Klimawandel

Waldsterben im Größenvergleich – Der Kampf gegen den Borkenkäfer

Der Klimawandel hinterlässt seine Spuren in den Wäldern: Sturmschäden, Dürre und Schädlinge setzen den Bäumen schwer zu.
07. Febr. 2022
Trockene Erde, tote Bäume und ein Insekt, das von der Notlage profitiert – der Borkenkäfer frisst die geschwächten Wälder, bedingt durch den Klimawandel. Eine Datenanalyse gewährt Einblicke und leitet Schutzmaßnahmen ein.

Um den deutschen Wald steht es immer schlechter, der Klimawandel zeichnet sich ab. Mit steigenden Temperaturen fallen ganze Bäume dem Insektenbefall zugrunde. Der Borkenkäfer ist die größte Gefahr. Gegenmaßnahmen müssen ergriffen werden, damit der Wald auch noch in den nächsten Jahren bestehen kann. 

Der deutsche Wald – Unsere grüne Lunge

Der Wald nimmt wichtige Funktionen ein: Als Sauerstofflieferant sorgt er für eine bessere Luftqualität, indem er Schadstoffe aus der Luft filtert. Laut aktuellem Waldbericht der Bundesregierung beläuft sich die jährliche Kohlenstoffspeicherwirkung des Waldes auf rund 57 Millionen Tonnen CO2. Das wirkt ausgleichend auf das Klima und hält Temperaturschwankungen in Schach. Zwar zählt Deutschland mit einem Waldflächenanteil von rund 32 Prozent zu den waldreichsten Ländern Europas, doch der Waldzustand verschlechtert sich. Grund ist der Klimawandel. Die Folgen: Sturmschäden, Dürre, Hitzewellen und allem voran die Massenvermehrung des Borkenkäfers setzen den deutschen Wäldern schwer zu.

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Aus dem aktuellen Waldbericht geht hervor, dass nahezu alle Hauptbaumarten wie Fichte, Kiefer und Buche Schadsymptome aufweisen. Um allein die von den Jahren 2018 bis 2020 verzeichneten Waldschäden zu regulieren, müsste laut Fachagentur nachwachsende Rohstoffe e.V. eine Fläche von insgesamt 277.000 Hektar wiederbewaldet werden. Dabei liegt der größte Anteil wiederzubewaldender Flächen im westlichen Teil des Landes – dort, wo der Klimawandel durch Temperaturanstiege besonders sichtbar wird.

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Klimawandel und Borkenkäfer – Bedrohungen der Wälder  

Der Insektenbefall ist inzwischen die Hauptursache für den Einschlag von Schadholz: Von rund 60,1 Millionen Kubikmetern gehen knapp 43,3 Millionen Kubikmeter Schadholz auf den Schädling zurück, teilt das Statistische Bundesamt mit. Der Schadholzeinschlag durch Insektenbefall ist damit fast 13-mal höher als im Jahr 2015. Damals konnte der Baum dem Vorhaben des Borkenkäfers standhalten: sich durch das Holz zu bohren, um seiner Brut ein Zuhause zu geben. Denn das dickflüssige Harz des Baumes wirkt wie ein Abwehrmechanismus. Der Käfer bleibt meistens darin kleben und erstickt. Nur wenige Exemplare schaffen es, sich durch die Rinde zu bohren und zu vermehren. Voraussetzungen für die Harzproduktion sind Nährstoffe und Wasser aus dem Boden sowie kühle Temperaturen. Das Klima entwickelt sich allerdings in eine andere Richtung. Ausgeprägte Trockenperioden schwächen die Bäume in ihrer Abwehr, sodass Signale abgegeben werden, die weitere Borkenkäfer mit ihrem Gespür aufnehmen. Bei starkem Befall unterbricht der Nährstofftransport. Auch Pilze werden eingetragen, die den Baum zersetzen. Der Kampf gegen den Borkenkäfer endet mit zerfressenem, vertrocknetem Holz und einer immer größer werdenden Schädlingspopulation.

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Die Ausbreitung der Borkenkäfer schreitet voran. Noch nie sind in Deutschland so schnell so viele Bäume abgestorben wie im Jahr 2020, meldet der aktuelle Waldbericht der Bundesregierung. Der globale Klimawandel zeichnet sich ab. Das Jahrzehnt 2011 bis 2020 war bisher das Wärmste seit Auswertungsbeginn im Jahr 1881. Dabei war 2020 das zweitwärmste Jahr. Mit einer Mitteltemperatur von 10,4 Grad Celsius fiel es etwas kühler aus als das bisherige Rekordjahr 2018 mit 10,5 Grad Celsius. 

