Klimaveränderung 5 Minuten

Kann KI Klimaschutz?

Futuristischer humanoider Roboter inmitten eines Gewächshauses blickt in ein Blumenbeet.
Kann Künstliche Intelligenz den Klimaschutz vorantreiben? | Quelle: Sinan Korkmaz | durch MidJourney generiert
22. März 2024

Künstliche Intelligenz (KI) durchlebt eine rasante Entwicklung in diversen Bereichen – egal ob Wirtschaft, Politik, Wissenschaft oder Gesellschaft. Aber wie sieht es mit dem Klimaschutz aus? Eine Analyse.

Laut einer Umfrage des Verbands Bitkom sind sich die befragten Unternehmen einig: Eine Mehrheit von 79 Prozent sieht die KI als wichtiges Instrument für den Umgang mit dem Klimawandel. 41 Prozent sind sogar der Meinung, dass der Großteil der klimabedingten Probleme ohne KI schwer zu bewältigen sind. Die Thematik wird auch von der Bundesregierung in den letzten Jahren in den Fokus gestellt. Mit einem Paket von 150 Millionen Euro möchte sie zukünftig Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz finanzieren und stellt dabei einen konkreten Fünf-Punkte-Plan für die KI vor. Doch nicht nur die Regierung schätzt die Technologie sehr. Laut dem Weißbuch für Künstliche Intelligenz, das von der EU-Kommission veröffentlicht wurde, wird KI „zum Schutz und zur Anpassung an den Klimawandel“ eine entscheidende Rolle spielen.

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Seit 2020 finanziert das Umweltministerium 28 KI-Projekte. Mit dem Fünf-Punkte-Plan soll nun etwa das Fünffache an finanzieller Unterstützung künftig aufgebracht werden. | Quelle: Emmanouil Angelakis

In einem Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung wird die KI als vielversprechendes Mittel im Kampf gegen den Klimawandel konkretisiert. Das maschinelle Lernen könne die komplexen Herausforderungen in den Bereichen Energie, Landwirtschaft, Katastrophenschutz oder Transport angehen. So könne die KI beispielsweise dazu beitragen, exakte Klimaprognosen aufzustellen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren oder Verkehrsströme zu lenken. Dem Bericht zufolge, habe die KI Potenzial, Nachteile mit sich zu bringen, wenn sie von der Politik nicht stärker reguliert werde. Damit die KI einen nachhaltigen Beitrag für den Klimaschutz leisten kann, müsse die Entwicklung der Intelligenz ethisch, ökologisch und verantwortungsbewusst gestaltet werden, so heißt es weiter im Schriftstück der Stiftung.

Best Practice: Google DeepMinds „GNoME“

Google's DeepMind hat mit seinem KI-Tool „GNoME“ bereits gezeigt, wie KI den Klimaschutz vorantreiben kann. Das Tool simulierte 800 Jahre Forschung und prognostizierte dabei 2,2 Millionen neue Kristalle. Unter diesen Kristallen befinden sich potenzielle Werkstoffe für erneuerbare Energien, Akkus und Supraleitern. Zunächst wurde GNoME mit Daten aus dem „Materials Project“, einer frei zugänglichen Datenbank für Kristallstrukturen, gespeist. Von den prognostizierten 2,2 Millionen Kristallen gelten 380.000 als besonders vielversprechend. Doch damit nicht genug: Über 730 dieser vorhergesagten Kristalle wurden bereits in Laboren hergestellt.

Die Entdeckung neuer anorganischer Kristalle war oft ein langwieriger Prozess. Bislang konnten nur 48.000 stabile Strukturen identifiziert werden, indem man händisch mit Kombinationen von Elementen experimentiert hat. Dank GNoME wurde dieser Prozess beschleunigt, sodass in kürzester Zeit potenziell 380.000 stabile Strukturen entdeckt werden konnten. Diese Errungenschaft verdeutlicht, wie KI, insbesondere in der Forschung, zu schnelleren Ergebnissen führen kann – eine Entwicklung, die gerade bei einem so dringlichen Thema wie dem Klimawandel von entscheidender Bedeutung sein könnte.

