Ein Kommentar zu den Missständen im deutschen Professionellen Fußball
Die Blase ist geplatzt!

06 Aug 2020
In den letzten Jahren erlebt der Fußball eine Gewichtsverlagerung, die sich ausdrücklich auf die Interessen der Zuschauer vor dem Fernsehen konzentriert. Bisher hat das alles gut funktioniert, denn die Zuschauer in den Stadien hatten das Gefühl, ein Teil dieses Wirtschaftsimperiums zu sein. Doch die Corona-Pause hat diese Illusion endgültig zerstört.
Loris Hoffmann
Studiengang Crossmedia-Redaktion/Public Relationsseit Sommersemester 2019
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Am 13. März entschied die Deutsche-Fußball-Liga (DFL) die Spiele in der 1. und 2. Bundesliga bis auf weiteres auszusetzen. Ursprünglich wollten die Verantwortlichen die Saison vor leeren Rängen fortsetzen, erst nach enormer Kritik wurde dieser Vorschlag revidiert. Anfang April drohte 13 von 36 Vereinen aus 1. und 2. Bundesliga die Insolvenz, nach lediglich zwei (!!!) abgesagten Spieltagen. Die Einnahmen aus Spieltags Erlösen, bilden, je nach Verein, meist nur noch einen geringen Teil des Jahresumsatzes. Das bedeutet, ob mit oder ohne Zuschauer, macht für die Vereine kaum noch einen Unterschied. Hauptsache, die Spiele werden im Fernseher übertragen. Das Problem der Zwangspause waren also nicht die leeren Stadien, sondern die Nicht-Übertragung im Fernsehen.
Das Volumen der Fernsehgelder hat sich in den letzten acht Jahren verdreifacht. Die Verteilung dieser Gelder wird nach einem Leistungsprinzip vergeben, welches als hauptsächliche Grundlage für die Berechnung das sportliche Abschneiden der letzten fünf Jahre verwendet. Die Schere zwischen den Spitzenmannschaften und dem Rest der Liga geht dadurch immer weiter auseinander, die Spannung leidet enorm. Bayern München wurde in diesem Jahr zum achten Mal hintereinander Deutscher Meister. Seit zehn Jahren gewannen nur Borussia Dortmund und die Bayern diesen Titel!
Die Abhängigkeit der Liga von diesen Geldern ist erschreckend. Um aufgrund des bevorstehenden Supergaus ein kollektives „Vereinssterben“ zu vermeiden, wurden Ende April unterschiedliche Szenarien für die Fortsetzung der Saison eruiert und sich schließlich für die „speziellen Blase“ entschieden, wie es der Virologe Alexander Kekule im zdf-Sportstudio beschrieb. In jeder repräsentativen Umfrage war eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer gegen diesen Vorschlag. Insbesondere die Fanszenen Deutschlands, haben sich ausdrücklich gegen die Fortsetzung des Profifußballs ausgesprochen. Interessiert hat sich für diese Meinung in Führungskreisen der DFL niemand.
Seit nun mehr vier Wochen hat sich die Liga in dieser speziellen Blase eingenistet. Der Ball rollt wieder. Eine Farce. Fußball ohne Fans, das ist falsch. Diese Menschen repräsentieren die Vereine, schwören ihren Farben ein Leben lang die Treue, verpassen kein Spiel. Diese Treue ist einzigartig und kann nicht ersetzt werden. Die Sonderstellung und Sonderbehandlung, die sich der Deutsche Profifußball in den letzten Wochen selbst auferlegt hat, ist beschämend. Mehrere europäische Ligen haben die Saison vorzeitig abgebrochen und sich positioniert. National, ist die Handball-Bundesliga mit gutem Beispiel vorangegangen und hat bereits Mitte April die Saison für beendet erklärt. Es gab und gibt alternative Lösungen, auch wenn die DFL diese nicht sehen will.
Die Entscheidungen der letzten Wochen zeigen, wie weit sich der Profifußball von den Fans entfernt hat und wie wenig die Meinung der Menschen, die Woche für Woche durch das Land fahren und ihre Mannschaft unterstützen, am Ende des Tages wert ist. Der Profifußball hat eine eigenen Blase geschaffen und sich von seiner Basis verabschiedet, auch wenn der Verband weiterhin überzeugt ist, die Interessen der Anhänger zu vertreten und auf die Fans zuzugehen. In Wahrheit passiert genau das Gegenteil - die Corona-Pause hat den Profifußball endgültig entlarvt.