Gleichberechtigung

Die Influencer-Strategie des EU-Parlaments

Riccardo Simonetti verkündet im Februar 2021 die ehrenamtliche Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament.
20. Mai 2021
Diskriminierung gegenüber LGBTQIA+-Angehörigen gehört immer noch zum Alltag. Daher setzt sich das EU-Parlament für ein LGBTQIA+-freundliches Europa ein. Das Verbindungsbüro München geht mit der Zeit und kooperiert mit Influencer Riccardo Simonetti.

Riccardo Simonetti ist seit Februar 2021 LGBTQ*Goodwill Ambassador des Europäischen Parlaments (EP). Er unterstützt durch Gespräche mit Politiker*innen oder mit Foto-Aktionen das EP in Sachen Gleichberechtigung. Cosima Barón Fernández de Córdoba leitet die Kooperation des Verbindungsbüros in München mit Simonetti. Sie erklärt: „Die Zusammenarbeit mit Influencer*innen ist Teil der Kommunikationsstrategie des Europäischen Parlaments, um eine neue Zielgruppe zu erschließen. Wir im Verbindungsbüro wollen vor allem junge Leute erreichen, die sich die klassischen Nachrichtenkanäle nicht mehr anschauen.“

Die Strategie

Für langfristige Engagements braucht das Europäische Parlament authentische Menschen, die mit dem Herzen bei der Sache sind. Dafür ist Riccardo der perfekte Partner. Er repräsentiert Glamour undk Fashion und setzt sich seit Jahren für LGBTQIA+-Rechte ein. Mit der Riccardo Simonetti Initiative E. V. leistet er beispielsweise Aufklärungsarbeit für benachteiligte Rand-Gruppen. Sein Instagram-Profil zählt im Mai rund 300.000 Abonnent*innen und hat damit eine große Reichweite. Laut Statista liegt die weltweite Altersgruppe der meisten Instagram-Nutzer*innen im Januar 2020 bei 18 bis 34 Jahren. Damit geht die Strategie des EP auf. Täglich nimmt Simonetti seine Follower*innen per Instagram-Story in seinen Alltag mit. Er gibt Einblicke in seine Jobs als Model, Moderator oder Fashion-Influencer und berichtet über europapolitische Themen. Am 9. Mai war beispielsweise Europatag. Man sieht ihn in seiner Wohnung an einem Tisch sitzen – im Hintergrund ist eine Europa-LGBTQIA+-Flagge zu sehen. Er erzählt, was es für ihn als Italiener, der in Deutschland aufgewachsen ist, bedeutet Europäer zu sein. Er erklärt die Vorteile, wie beispielsweise in kürzester Zeit in verschiedene Kulturen eintauchen zu können.

Das EP hat in allen EU-Mitgliedsstaaten mehrere Verbindungsbüros. Sie dienen als Kommunikationsbrücke zwischen Europa-Politik und Bürger*innen. In Deutschland gibt es ein Büro in Berlin und eines in München. Barón und ihre Kolleg*innen betreuen Bayern und Baden-Württemberg in der bayerischen Landeshauptstadt. Durch Newsletter, Podcasts oder Pressegespräche wird der Politik und den Abgeordneten des Parlaments Sichtbarkeit verliehen. Außerdem sorgen die Verbindungsbüros mit regelmäßigen Events, wie beispielsweise dem Münchner Europa-Mai, für Aufklärungsarbeit europapolitischer Themen.

Diskriminierung auf der Tagesordnung

In der EU herrscht noch lange keine Gleichbehandlung aller Sexualitäten. In Polen wurden im Jahr 2019 beispielsweise LGBTQIA+-freie Zonen ausgerufen. Das sind Bereiche, in denen die LGBTQIA+-Gemeinschaft ausgegrenzt wird. Diskriminierung ist immer noch auf der Tagesordnung und das nicht nur im Ausland. Auch in Deutschland werden noch im Jahr 2021 Hasstiraden gegen Homosexuelle ausgesprochen. Erst im April veröffentlichte der 28-Jährige Simonetti ein Beispiel auf seinem Instagram-Kanal.