KI im Klimaschutz: Chancen und Risiken

Auch wenn solche Beispiele auf den ersten Blick die Lösung für unser Klimaproblem zu sein scheinen, können sie nicht vollkommen ohne Bedenken eingesetzt werden, sagt Jaana Müller-Brehm, die als Soziologin am Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung mitgewirkt hat. Sie ist beim unabhängigen Think Tank iRights.Lab tätig, wo sie sich auf die Vermittlung von Digitalthemen spezialisiert hat. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte umfassen die Bedeutung der Digitalisierung, algorithmischer Systeme und Künstlicher Intelligenz (KI) für unsere Gesellschaft, sowie deren Auswirkungen auf unsere Kommunikations- und Organisationsformen. Im Interview teilt sie ihre Einschätzungen zu den Chancen und Risiken von KI im Klimaschutz:

Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit von KI als Werkzeug im Bereich des Klima- und Ressourcenschutzes?

KI bietet verschiedene Wege, den Klimawandel oder seine Folgen anzugehen, wie die Überwachung von Wäldern, die Verkehrsplanung und die Optimierung industrieller Prozesse. Jedoch ist die Herausforderung, wie diese Anwendungen genutzt werden. Oft führen Einsparungen nicht direkt zu Klimaschutzmaßnahmen, sondern zu neuen Produktionsprozessen, was zu Rebound-Effekten führen kann. Zudem besteht die Tendenz, dass KI-Modelle, größer und damit auch energieintensiver werden, was den Ressourcenverbrauch erhöht, ohne klare Vorteile für den Klimaschutz zu bieten.

Welche politischen Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach dazu beitragen, solche Rebound-Effekte einzudämmen? Sollten Unternehmen bestimmten Regelungen unterliegen?

Politische Maßnahmen können Anreize setzen, damit Unternehmen in Klimaschutz investieren statt nur in Wertschöpfung. Diese Maßnahmen stoßen jedoch oft auf Widerstand wegen ihrer finanziellen Auswirkungen. Mehr Transparenz bezüglich des Ressourcenverbrauchs von KI-Modellen kann Verbraucher informieren und Druck auf Unternehmen ausüben, nachhaltiger zu handeln. In einigen Branchen wie der Mode ist Nachhaltigkeit bereits ein Verkaufsargument, was Unternehmen dazu veranlassen könnte, ihre Praktiken zu überdenken.

Welche KI-Anwendungen im Klimaschutz sehen Sie als vielversprechend an?

Eine vielversprechende Anwendung von KI liegt in der Klimafolgenabschätzung und -forschung sowie im Energiemanagement von Gebäuden zur effizienteren Nutzung erneuerbarer Energien. Dennoch erfordert die Umsetzung solcher Maßnahmen eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse, da die Herstellung von Hardware mit erheblichem Energieverbrauch und CO2-Emissionen verbunden ist. Es ist wichtig zu beachten, dass der größte ökologische Fußabdruck oft bei der Herstellung von Hardware entsteht, nicht bei ihrer Nutzung.

Was sind weitere potenzielle Risiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI im Klimaschutz?

Ein wichtiges Thema ist die Diskriminierung bei generativen KI-Systemen, die Vorurteile basierend auf den Trainingsdaten reproduzieren können. Zum Beispiel wurden Frauen bei einem Amazon-Bewerbungsfilter systematisch aussortiert, da das System aus vergangenen Daten gelernt hatte, dass erfolgreiche Bewerber tendenziell männlich waren. Es ist entscheidend, Entwickler und Trainingsdaten sorgfältig zu überprüfen, um solche Vorurteile und Diskriminierungen zu vermeiden. Desinformation ist ein weiteres Problem im Zusammenhang mit generativer KI, was die Notwendigkeit politischer Maßnahmen wie der Kennzeichnungspflicht von KI-generierten Inhalten unterstreicht.

Ein Weg mit Hürden

KI bietet Möglichkeiten zur Bewältigung des Klimawandels. Bereits jetzt gibt es vielversprechende Ansätze, wie die Überwachung von Wäldern oder die Verkehrsplanung. Unternehmen wie Google oder Meta wissen vom enormen Potenzial dieser Intelligenz und investieren Milliarden in ihre KI-Projekte. Dennoch ist Vorsicht geboten: KI-Einsparungen können auch zu neuen Produktionsprozessen führen, die wiederum Umweltbelastungen verursachen könnten. Das eigentliche Ziel, den Klimawandel zu bekämpfen, wäre somit in Gefahr. Transparente Regulierungen und politische Maßnahmen können in Zukunft hilfreich sein. Um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten, ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit dieser Technologie weiterhin entscheidend. 

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