Motorsport

Donuts fahren statt essen

Fabi Runkel mit seinem BMW e36 Turbo.
10. Dez. 2018

Laute Motoren und qualmende Reifen brettern durch die Kurven der Deutschen Rennstrecken – unökologischer kann ein Hobby kaum sein. Warum gewann der Driftsport in den letzten Jahren trotzdem so viele Anhänger?

Schon in den 1980er Jahren gab der mehrfache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl das Statement ab: „Gute Fahrer haben die Fliegen auf den Seitenscheiben.“ Knackiges Abbremsen und wieder Beschleunigen ist aufgrund fehlender Traktion im Schlamm, Dreck und Sand kaum möglich. So bot es sich als bessere und schnellere Variante an, das Fahrzeug quer durch die Kurve zu „schmeißen“. Auf asphaltierten Strecken hingegen war der Drift im Motorsport schon immer ein unangenehmes Nebenprodukt einer unsauberen Fahrweise. Hartes Anbremsen und ein sauberes Beschleunigen auf der Ideallinie führen hier zum Sieg durch die schnellste Rundenzeit.

Warum sollte also ein Motorsportler mutwillig sein Auto quer stellen? „Weil es als Fahrer unheimlich viel Spaß macht und dazu auch noch die Zuschauer in ihren Bann zieht“, argumentiert Erik Struß, zweiter Vorsitzender des Motorsportclub Scuderia Sapony e.V.

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Kein Sport für kleine Geldbeutel

Bei den Umbauten werden alle Art von heckgetriebenen Autos als Basis verwendet. Leistungstechnisch sind bei Driftautos keine Grenzen gesetzt. Frei nach dem Motto: umso extremer umso besser, werden mit riesigen Turboladern 500 PS und mehr in die Fahrzeuge gepumpt. Dazu kommt ein erweiterter Lenkeinschlag, der gern mal das Doppelte eines normalen Straßenfahrzeugs beträgt, um das Auto im optimalen Drift-Winkel halten zu können. Zum Schluss noch eine aggressive, auffallende Optik und geboren ist das Drift-Fahrzeug.

Wer Driftsport betreiben möchte, sollte sich auf hohe Kosten einstellen. Viele Hobbyfahrer investieren große Summen in ihre Fahrzeuge und bauen diese selbst um. „Es ist kein günstiges Hobby! Man braucht Platz zum Schrauben. Ohne eigene Werkstatt kann man das eigentlich vergessen“, sagt Stefan Maier, der seit fünf Jahren leidenschaftlicher Drifter ist. Er ist Teil des Teams „Royal Madness Racing“, welches in einem Schuppen, der eher einer komplett ausgestatteten Autowerkstatt ähnelt, stundenlang Fahrzeuge umbaut. Das Team hat sich vor rund drei Jahren gegründet und die Freunde verbringen fast jede freie Minute in der Werkstatt. „Es kommt schon mal vor, dass wir auch an Weihnachten schrauben. Oder kurz vor einem Wettbewerb werden auch mal Nachtschichten eingelegt“, so Maier. Es gehe dabei aber um viel mehr als um das Schrauben und den Sport: „Hierher kommen Freunde und Bekannte, wir halten hier Meetings ab und sitzen auch einfach mal so zusammen und fachsimpeln“, sagt Teammitglied Martin Woitas.

Werkstatt von Royal Madness Racing.
Tim Buntrock von Royal Madness Racing, beim Umbau seines Drifters für das erste Event.
Werkstatt von Royal Madness Racing.
Stefan beim Motor-Check.

Was macht Driftsport so besonders?

