GENERATIONEN 2 Minuten

Der große Erfolg – ohne den Finger zu rühren?

Auf der linken Seite ein traditioneller Schreibtisch, auf der rechten Seite ein Laptop und im Hintergrund ist das Meer zu sehen.
Früher war alles besser ... oder? Fleißige Arbeitsmoral vs. Work-Life-Balance. | Quelle: Lu Siegrist
29. Apr. 2025

Früher war alles besser … oder? Ne, nicht immer – aber manchmal. Vielleicht haben aber beide Seiten ihre Vorteile. Ein Generationen-Check der Gen Z und ihrer Eltern, in dem die anstrengende 65 Stunden-Woche der entspannten 4-Tage-Woche gegenübersteht.

 

Vor ein paar Tagen saß ich mit meiner Familie und einer Bekannten meiner Eltern am Tisch und war gelangweilt von den vielen Erwachsenengesprächen – ich bin wohl doch noch ein Teenie. Ich hörte mit einem Ohr zu, mein Kopf längst im Durchzug-Modus und vertiefte mich in das Spielen mit meiner Serviette – mittlerweile bin ich ein Meister in Origami. Plötzlich wandte sich die Frau an mich und erzählte, dass sie schon über dreißig Jahre in ein und derselben Firma arbeitete. Ruhe. Die Blicke verweilten auf mir. Leere in meinem Kopf. Erwartete sie gerade ein Lob für diese Leistung? Unsicher rutschte mir also ein wages „Wow“ heraus. Ein „Wow“ voller Bewunderung? Nee, eher ein „Wow“ voller Schrecken. Meine Eltern kamen mir zu Hilfe und schätzten in den nächsten Sätzen ihre Arbeit und ihren Fleiß. „Ja, einfach war es nicht… Aber mit Ausdauer und Biss kämpft man sich da durch“, erzählte sie. 

Aber will ich das? Will ich mein Leben lang den gleichen Job haben? Womöglich dreißig Jahre auf den gleichen Parkplatz fahren? Dreißig Jahre die gleichen Treppen zu meinem Büro hochstiefeln? Dreißig Jahre die gleiche Kaffeetasse? Dreißig Jahre den gleichen Job – Nein, danke! 

Karriere unter dem Sonnenschirm?

Mein Vater hat schon früh die Firma seiner Eltern übernommen und das Sprichwort: „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ ist mir daher schon lang bekannt. Nicht nur unter der Woche, auch am Wochenende wird schwer geschuftet. Denn nur so kommt man weiter. 

Wer viel arbeitet, der leistet viel. Wer viel leistet, der kann sich etwas leisten. Der kommt weit im Leben. Der ist glücklich. Der hat es geschafft. Doch hat man es dann wirklich geschafft? Ist man dann wirklich glücklich und am Ziel angekommen? 

Ich bin mir da mittlerweile nicht mehr sicher. Wörter wie „Work-Life-Balance“, „Burnout“ und die „4-Tage-Woche“ – ich kann sie mittlerweile nicht mehr hören – sind in aller Munde. Und wenn ich mich in meiner Generation umhöre, dann wünscht sich jeder eins: eine erfolgreiche und vor allem profitable Karriere und dennoch möglichst viel Freizeit. Schwer beides unter einen Hut zu bekommen? Nee, nee. Das sagen uns zumindest die Influencer in den sozialen Medien. Schließlich wird bei ihnen ein Luxusurlaub nach dem anderen gebucht und auch der „stressige" Alltag lässt sich schnell mit Freizeitspaß verwechseln: Morgens wird der Pilates-Kurs besucht, dann ein Matcha-Latte getrunken, eine leckere Bowl zubereitet und nachmittags geht es ins Nagelstudio, um danach mit einer Freundin shoppen zu gehen. 

Und auch Homeoffice am Strand auf Bali, „Study-Dates“ in ästhetischen Cafés und aktive Lunches sind keine Seltenheit auf Instagram. Diese Bilder und Vorstellungen prägen unsere Arbeitsmoral – willkommen in der Freizeitkarriere. 

Auf der Suche nach der goldenen Mitte

Schalten wir mal unser Handy aus und dafür ausnahmsweise unseren Kopf an, merken wir: Naja, so einfach geht das wohl doch nicht. Fleiß ist ein Muss für eine erfolgreiche Karriere, auch wenn das auf Instagram oft anders aussieht. 

Doch was ist denn jetzt richtig? Muss ich mich so verausgaben wie mein Dad oder mich in meinem Job so durchkämpfen wie seine Bekannte? Ist mein Ziel nur vier Tage zu arbeiten? Und bitte so flexibel wie möglich? Entscheiden muss das natürlich jeder für sich. 

Doch eins muss ich dem Trend lassen. Ich finde es schön, dass wir unseren Fokus wieder mehr auf unsere mentale Gesundheit, unsere privaten Wünsche und unsere Freiheit legen. Auch die Möglichkeiten viel zu reisen, Job und Privatleben miteinander zu vereinen und die Berufsfelder zu wechseln, bedeuten für mich Freiheit und Selbstbestimmung. Ich will mein Leben nicht nur mit Arbeit, Stress und Terminen verbringen. Doch der Wunsch unserer Generation, ohne große Mühe und Fleiß eine Karriere aufzubauen, das geht eindeutig in die falsche Richtung! Denn von nichts kommt nichts. Arbeit bleibt Arbeit und vielleicht sollten wir, die Generation Z, uns zur Abwechslung auch mal etwas sagen lassen und sich von unseren Eltern das ein oder andere Stück Ehrgeiz und Zielstrebigkeit abschneiden. 

Hinweis:

Dieser Beitrag ist Teil des Kolumnenformats „Früher war alles besser … oder?“ Weitere Folgen der Kolumne sind: