„Ich möchte meinen Genuss nicht vor das Wohlergehen eines anderen Lebewesens stellen!“
Du bist, was du isst
Chiara Iacovitti aus Plüderhausen hat sich vor acht Jahren gegen den Fleischkonsum entschieden. Nachdem die 19-jährige Studentin die Schlachtung eines Tieres miterlebte, war für sie klar, dass sie fortan auf Fleisch verzichtet. „Ich möchte die Massentierhaltung nicht unterstützen und gleichzeitig etwas Gutes für die Umwelt tun.“ Diesem Ideal blieb sie treu, auch als sie als Au-pair nach Italien zog. Mit einem Anteil von zehn Prozent leben dort europaweit am meisten Vegetarier. Trotzdem begegneten der Studentin in beiden Ländern Vorurteile über eine ausgewogene Ernährung, immer wieder muss sie sich Diskussionen stellen.
Aber warum ist das so? In der Bevölkerung vertritt Chiara nur eine Randgruppe der Gesellschaft. Schätzungen zufolge konsumiert jeder EU-Bürger etwa 65 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Die Europäische Union ist nach China der weltweit zweitgrößte Fleischproduzent. Und die Viehwirtschaft wächst stetig weiter. Experten rechnen mit einer Verdopplung der Produktion bis 2050. Um eine nachhaltige und ressourcenschonende Produktion der Bauern zu gewährleisten, müsste allerdings das Gegenteil eintreten. Dieses enorme Wachstum stellt eine große Belastung der Tiere und der Umwelt dar.
Eine europäische Fleischsteuer?
Um diesen Prozess entgegenzuwirken und den Klimaausstoß der Landwirtschaft zu verringern, schlug eine dem schwedischen Landwirtschaftsministerium unterstellte Behörde eine Fleischsteuer vor. Diese solle sich nach der Höhe des Treibhausgasausstoßes richten, welcher bei der Tierhaltung und Fleischproduktion entsteht. Ansetzen will man dabei auf Konsumentenseite. Denn würde man die Produktionsseite mit einer Steuer belasten, bestünde die Gefahr, dass die Produktion ins Ausland verlegt würde. Ein funktionierendes globales Abkommen gibt es noch nicht. Laut des schwedischen Berichts müsse es mindestens eine Regelung auf EU-Ebene geben, um einen Rückgang zu erzielen.
Der Verbraucher bestimmt mit
Neben der Umweltbelastung stellt auch das Wohl der Tiere ein großes Problem dar. Fleischexperte Frank Raith sieht auch hier den Kosumenten in der Pflicht. Weitere EU-Richtlinien hält er für überflüssig. In seiner Metzgerei in Magstadt legt er großen Wert auf die Tierhaltung und den persönlichen Kontakt zum Landwirt. Er setzt seine eigenen Richtlinen höher als die der EU. „Die sind sowieso nicht die Lösung. Im Fokus sollte viel eher die Aufklärung der Verbraucher stehen“, sagt der Experte.
„Die Einstellung des Verbrauchers bestimmt die Tierhaltung“
Kunden entscheiden sich immer für die günstigere Alternative: „Es wird lieber gespart, anstatt auf die Qualität zu achten“, kritisiert Frank. Deshalb sehen sich viele Landwirte gezwungen günstiger zu produzieren – auf Kosten der Tiere. Herkömmliche Metzgereien und Landwirtschaftsbetriebe, die gezielt auf Nutztierhaltung achten, würden in Zukunft immer häufiger durch den Verkauf von Billig-Fleisch in Discountern verdrängt werden.
Ein europäischer Trend ?
Bereits viele Europäer können sich einen Fleischverzicht oder alternative Konsumformen zum Schutz der Umwelt und der Tiere vorstellen. Allerdings wäre nur die Hälfte bereit, Fleisch durch Gemüse zu ersetzen.
Trotzdem steigt der Anteil an Vegetariern in Europa in den letzten Jahren weiter an. Der Trend, bewusster zu konsumieren, ist in ganz Europa erkennbar.
Dieser Meinung ist auch Chiara. „Vegetarismus ist bereits weit verbreitet und größtenteils gesellschaftlich akzeptiert“, sagt sie. Wer allerdings nicht auf den Genuss von Fleisch verzichten will, sollte auf Bio- und zertifiziertes Fleisch zurückgreifen. Auf diese Weise wird bewusst auf die Herkunft und die Lebensbedingungen der Nutztiere geachtet.