Für die meisten Sportler geht es vor allem um Adrenalin und den Nervenkitzel. „Driften ist berauschend, so wie Achterbahnfahren. Wenn das erste Mal Freunde bei mir mitfahren, steigen sie mit einem riesigen Grinsen wieder aus und meistens sagen sie dann: ‚Boah, ich brauche auch so eine Karre'“, sagt Stefan. Besonders zu schätzen im Driftsport sei auch der familiäre Umgang aller Beteiligten:

„Wir sind nur auf der Strecke Konkurrenten! Abseits davon hilft jeder jedem. Wir bilden eine Gemeinschaft, egal welches Team.“

Stefan Maier

Es gibt sowohl freie Trainingsveranstaltungen als auch Wettbewerbe. Dabei kommt es auf die erreichte Geschwindigkeit, Driftwinkel, Linienwahl und den Stil an. So werden flüssiges Fahren und das nahe Heranfahren an Streckenbegrenzung hoch bewertet. Es geht dabei nicht wie so oft im Motorsport um die schnellste Zeit, sondern um das unglaubliche Gefühl, das sich entwickelt, wenn man das Fahrzeug jenseits des eigentlichen Grenzbereichs bewegt. Dazu kommt die spektakuläre Show, die sich dem Zuschauer bietet. Gigantische weiße Rauchwolken türmen sich auf und werden von den „heckangetriebenen Monstern“ schreiend über den Asphalt geschleift. So bietet sich ein Spektakel, das Fahrer und Zuschauer gleichermaßen in seinen Bann zieht.

Eine spezielle Art des Drift-Wettbewerbs stellt die Disziplin Gymkhana dar. Die Disziplin ist zwar weniger schnell als der klassische Drift, verlangt dafür aber dem Fahrer noch mehr an Geschick ab. Im Gymkhana gibt es zum Beispiel den sogenannten Donut, bei dem im Drift um ein Objekt herumgefahren wird. Ziel ist es dabei, mit möglichst hohem Winkel so nah wie möglich an das Objekt in der Mitte heranzukommen, ohne es zu berühren.

Problematik des Driftsports

Doch die Drifter haben mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Während das Interesse und die Anzahl der Fahrer im Driftsport extrem steigen, wird es vonseiten der Veranstalter immer schwerer, Events anzubieten. Lange Zeit wurden auch in Industriegebieten oder bei großen Logistikunternehmen legale Driftevents von gemeinnützig anerkannten Vereinen wie dem Scuderia Sapony e.V. geboten. Inzwischen werden die Events fast nur noch auf offiziellen Rennstrecken oder auf abgeschiedenen Flugplätzen veranstaltet.

Der immer grüner werdende Denkansatz stellt einen immer größer werdenden Konflikt mit dem reifenvernichtenden Driftsport dar. Doch mit dem Aussterben des Sports muss man nicht rechnen.

„Im Verhältnis zu den Autos auf der Straße, den Flugzeugen, Schiffen und der Industrie, nimmt der Motorsport nur einen sehr kleinen Teil an der Verschmutzung ein, da es kein Massensport ist“, sagt Klaus Schwarzer, Vierrad-Wagensportreferent des Deutschen Motorsport Verbands. Dazu komme, dass viele vermeintlich ökologische Treiber in Deutschland in Wahrheit kapitalistischer Natur seien und sich aus dem Motorsport zu wenig Kapital schlagen lasse, als dass es interessant wäre. Somit stünde der Motorsport nicht im Fokus der Politik, sondern nur im Fokus vereinzelter Ideologen.

Der Verband sei dennoch ständig bemüht, den Motorsport umweltfreundlicher zu gestalten. So setzen beispielsweise moderne Rennstrecken auf ein spezielles Entwässerungssystem. Hierbei wird der Feinstaub, der durch den Regen normalerweise ins Grundwasser gespült wird, größtenteils aufgefangen und vorher in Wasseraufbereitungsanlagen gereinigt.

Die Zukunft des Driftsports

Auch wenn Driftsport nicht dem umweltbewussten Zeitgeist entspricht und viele Motorsportarten rückläufig sind, verzeichnet die Drift-Szene eine stetig wachsende Community. „Die Leidenschaft für den Sport ist größer als der Umweltgedanke!“, meint das gesamte Team von Royal Madness Racing.

​„Wir würden auch fahren, wenn ein Liter Benzin zwei Euro kosten würde. Davon kann uns keiner abhalten!

Stefan Maier