Comedy-Szene
„Ich bin so eine Mischung aus BWL-Justus und Künstler“

01 Oct 2020
Marvin Endres stammt ursprünglich aus dem Saarland und wohnt seit sieben Jahren in Stuttgart. 2019 hat er seine eigene Entertainment-Agentur gegründet und ist seit Anfang des Jahres Teil des Podcasts Vitamin X.
Was ist deine Jobbezeichnung?
Ich habe nicht nur einen Job. Ich bin Moderator, bin aber auch Sprecher für Werbespots oder Hörspiele. Aber eigentlich bin ich Unternehmer und habe eine eigene Agentur (Endgame Entertainment GmbH). Dort habe ich Künstler unter Vertrag und produziere fürs Fernsehen, Radio und Online-Show-Formate.
Wie kam es zu dem Ganzen?
Es gibt quasi zwei Stränge. Ich habe moderiert und Comedy-Shows gemacht, mein Hobby einfach. Ich habe studiert, erst BWL in Saarbrücken, dann Medienkommunikation hier in Stuttgart und habe dann im Textilbereich als rechte Hand vom Europadirektor im Vertrieb gearbeitet. Parallel bin ich schon seitdem ich 18 bin selbstständig mit einem kleinen Gewerbe. Habe dann aber alles auf diese Karte gesetzt und 2019 eine eigene GmbH gegründet. Ich bin schon so ein kreativer Typ, der auch gerne Comedy macht, moderiert und so ein Scheiß, ich bin aber zu intelligent und zu clever, um alles auf diese eine Karte zu setzen. Deswegen zweigleisig.
Was war der ausschlaggebende Punkt für die Selbstständigkeit?
Ich wollte das schon immer machen. Ich glaube aber der ausschlaggebende Punkt und was ich schon immer gemerkt habe, war, dass ich mit dem nebenbei mehr verdiene als mit meinem Main-Job. Also ich bin da schon ein richtig spießiger Alman, der trotzdem irgendwie Planungssicherheit will. Ich bin so eine Mischung aus BWL-Justus und Künstler. Aber ich bin kein hundertprozentiger Künstler.
Du moderierst auch den Stuttgarter Comedy Clash, wie kam es dazu?
Der Stuttgarter Comedy Clash ist eine Riesenehre für mich. Das ist der älteste und auch größte deutsche Comedy-Wettbewerb. Da haben quasi alle angefangen: Özcan Cosar, Alain Frei, Salim Samatou und Chris Tall hatten alle ihre ersten Auftritte dort. Den gibt es schon seit zehn Jahren. Vor drei Jahren war ich bei einer Show in Stuttgart und dann habe ich mit dem Macher Marc Balluff gequatscht und er hat mich gefragt, ob ich die Orga und Moderation übernehmen will. Ich moderiere also nicht nur, sondern veranstalte ihn auch gemeinsam mit Marc.
Erklär doch mal kurz, was beim Comedy Clash passiert.
Es treten jeden Monat sechs Stand-up-Comedians gegeneinander an, jeweils 15 Minuten. Jeder Besucher bekommt einen Chip, mit dem er für seinen Favoriten abstimmen kann. Der Gewinner gewinnt also den Stuttgarter Comedy Clash und am Jahresende treten die Monatsgewinner gegeneinander an.
Also kann man das als Sprungbrett sehen?
Ja, das ist ein Sprungbrett. Das kann man sich vorstellen wie ein Trainingslager für Comedians. Da fangen die Newcomer an. Vor fünf Jahren hat zum Beispiel Faisal Kawusi gewonnen und vor zehn Jahren Chris Tall. Beide haben jetzt ihre eigenen TV-Formate. Die Agenturen schauen sich das an und werden so auf die Comedians aufmerksam.
Bereitest du dich auf deine Moderationen vor?
Ne, ich mache alles komplett spontan.
Bist du vor den Shows nervös?
Bei mir ist es so: Je mehr Leute umso weniger nervös bin ich. Bei einer 5000er Show bin ich weniger nervös als bei einer 400er und bei einer 400er bin ich weniger nervös als vor 50 Leuten.

Wie viele Stunden arbeitest du in der Woche?
Ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, aber ich kann es mal ausrechnen...Ich rechne das mal kurz... 100 Stunden die Woche würde ich sagen. Ich arbeite eigentlich immer, wenn ich wach bin.
Hast du auch Wochenende?
Es gibt kein Wochenende in dem Sinne, denn meistens sind dann Shows. Jeder Tag ist gleich. Bei mir ist jeder Tag Sonntag, aber auch Montag. Ich habe jeden Tag die Möglichkeit zu sagen, nichts zu machen oder jetzt ackere ich.
Gibt´s Momente, in denen du denkst, dass du alles hinwerfen willst?