„Ich bin entsetzt, dass so etwas in Deutschland im Jahr 2021 passiert“, reagiert die PR-Beraterin Barón. Sie ergänzt: „Es bestätigt mich in unserer Arbeit. Wir setzen uns im Parlament für die LGBTQIA+-Rechte ein und kämpfen weiterhin an vorderster Front.“

ILGA-Europe kategorisiert anhand von Indikatoren, wie Gleichstellung, Familienangelegenheiten und Hassreden bis hin zur legalen Anerkennung des Geschlechts, der Meinungsfreiheit und den Asylrechten.

Das aktuelle ILGA-Europa Ranking (the European Region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) zeigt, dass Deutschland im Vergleich zu den anderen Ländern Europas gerade mal den 12. Platz von 27 belegt. Deutschland erreicht 50,63 von insgesamt 100 Punkten. Somit liegt Deutschland im europäischen Umfeld knapp in der oberen Hälfte. Im Vergleich dazu erzielt Malta beispielsweise 89,10 Prozentpunkte. Malta meldet die niedrigste Rate an Bedrohungen und Gewalt in der EU. In den ersten sechs Monaten im Jahr 2020 waren es zwei Fälle. In Deutschland hingegen wurden mehrere Trans-Menschen brutal angegriffen und auch schwule Männer waren häufig Ziele hass-motivierter Kriminalität. Um Deutschland in Bezug auf LGBTQIA+-Freundlichkeit weiter nach vorne zu bringen, bedarf es Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung für das Thema. Empathie ist der erste Schritt, um zu verstehen, dass Hass und Hetze nicht geduldet werden dürfen. Es ist daher wichtig der LGBTQIA+-Community ein Gesicht und eine starke Stimme zu verleihen. Riccardo verdeutlicht das in der Talkshow: „Anders sein ist keine Schwäche, sondern macht uns zu etwas Besonderem!“.

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Mehr Reichweite für Europa-Politik

Das LGBTQIA+-Ehrenamt ist auf eine langfristige Zusammenarbeit ausgelegt. Influencer*innen, die mit ihrer Reichweite die Politik unterstützen sind nicht komplett neu erfunden. Bereits seit 2019 unterstützt die YouTuberin Diana zur Löwen die EU im Rahmen der gemeinsamfür.eu Kampagne.

Die aktuelle Kooperation umfasst Postings auf Riccardos Social-Media-Kanal, wie beispielsweise das Gespräch mit EP-Vizepräsidentin Katarina Barley. In einem Video-Interview reden sie über den neuen Posten als LGBTQ*Goodwill Ambassador und aktuelle LGBTQIA+-Themen. Ein weiteres Beispiel ist das von der LGBTI-Intergroup angestoßene Posting, bei dem Riccardo mit Regenbogen-Plakat vor dem Brandenburger Tor steht. Dieses Bild sollte den Beschluss symbolisieren, bei dem die Mehrheit des Parlaments die EU zu einer LGBTQIA+ Freedom Zone erklärt hat. Das Parlament wollte somit LGBTQIA+-Angehörige und Aktivist*innen unterstützen und ihnen zeigen: Ihr seid nicht allein, Europa steht auf eurer Seite!

LGBTI-Intergroup

Im EP gibt es verschiedenste Intergroups. Das sind Gruppen von Abgeordneten, die sich überparteilich zu einem Thema organisieren und regelmäßig treffen. Die Mitgliederstärkste ist die LGBTI-Intergroup. Die Politiker besprechen die aktuelle Agenda im Parlament, in der Kommission oder europaweit und versuchen die Rechte der LGBTQIA+-Menschen zu fördern. Es ist kein formelles Gremium, das Gesetzte verabschieden kann, sondern eine freiwillige Gruppe, die sich für dieses Thema einsetzen will. Mehr zur LGBTI-Intergroup

Es gibt kein spezielles Raster oder Logo, mit dem die Beiträge gekennzeichnet werden. Das Verbindungsbüro liefert Input aus der aktuellen EU-Agenda und Riccardo kommt in Kontakt mit Politiker*innen. Somit profitieren beide Seiten von der Zusammenarbeit. Das PR-Team rund um Barón kann sich in Zukunft vorstellen, dass er nach Straßburg oder Brüssel fährt und dort Abgeordnete trifft oder sich auch mit der LGBTI-Intergroup bespricht und darüber öffentlich berichtet. Das Ziel: Europa-Politik, die LGBTQIA+-Community und Bürger*innen näher zusammenzubringen.