Live Exit Games

Freiwillig einsperren

Ein Totenkopf darf im Raum nicht fehlen, denn es verstärkt den Gruseleffekt.
31. Jan. 2018

Von virtuell zu real und anfassbar! Früher ein einfaches Computerspiel, sind die Escape Rooms heute Wirklichkeit. Menschen lassen sich dafür freiwillig in einen Raum sperren. Wie sich dieser Trend entwickelt hat und warum wir uns gerne einsperren lassen, erfahrt ihr hier.

Die Tür geht auf. Wir betreten nervös den Raum. Es ist wie eine Reise ins Ungewisse. Kälte ist das Erste, was wir in dem stockdunkeln Raum verspüren. Der Puls schlägt automatisch schneller. Wir fühlen uns bereit für die Herausforderung. Plötzlich hören wir ein leichtes Rascheln und eine Sirene ertönt. Eine Stimme, wahrscheinlich von einem Lautsprecher, fängt an die Aufgabe zu erklären:

 

Escape Rooms nennt sich diese Art von Live Exit Games. Ursprünglich nur ein Computerspiel, wurde es erstmals 2007 in Japan in die Wirklichkeit umgesetzt. Zusammen in einer Gruppe wird man für eine Stunde lang in einen Raum eingesperrt. Ziel ist es, die Rätsel in dem Raum schnellstens zu lösen, um sich in der kurzen Zeit zu befreien. Schafft man es nicht, heißt es „Game over!“.

Interessant an diesem Phänomen ist jedoch nicht nur das Spiel selbst, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung. Innerhalb weniger Jahre verbreitet sich das Konzept überall auf der Welt. In Deutschland eröffnet im August 2013 der erste Anbieter seinen Spielraum in München. Fast vier Jahre danach, also im Februar 2017, gibt es bundesweit schon über 208 Anbieter, verteilt in 90 Städten.

Die Spielidee bleibt natürlich nicht immer die gleiche. Viele Anbieter entwickeln sich weiter. Unter ihnen ein Anbieter in Berlin, der seine Besucher mit der Virtual Reality Technik in leeren Räumen agieren lässt. John, Mitarbeiter bei Plan B Escape in Stuttgart, sagt dazu: „Diese Technik hat Potenzial, ist aber in meinen Augen noch nicht weit genug entwickelt, um es selbst bei Plan B Escape umzusetzen. Persönlich finde ich es interessanter in einen Raum zu gehen und alles sehen und anfassen zu können.“

Veranstaltungen zum Teambuilding

Spielräume werden nicht nur von Gruppen unter Freunden gebucht. Unternehmen nutzen die Escape Rooms auch als Teambuildingveranstaltungen. Die Mitarbeiter sollen beim Lösen der Rätsel ihre gegenseitige Kommunikation und Zusammenarbeit bessern.

Während den Spielen werden Gruppen generell per Kamera beobachtet. Denn kommen sie mit den Aufgaben nicht weiter, greift man ein, um ihnen Tipps zu geben. „Ich habe dabei zwei wichtige Beobachtungen gemacht“, sagt John, der schon oft verschiedenen Gruppen zugeschaut hat: „Bei Teambuildingveranstaltungen habe ich vor allem bemerkt, dass der Chef meistens versucht die Rätsel alleine zu lösen und dabei selten mit seinen Kollegen kommuniziert. Die Mitarbeiter jedoch helfen sich untereinander und arbeiten gemeinsam.“

Die zweite Beobachtung aus Johns‘ Sicht ist, dass gemischte Gruppen erfolgreicher sind. Reine Männergruppen oder reine Frauengruppen brauchen dagegen im Schnitt länger. „Es gibt Rätsel, die Frauen leichter lösen können und welche die Männer leichter lösen. Wahrscheinlich, weil sie unterschiedliche Denkweisen haben“, erklärt John.

Warum aber sperren sich Menschen freiwillig in einen Raum?

Das Spielprinzip im Escape Room ist es, aus einem Raum zu „escapen“, also zu entfliehen. So ist es auch in unserem Alltag. Während manche einen neuen Adrenalinkick suchen, möchten andere einfach nur ihrer Gegenwart entkommen. In einer Großstadt zu leben hat natürlich praktische Vorteile, aber auch eine Schattenseite: Stress im Studium, bei der Arbeit oder im Verkehr. Bei diesem enormen Druck haben alle mal das Bedürfnis abzuschalten. Dafür gibt es eine Menge Möglichkeiten: ins Kino gehen, schwimmen, feiern oder sich zur Abwechslung einsperren lassen. Um unserem Alltag zu entfliehen, lassen wir uns also auf ein Spiel ein, dem wir auch entfliehen müssen. Das klingt zwar paradox, kann aber ganz logisch sein. Sobald die Türe geschlossen wird, lässt man die Außenwelt automatisch hinter sich. Samt Smartphone. Das bleibt nämlich auch draußen. Unser Gehirn und unsere Sinne konzentrieren sich nur noch auf die bevorstehende Aufgabe und vergessen den Rest. Schließlich will man das Spiel gewinnen, um den kleinen Erfolg zu spüren.

Unser menschlicher Verstand macht uns die Entscheidung zum Einsperren auch einfacher. Man weiß eigentlich, dass es nur ein Spiel ist. Es ist nicht lebensgefährlich, sondern soll Spaß machen. Sobald unser Gehirn diesen Umstand akzeptiert, steht uns nichts im Weg.

Natürlich gibt es auch Fälle in denen einzelne Besucher beispielsweise Platzangst haben oder den Raum zu düster finden und abbrechen möchten. „Trotzdem macht es für den Großteil Spaß, ob sie nun das Spiel schaffen oder nicht“, meint John. Das Ganze ist auch vergleichbar mit unserer Neugier, Horrorfilme anzuschauen. Wir haben zwar Angst, schauen es aber trotzdem an. Denn: Es ist eben nur ein Film. Eine Inszenierung. Genau wie das Escape-Spiel ...

Hochkonzentriert versuchen wir unter Zeitdruck das letzte Rätsel zu lösen. Wo müssen wir nur weitersuchen? „Ihr habt nur noch 5 Minuten Zeit. Beeilt euch!“, ertönt wieder diese Stimme aus dem Nichts. Wir werden kurz panisch und atmen durch. Nach ein paar Überlegungen lösen wir das Rätsel. Und siehe da, wir finden den Schlüssel und öffnen die Türe. „Wow, das hat ja mal Spaß gemacht“, ist unser erster Gedanke, als wir draußen sind. Wir fühlen uns wie neugeboren.

Alles muss durchsucht werden. Gibt es vielleicht einen Hinweis in diesen Kisten?
Gleich ein paar Knöpfe betätigen und schauen, ob sich durch diese Anlage das Rätsel lösen lässt.
Ein weiterer Hinweis könnte sich hinter dieser Maske verstecken.
Wenn es eine verschlossene Tür gibt, durch die man gehen muss, dann wird nach einem Schlüssel gesucht.
Ein Totenkopf. Davon gibt es reichlich viele, doch vielleicht ist dieser auch ein Hinweis?
Eine "blutige" Tastatur gilt in dem Raum auch als "normal".
Das rote Licht hilft zur Orientierung, ansonsten ist es stockdunkel.