Die Klimarisikokarten zeigen die im Durschnitt wärmsten Bundesländer: Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Die Wälder dieser Regionen weisen auch den stärksten Borkenkäferbefall auf. Zwar ist Berlin im Jahr 2020 mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 11,4 Grad Celsius das Wärmste aller 16 Bundesländer, jedoch greift hier weniger die Regel: „Je wärmer, desto mehr Insektenbefall“. Auch Bayern macht eine Ausnahme, denn mit durchschnittlich 9,5 Grad Celsius ist es dort am kühlsten. Warum im südlichen Bundesland dennoch mehr Insektenbefall auftritt, liegt am Baumbestand. Mit einer Waldfläche von rund 2,5 Millionen Hektar ist Bayern das waldreichste Bundesland in Deutschland und entsprechend anfälliger als Berlin mit seinen knapp 16 Tausend Hektar Wald. 

Insgesamt ging der Trend aber in die Richtung, dass die Erwärmung in den nördlichen Regionen unter dem Landesdurchschnitt liegt und damit geringer ausfällt. In den westlichen und südlichen Teilen des Landes fällt die Erwärmung dagegen etwas höher aus. So verhält es sich auch mit dem Borkenkäferbefall. Die Visualisierungen zeigen: Bei hohen Temperaturen haben Regionen mit größerer Waldfläche entsprechend schwer mit Schädlingen zu kämpfen.

Andere Lebensbedingungen – Die Klimaerwärmung verdrängt regionale Baumarten

Mit einem Blick auf die Klimaprognose wird sich der Zustand der Wälder voraussichtlich verschlechtern. Aus den jährlichen Klimastatusberichten des Deutschen Wetterdienstes geht hervor, dass seit den 1970er-Jahren in Deutschland jedes Jahrzehnt wärmer war als das Vorherige. „Vorbereitend auf erhöhte Temperaturen ist es notwendig, Waldbestände an die sich verändernden Standortbedingungen zeitnah anzupassen“, sagt Jonas Brandl zu den Voraussagen. Im Namen der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“ spricht der Referent von einem zeitgemäßen Umgang mit der Baumartenzusammensetzung. Weg von Reinbeständen, hin zu Mischbeständen sei ein wichtiger Weg, um klimastabilere Wälder zu schaffen, betont Brandl. Dabei prüfen die Forstfachleute, ob Baumarten aus trockeneren und wärmeren Regionen in die deutschen Wälder integriert werden können. Laut dem Referenten biete sich zum Beispiel die Eiche aus der Balkanregion an. Aber auch mit heimischen Bäumen solle weiterhin gearbeitet werden. Schließlich wolle man die natürliche Artenvielfalt hierzulande nicht verdrängen.

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Welche heimischen Bäume beständiger sind als die anderen, ist aus der Datengrundlage des Statistischen Bundesamtes zu errechnen. Unter den Borkenkäfern leiden besonders deutsche Nadelbäume. Zwischen den Jahren 2010 und 2020 wurden etwa 106 Millionen Kubikmeter Nadelbäume wie Fichte, Kiefer und Lärche von Borkenkäfern befallen. Binnen dieser zehn Jahre waren weitaus weniger Laubbäume wie Eiche und Buche betroffen – über eintausend Kubikmeter Schadholz. Damit entfielen 99 Prozent des durch Insektenbefall verursachten Schadholzeinschlages auf Nadelbäume. „Im Gegensatz zu der Fichte soll die Buche vermehrt angepflanzt werden“, äußert Brandl zu der Datenlage. Mit beständigeren Arten könne die Waldfunktion aufrechterhalten werden.

Jonas Brandl ist Referent für Wald- und Forstpolitik bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Der Bundesverein setzt sich für gesündere Wälder ein.

Der Klimawandel – Jeder kann dagegen vorgehen

Der Wald hat ein bestimmtes Mikroklima und kann die Gebiete kühlen, in denen er wächst. „Je gesünder die Bäume, umso mehr kann der Effekt des Klimawandels gemindert werden“, so Brandl. Doch der Kampf gegen die Borkenkäfer stelle lediglich einen Baustein gegen die fortlaufende Erderwärmung dar. Laut dem Referenten ist ein nachhaltiges Leben die beste Medizin für die Entwicklung der Wälder: zum Beispiel den Konsum von Wasser, Plastik und Fleisch zu mindern, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. So liege es bei jedem einzelnen, einen Beitrag zu leisten und den heimischen Bäumen ihren Lebensraum zu erhalten. Wie eine Kettenreaktion mindert sich durch die Maßnahmen auch die Überpopulation der Borkenkäfer – denn unsere eigene Lebensweise beeinflusst das Klima wie der Wandel die Gesundheit der Wälder bestimmt.