Miricalls

Morgens Kinderlieder, abends Pop-Konzerte

Sängerin Miri beim Leonberger Strohländle 2017.
10. Febr. 2018

Vom Singstar-Spielen bis zur eigenen Single: Miri hat ihr Hobby zum Beruf gemacht und tritt seit mehr als drei Jahren unter dem Künstlernamen Miricalls auf. Neben ihrer Musik arbeitet sie jedoch weiterhin als Erzieherin. Über ein Leben zwischen Sängerkarriere und angeschlabberten Jeans.

„Die Welt ist voller Wunder, und es liegt an dir, ob du sie siehst.“ Ein schöner Spruch, denke ich mir, als ich ihn aus Miris Mund zu hören bekomme. Miri singt seit drei Jahren hauptberuflich. Ihr Gesang: Am ehesten British Pop. In eine Schublade stecken lassen möchte sich Miri jedoch nicht. Sie will den Menschen mit ihrer Musik zeigen, dass sich an jeder Ecke im Leben kleine Wunder verstecken. Mit Liedern über innere Schönheit, Selbstbewusstsein und Liebe erobert die 23-jährige Stuttgarterin als Miricalls die regionale Musik-Szene. Wie das zusammenpasst und warum sie sich im Moment nicht vorstellen kann, die Arbeit im Kindergarten aufzugeben, erzählt sie mir im Interview.
 

Miri, was bedeutet dir Musik?

Musik hilft mir, mich auszudrücken.

Bist du so ein Mensch „Kopfhörer rein – Realität aus“?

In der Bahn und im Bett ja. Die Umgebung muss passen, damit man träumen kann.

Wie hat sich das entwickelt, dass du heute Sängerin bist?

Angefangen hat das Ganze glaube ich in der Singstar-Spiel-Zeit. Die war prägend, weil man das Singen auf einmal ernster genommen hat. Musik war aber schon seit der allerersten Sekunde meines Lebens ein wichtiges Thema. Eine Sache, die ich nie vergessen werde, waren die Sonntagmorgende bei uns. Da wurde man immer von Musik geweckt. Meine Eltern saßen schon am Frühstückstisch und wenn man nicht aufstehen wollte, wurde die Musik einfach kurz lauter gedreht – dann war man natürlich wach. Voll die Kindheitserinnerung!

Zu der Zeit hast du auch angefangen Songs zu schreiben.

Ja, das war als ich so um die 13 Jahre alt war. Das war aber nie ein „Ich muss ’nen Song schreiben und muss auf die Bühne“ – Die Lieder kamen einfach aus mir raus.

Für die 23-jährige Miri aus Stuttgart muss es nicht immer die große Bühne sein. Sie will mit ihrer Musik vor allem eines: das Hobby zum Beruf machen.

Liegt Musik bei euch also in der Familie?

Voll! Mein Vater spielt Cello, meine Mum spielt Geige und beide waren schon mal in einem Orchester. Sie sind auch der Grund, warum irgendwann auch meine Schwester und ich damit angefangen haben. Sie Geige, ich Cello. Man denkt immer, dass Kinder zu so etwas überredet werden, aber wenn man damit aufwächst, kann man einfach nicht anders: Man will auch ein Instrument lernen!

Ohne deine Eltern wärst du keine Sängerin geworden.

Nein, bestimmt nicht. Ganz ehrlich: In der frühen Kindheit entwickelt sich einfach so viel was die musikalische Begabung betrifft. Ich spiele zwar kein Cello mehr, aber was das einem an Grundkenntnissen gibt. Über Musik, über Harmonien... Man entwickelt zum Beispiel ein ganz anderes Gehör. Das kann man so schnell nicht auslöschen. Ist für mich echt ein Geschenk, dass mir das in meiner Kindheit mitgegeben wurde.

Nach der Realschule stand Sängerin jedoch gar nicht auf deinem Lebensplan. Du hast nach der mittleren Reife eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht. War das zu der Zeit dein Traumberuf?

Traumberuf ist immer so eine Sache. Ich weiß noch, dass ich ganz früher Pilotin werden wollte. Das war noch so das Alter, wo man nur das Schöne sieht. Und dann kommst du in ein Alter, wo du merkst was da eigentlich alles dahintersteckt und welche Fähigkeiten du brauchst, und dass es eigentlich auch nur ein Job ist wie jeder andere. Und dann war dieser Traum schon mal weg.

Und wenn Pilotin nicht klappt, wird man Erzieherin?

Mir lag das Soziale schon immer sehr, deswegen habe ich an die Sparte Grundschullehramt oder so gedacht. Ich bin eher der praktische Typ und wollte nicht studieren, deshalb habe ich mich dann für eine Ausbildung als Erzieherin entschieden und gleichzeitig die Fachhochschulreife nachgeholt – damit mir danach immer noch alle Türen offen stehen, um Grundschullehramt zu studieren, dachte ich mir…

… und dann kam alles anders.

