Trampen durch Europa

KulTour – Per Anhalter durch Europa

Nadim und Kevin warten auf ihre Mitfahrgelegenheit
03. Mai 2018

Zwei Reisetaschen, zwei Schlafsäcke und eine Menge Abenteuerlust: Nadim und Kevin stehen mit ausgestrecktem Daumen am Straßenrand und hoffen auf eine Mifahrgelegenheit. Seit fünf Jahren sind beide in Deutschland – für ihr Studium kamen sie aus Palästina und Indonesien nach Deutschland. Im Interview erzählen sie, wie man mit einem geringen Budget quer über einen Kontinent reist.

Wie kommt man eigentlich auf die Idee zu trampen? 

Kevin: Auf die Idee sind wir eigentlich nur gekommen, weil wir unbedingt in den Urlaub fahren wollten, aber überhaupt kein Geld hatten. Als Studenten waren wir viel zu knapp bei Kasse, um uns einen Urlaub leisten zu können. 

Nadim: Und wenn du es einmal getan hast, merkst du, wie viel Spaß das eigentlich macht. Du lernst sehr viele nette Leute kennen, sparst Geld und erlebst einfach viel mehr. Nicht nur das Reiseziel steht im Vordergrund – die ganze Reise an sich macht Spaß. 

Wie oft wart ihr beiden schon per Anhalter unterwegs? 

Nadim: Ich bin insgesamt schon vier Mal getrampt, aber nur drei Mal war Kevin dabei. Das andere Mal war ich mit anderen Freunden unterwegs. 

Kevin: Ich war schon fünf Mal per Anhalter auf den Straßen. Mit Nadim war es aber immer am lustigsten. 

Wohin seid ihr gemeinsam gefahren? 

Nadim: Der erste Trip ging nach Amsterdam. Beim zweiten Mal ging es bis nach Barcelona, das war unser längster Trip. Und beim dritten Mal sind wir über Prag nach Budapest getrampt. 

Kevin: Das Lustige an dem dritten Ausflug war, dass wir eigentlich gar nicht geplant haben, in Prag zu landen. Das ursprüngliche Ziel war Budapest, der Umweg über Prag hat sich einfach so ergeben. Beim Trampen musst du eben spontan sein. 

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Die Reiserouten von Kevin und Nadim | Quelle: Philipp Seeberger

Wie viel Zeit verbringt man beim Trampen mit Warten? Musstet ihr lange warten, bis euch jemand mitgenommen hat? 

Nadim: Das ist beim Trampen wie beim Russisch Roulette: Es gibt Tage, da wartet man nur zwei Minuten, manchmal wartet man stundenlang und alle fahren weiter. Einmal mussten wir sogar zelten – an einer Tankstelle. 

Kevin: Naja, zelten kann man das kaum nennen. Wir hatten nur Schlafsäcke dabei und haben einfach auf einer Bank, circa 50 Meter von der Autobahn entfernt, geschlafen. (lacht) 

Und wie weit nehmen einen die Leute mit? 

Nadim: Das ist sehr unterschiedlich. Die längste Strecke wurden wir von einem französischen Pärchen mitgenommen. Das war cool. Sie kamen von einer Hochzeit und haben uns von Lyon bis nach Béziers gefahren. 

Kevin: Es war unerträglich heiß und wir standen im Stau. Da saßen wir bestimmt vier Stunden am Stück im Auto.  

Nadim: Sechs Stunden waren das! Wir haben an einer Raststätte auf dem Weg sogar ein paar Würstchen gegrillt. 

Wo gab es das beste Essen? 

Kevin: Meiner Meinung nach war das definitiv das Gulasch in Budapest. Ich habe das davor noch nie gegessen und war direkt ein Fan. 

Nadim: Das sagst du nur, weil es kostenlos war! Meiner Meinung nach war es das Essen in Barcelona. Eine junge Frau hat uns zu sich nach Hause zum Essen eingeladen. Es gab Paella, das kannte ich nur aus der Tiefkühltruhe vom Supermarkt. 

Kevin: Na gut, er hat recht. Das war wirklich unglaublich lecker! 

Wo konnte man am besten feiern? 

Nadim: In Prag! Die Leute dort waren wirklich verrückt drauf und sehr trinkfest. Außerdem ist es wirklich sehr günstig dort in den Clubs und Bars. Da kamen wunderschöne Frauen auf uns zu und wollten mit uns Party machen. Verkehrte Welt – aber gut verkehrt! 

Gab es in Prag die schönsten Frauen überhaupt? 

Kevin: Schöne Frauen gibt es in ganz Europa. Mein persönlicher Favorit waren die Spanierinnen. Ich mag den südländischen Look am meisten. 

Nadim: Für mich waren es tatsächlich die Frauen in Prag. Kevin hat aber recht, Spanierinnen sind ziemlich hübsch. Französinnen fand ich auch total süß – da macht es der Akzent.  

In welchem Land fandet ihr die Leute am nettesten? 

Kevin: Holland, ganz klar. 

Nadim: Auf jeden Fall Holland. Man war kaum über die Grenze, da machte sich die Mentalität schon bemerkbar. Die Holländer sind wirklich ein von Herzen nettes Volk. 

Kevin: Als wir von Amsterdam mit dem Zug zurückfahren wollten, merkten wir, dass unser Konto leer war. Ein Holländer hat uns das Geld für das Ticket geliehen und wir sollten es ihm später überweisen. Uns als Fremder so viel Vertrauen zu schenken, war das Netteste, was jemand für uns unterwegs getan hat. 

Erinnert ihr euch, wo es besonders teuer und wo besonders billig war? 

Nadim: Also am teuersten war die Schweiz. Um den Leuten, die uns mitgenommen haben, etwas zurückzugeben, haben wir ihnen oft Essen oder Trinken an der Tankstelle gekauft. Ich habe dabei einmal fast 50 Euro an einer Schweizer Tankstelle liegen lassen. 

Kevin: Am billigsten war es in Budapest. Das Hostel da hat weniger als 15 Euro pro Nacht gekostet und auch das Essen war sehr günstig. 

Seid ihr der Meinung, dass ihr Europa auf den Trips wirklich kennengelernt habt? 

Kevin: Vor dem Trampen kannte ich von Europa nur Deutschland. Per Anhalter lernt man die unterschiedlichsten Leute aus verschiedenen Ländern kennen. Abgesehen davon konnten wir viele Städte besichtigen. Vor allem hätten wir lange sparen müssen, um so viele Länder zu besuchen.