Ne, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Bei meinem alten Job habe ich das mal öfter gedacht. Wenn du dein Hobby zum Beruf machst, musst du nie wieder arbeiten und so fühle ich mich gerade. Bei mir ist jeden Tag Sonnenschein, auch wenn es regnet.
Du hast auch einen Podcast zusammen mit Salim Samatou und Alain Frei, Vitamin X. Wer hatte die Idee dazu?
Ich wollte schon vor fünf Jahren einen Podcast machen. Salim hatte bereits einen Podcast. Wir sind komplett auf einer Wellenlänge, aber ich wollte nicht mit ihm alleine den Podcast machen, weil er zu oft durcheinander ist. Salim hatte Alain dann auch gefragt, einen Podcast zu machen, und ihm ging es genauso wie mir. So kam dann die Idee, dass wir den Podcast zu dritt machen. Die Kombination ist absolut „flawless“, weil wir einfach drei komplett unterschiedliche Typen mit verschiedenen Lebensrealitäten sind und uns daher echt krass gut ergänzen. Aber hört einfach rein, Spotify oder YouTube: Vitamin X.
Betreibt ihr vorher Recherche?
Nein, null. Wir haben überhaupt keine Themen, sind also komplett unscripted, real und im Moment. Aber das funktioniert nur, weil wir alle Improvisationsgötter sind.
Wie viele Zuhörer habt ihr?
Bei Spotify haben wir so etwas zwischen 10.000 und 100.000 Zuhörer pro Folge. Bei YouTube haben wir zwischen 5.000 und 20.000 Zuschauer. Wir haben unsere erste Folge erst im März rausgehauen. Gib uns mal noch ein halbes Jahr…Ich denke, wir werden spätestens in einem Jahr zu den Top 20 Podcasts in Deutschland gehören.
Was war dein Berufswunsch als Kind?
Ich wollte als Kind immer Profi-Fußballspieler oder Pokémon-Trainer werden. Pokémon-Trainer war damals zu unrealistisch, mittlerweile mit Pokémon Go wäre das vielleicht sogar eine Möglichkeit, aber ja…
Warst du in der Schule der Klassenclown?
Auf der einen Seite war ich der absolute Klassenclown, der nur Scheiße gemacht hat, Streiche gespielt hat, viel gelabert hat, aber auch Schulverweise und so bekommen hat. Allerdings war ich auf der anderen Seite Schulsprecher, stellvertretender Landesschulsprecher im Saarland, Pressesprecher von der Landesschülervertretung und habe mich politisch engagiert. Ich hatte schon immer diese spießige Seite und diese mega offene und lockere Künstlerseite.
Schulverweise?
Alles gemacht. Ich bin sogar mal in der Schule, in der Oberstufe oder so, eine Woche suspendiert worden. Ich hatte ein Schimpfwort (Kurwa) zu meiner Spanischlehrerin gesagt. Auf russisch bedeutet „Kurwa“ einfach nur „scheiße/verdammt“. Das kannte ich von irgendeinem Russen auf dem Schulhof. War auch nicht böse gemeint, sondern eher so ein Ausruf wie „verdammt“. Aber man muss wissen, dass man „Kurwa“ mit „w“ oder“ v“ schreiben kann. Es gibt eine russische und eine polnische Variante. Die polnische Variante bedeutet sowas wie Hure/Schlampe...Irgendwas richtig Böses, was ich nicht in den Mund nehmen würde. Ich konnte aber nicht wissen, dass meine Spanischlehrerin eine polnische Mutter hat. Die ist dann in Tränen ausgebrochen und rausgerannt. Dann wurde ich zum Schulleiter vorgeladen. Er hat dann gesagt: „Marvin, ich mag dich als Schulsprecher, aber du kannst gerade da so etwas nicht bringen. Ich kann dich nicht von der Schule werfen, aber mir bleibt nichts anderes übrig, als dich eine Woche zu suspendieren.“ Shoutout Bruno Hewer, bester Mann.
Wo siehst du dich in 20 Jahren?
Also mein Ziel war immer, unabhängig vom Job, finanzielle Absicherung. Mir ist Geld eigentlich nicht so wichtig, sondern eher Freiheit und Unabhängigkeit. Klar, dadurch ist einem Geld passiv wichtig. Mir geht es jetzt nicht um eine Summe oder eine Zahl. Mir geht es einfach nur darum, irgendwann da sitzen zu können und zu wissen, dass ich keine finanziellen Sorgen habe. Meiner Familie und meinem Umfeld soll es gut gehen und sie sollen nicht den Druck haben, wie es leider die meisten Menschen haben, arbeiten zu müssen, um am Monatsende über die Runden zu kommen. Das ist so mein Ziel im Leben.
Wenn du mehr über Marvin erfahren willst, kannst du auf seinem Instagram-Account vorbeischauen: marvmustermann