders. Nach dem coronabedingten Ausfall der geplanten Reform 2021 in China startet dieses Jahr die lang ersehnte Klub-WM, erstmals mit 32 Teams und im Weltmeisterschaftsformat.
Die Reform
Der FIFA Club World Cup, die Weltmeisterschaft für Klubmannschaften, wurde bislang mit sieben Mannschaften ausgetragen: den Siegern der kontinentalen Klubwettbewerbe sowie einem Team aus dem Gastgeberland. Mit der Reform 2025 wird das Turnier auf 32 Mannschaften erweitert und in dieser neuen Form alle vier Jahre ausgetragen. Dabei orientiert sich das neue Format stark an der Weltmeisterschaft für Nationalmannschaften. Gespielt wird in acht Gruppen mit jeweils vier Teams. Die jeweils Erst- und Zweitplatzierten jeder Gruppe erreichen das Achtelfinale, ab dann folgt ein klassisches KO-System bis zum Finale.
Quelle: FIFA Klub-Weltmeisterschaft 2025 | Reform mit 32 Teams
„Der Fußball ist die Sportart der Menschen und für alle da. Wir wollen rund um den Globus neue Möglichkeiten schaffen, damit sich die Menschen weltweit beweisen und miteinander messen können“, betont Gianni Infantino, FIFA-Präsident. Mit dieser Vision will die FIFA den globalen Wettbewerb auf die nächste Stufe bringen.
Die teilnehmenden Klubs blicken gespannt auf das Großevent, doch zwischen Begeisterung und Kritik: Stimmen der Fußballwelt zeigen ein geteiltes Meinungsbild. Der wahre Nutzen der Klub-WM für den Fußball bleibt fraglich – dient sie dem sportlichen Fortschritt oder nur den wirtschaftlichen Interessen der FIFA?
Globale Expansion oder der Ausverkauf des Fußballs?
Die Vergabe von FIFA-Turnieren an neue Märkte sorgt seit Jahren für Diskussionen. Nach Brasilien, Russland und Katar wird nun auch die Klub-WM 2025 in den USA ausgetragen. Der FIFA-Rat entschied dies im Juni 2023 einstimmig, um die Infrastruktur zu nutzen und Synergien mit der WM 2026 zu schaffen.
Georg Puchner, Professor an der Hochschule Mittweida mit Schwerpunkten Sport- und Eventmanagement, erklärt, dass die Entscheidung, die Klub-WM 2025 in den USA auszutragen, aus vermarktungstechnischer Sicht nachvollziehbar sei. Der US-Markt bietet sportbegeisterte Fans, zahlungskräftige Sponsoren und dient zugleich als Vorbereitung auf die WM 2026. Zudem sei die Ausweitung des Turniers kommerziell sinnvoll: „Ob es die hundert Prozent richtige Entwicklung ist, weiß ich nicht, aber keine schlechte.“ Die FIFA gehe aktiv gegen die zunehmende Kommerzialisierung durch private Akteure vor: „Wenn man es nicht macht, landet der Return on Investment bei den Clubs.“
Milliarden für den Fußball – ein fairer Deal?
Mit einem Rekordpreisgeld von einer Milliarde US-Dollar sprengt die FIFA alle Erwartungen. Gianni Infantino bezeichnet das Preisgeld als „das höchste, das jemals für ein Fußballturnier mit einer sieben Spiele dauernden Gruppen- und KO-Phase ausgeschüttet wurde“. Den Sieger erwarten potenzielle Einnahmen bis zu 125 Millionen US-Dollar. Ein Solidaritätsmodell verteilt zusätzlich 250 Millionen US-Dollar an nicht teilnehmende Klubs. Laut FIFA sollen sämtliche Turniereinnahmen, die auf rund zwei Milliarden US-Dollar geschätzt werden, vollständig an die Klubs fließen. Zum Vergleich: Mit allen Klubwettbewerben nahm die UEFA in der Saison 2023/24 rund 3,7 Milliarden Euro ein.
Puchner hält die von der FIFA prognostizierten Einnahmen für realistisch, da diese Zahlen auf einer gründlichen Marktanalyse basieren. „Es sind Angebot und Nachfrage“, erklärt Puchner, „wenn Medienhäuser, Sponsoren und Streaming-Dienste bereit sind, für ein solches Turnier zu zahlen, warum sollte die FIFA das nicht annehmen?“ Er sieht die Kommerzialisierung als eine natürliche Entwicklung, die durch das wachsende Interesse und die Bereitschaft der Marktteilnehmer, hohe Summen zu investieren, gerechtfertigt ist.
Die FIFA hat mit DAZN einen Vertrag über eine Milliarde US-Dollar geschlossen, der dem Streamingdienst die exklusiven weltweiten Übertragungsrechte für die Klub-WM 2025 sichert.
Christian Müller, ehemaliger DFL-Geschäftsführer, übt deutliche Kritik an der FIFA Klub-WM aus und sieht sie als Ausdruck der zunehmenden Kommerzialisierung des internationalen Fußballs. Er betrachtet das Turnier als Versuch der FIFA, „ein Stück vom größten Kuchen im Fußball, der in Europa gebacken wird, abzugreifen“. Obwohl die FIFA ankündigt, einen Teil der Einnahmen an nicht teilnehmende Vereine zu verteilen, hält Müller diese Maßnahme für wenig effektiv. „Es gibt in Europa bei der UEFA 740 Erstliga-Clubs, und wenn Sie da 250 Millionen verteilen, können Sie ja mal überlegen, wie viel für den einzelnen Club übrigbleibt.“ Vielmehr drohe die Kluft zwischen den großen und kleinen Vereinen durch die zusätzliche Erlösquelle noch größer zu werden.
Geldregen für die Profis auf Kosten der körperlichen Belastung
Profisportler*innen und Verbände kritisieren seit Jahren übervolle Spielpläne und mangelnde Erholungszeiten. Die Klub-WM 2025 soll direkt nach den nationalen Ligen und der Nations League im Juni stattfinden. Im Oktober 2024 reichten FIFPRO Europe, die European Leagues und LaLiga Beschwerde bei der EU ein: Sie werfen der FIFA vor, den Spielkalender einseitig festzulegen, was die Gesundheit der Spieler*innen und die Stabilität nationaler Ligen gefährde. LaLiga-Präsident Tebas bezeichnete die Pläne als katastrophal. Auch die Spielergewerkschaft VDV warnt, dass nicht jeder neue Wettbewerb um jeden Preis stattfinden dürfe. Langfristig müsse das Wohl der Spieler*innen über die Einnahmen stehen.
Christian Müller sieht die ständig wachsende Belastung der Spieler*innen auch sehr kritisch und betont, dass es natürliche Grenzen für die Anzahl an Spielen gibt, die ein*e Spieler*in in einem Jahr absolvieren kann. Die FIFA nutze ihre Macht aus, um den internationalen Spielplan immer weiter auszudehnen, was langfristig zu einer Entwertung bestehender Wettbewerbe führen kann.
„Unsere Spieler sollen aufhören zu jammern! Die ganzen Vertragsverhandlungen, die ich bei uns miterlebe, gehen immer nur in eine Richtung: immer höher, immer weiter, immer schneller. Irgendwo muss das viele Geld aber herkommen“, kritisierte Karl-Heinz Rummenigge bei der „Sport Bild“. Die steigenden Gehälter und Forderungen der Spieler*innen zwingen die Klubs zu mehr Spielen, was zu erhöhten Spielerbelastungen führt.
Von teuren Tickets bis zum Streaming-Dschungel
Weit entfernte Zielorte, hohe Ticketpreise, ein weiteres Event nur fürs Fernsehen? Ein weiterer Streitpunkt ist die Fansicht auf die Austragung in den Vereinigten Staaten, zumal größtenteils europäische Klubs teilnehmen.
Im Gespräch mit Rosario Linoria, Fanclubverantwortlicher der offiziellen Juventus Klubs in Deutschland, wird die Distanz europäischer Fans zur neuen Klub-WM deutlich. Als Fanclubverantwortlicher fungiert Linoria als Bindeglied zwischen Juventus Turin und den offiziellen Fanclubs in Deutschland – er koordiniert die Kommunikation, vermittelt Informationen und berät die Klubverantwortlichen. Besonders die Austragung in den USA stellt Fanclubs vor große Hürden. „Es mag vielleicht für den einen oder anderen eine tolle Reise sein, aber es macht es logistisch gesehen sehr schwer, für Fanclubs in Europa, nach Amerika zu gehen“, so Linoria.
Neben der schwierigen Erreichbarkeit kritisiert er den starken Fokus auf Kommerz. „Letztendlich ist im Fußball mittlerweile viel zu viel Geld unterwegs. Da werden Millionen von links nach rechts geschoben und das macht mittlerweile die Fußballrealität kaputt.“ Die Folge seien steigende Kosten für die Fans: „Das wird alles letztendlich auf dem Fan übertragen. Erhöhte Ticketpreise, erhöhte Fernsehpreise.“
Auch sportlich sei das Format umstritten: „Wie aussagekräftig ist es, wenn zum Beispiel ein italienischer Verein wie Juve gegen eine arabische Mannschaft spielt. Das ist für mich eine Wettbewerbsverzerrung.“
Wird die Klub-WM dem Spiel gerecht?
Noch vor dem Anpfiff sorgt die neue Klub-WM für hitzige Debatten: Volle Spielpläne, wachsende Belastung für Spieler*innen und der Eindruck, dass Kommerz über sportlichen Wert regiert, spalten die Meinungen. Für die FIFA ein Prestigeprojekt, für viele ein fragwürdiges Spektakel. Trotz aller Kritik steht fest, die Klub-WM ist Sinnbild eines bedeutenden Wandels im modernen Klubfußball, der die Grenzen zwischen Kommerz und Sport neu definiert.