Im letzten Jahr der Ausbildung hat das mit der Musik dann so richtig angefangen. Du bist dann gar nicht so: „Oh ich will das zu meinem Beruf machen“, sondern du denkst: „Ich habe zu wenig Zeit um die ganze Musik, die in meinem Kopf ist, zu verwirklichen.“ Das war zu der Zeit besonders hart, weil man im Anerkennungsjahr Vollzeit arbeitet und nebenher noch Ausarbeitungen schreiben muss. Die Ausbildung wollte ich aber unbedingt abschließen. Danach habe ich mir ein Probejahr genommen, in dem ich nur noch 40 Prozent arbeitete. Auch um versichert zu sein und so. Meine Eltern haben mich da auch immer sehr unterstützt und gesagt: Nimm dir doch einfach das Jahr und probier das mal aus mit der Musik!

Und aus einen Jahr wurden drei …

… ich habe dann einfach nie wieder angefangen voll zu arbeiten. Die Zeit war so ausgebucht mit Musik. Als ich vor ein paar Monaten nach Stuttgart gezogen bin, habe ich echt überlegt ob ich den Beruf als Erzieherin komplett aufgeben soll.

Könntest du den Job aufgeben, wenn deine Musik es verlangt?

Ja, mit einem weinenden Herzen. Das steht mit dem Singen einfach nicht auf der Waage.

Was würdest du am meisten vermissen?

Im Leben triffst du so viele Menschen … (Miri überlegt und seufzt) Und Kinder, die sind einfach so leicht zu begeistern. Kinder lachen so unglaublich viel. Das Kindliche, das vielen Erwachsenen fehlt – das würde ich vermissen.

Im Moment arbeitest du noch 30 Prozent im Kindergarten. Warum?

Ich bin auf das Geld angewiesen. Miete zahlen und so. Ich würde mal sagen, das Leben ohne den Job wäre ein bisschen anstrengender. So bleibt am Ende vom Monat was übrig und man muss sich keine Gedanken machen. Würde ich in meiner Situation jetzt nur von der Musik leben – hey, dann müsst ich voll das Sparen anfangen und mir genau überlegen, wie ich über die Runden komme! Außerdem kann ich so ganz viel Geld in Miricalls stecken und als Sängerin wachsen. Ich wollte das im Moment nicht aufgeben!

„Musik hilft mir, mich auszudrücken.“

Wie kann man sich das vorstellen, eine Sängerin, die nebenbei im Kindergarten arbeitet?

An meinem Kleiderschrank sieht man das ganz gut. Der hat nämlich zwei Seiten: eine Seite für den Kindergartenalltag und eine für mich als Miricalls. Ich weiß nicht, wie man das erklären kann, aber früher war eine Hochzeit für mich der höchste Schickheitsgrad. Schminken, Haare machen, perfektes Outfit – heute mache ich das für fast jeden Auftritt. Deswegen hängen auf der Miricalls-Seite meine schicken Sachen für die Bühne. Auf der Kindergartenseite dagegen sieht es ganz anders aus: Da hängt kein teures Fellwestchen oder so.

Sondern?

Ich habe auf der Seite zum Beispiel nur zwei Hosen. Und die ziehe ich auch echt nur in den Kindergarten an! Gestern kam zum Beispiel ein Kind und hat mich die ganze Zeit am Bein abgeküsst – da war dann natürlich die ganze Jeans angeschlabbert. Die Kinder, die feiern dich, egal wie du aussiehst: Wenn du einen Flechtezopf hast, dann kommen die zu dir her und nennen dich Elsa, und ihnen ist egal, ob du die Haare frisch gewaschen hast oder nicht.

Also bist du eine Sängerin, die nebenberuflich mit Flechtezopf im Kindergarten arbeitet. Strebst du denn nicht die ganz große Karriere an?

Ich muss sagen, ich sehe das ziemlich realistisch. Alles hat seine Schattenseiten. Es ist sicher nicht nur cool, wenn man an der Eisdiele steht, und plötzlich kommt jemand und will ein Foto machen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das nerven kann. Wo ich mich sehe, ist in letzter Zeit eben auch auf kleineren Konzerten in der Region. Mal ein Wohnzimmerkonzert oder so. Ich finde das einfach total entspannt und schön. Ich habe demletzt einen Artikel gelesen, dass nur fünf Prozent der Deutschen ihren Job lieben. Und das finde ich krass. Ich kann mich so glücklich schätzen, dass ich meinen Job liebe. Das ist definitiv eines der vielen Wunder auf dieser Welt und ein unfassbar großes Geschenk.

Wenn ihr Lust auf Miris Musik bekommen habt, klickt hier, um in das Musikvideo zur aktuellen Single „My Grief And I“ reinzuschauen!